Augsburger Allgemeine (Land West)
Emily auf der Flucht
Tatort: Für immer und dich
Einen solchen „Tatort“findet man selten. „Für immer und dich“ist ein Mix aus Road Movie, einem ansatzweise gut durchdachten Krimi und einer Missbrauchsgeschichte. Der etwa 40-jährige, überforderte Martin Nussbaum fährt mit der 15-jährigen Emily Arnold quer durch Europa und nutzt dabei seine Macht- und Autoritätsposition aus, um eigene Bedürfnisse zu befriedigen. Sie ist keine Lolita, sondern sucht den Weg zurück in die Kindheit.
Und hat nicht Emilys Mutter die Tochter unten vor ihrem Wohnhaus gesehen? Das Publikum weiß von Emilys Rückkehr nach Freiburg und ist somit der Polizei ein ganzes Stück voraus. Ermittler Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) hatte die Untersuchungen geleitet, bis die Akte geschlossen wurde. Er misstraut den Aussagen von Emilys Mutter.
Wie in den meisten TV-Krimis sieht auch Kommissarin Franziska Tobler (Eva Löbau), die sich über einen positiven Schwangerschaftstest freut, den Fall sensibler: Was, wenn die Mutter recht hat? Parallel zu Emilys Story raubt ein Mopedfahrer den Laptop Nussbaums. Am Ende einer Verfolgungsjagd gibt es zwar die übliche „Tatort“-Leiche, aber die gelassen ermittelnden Berg und Löbau sind dann doch überrascht: Als der Unfallwagen auf einem Parkplatz sichergestellt wird, findet die Spurensicherung DNASpuren von Emily. Im Zentrum der Geschichte steht die schwärmerische Beziehung des Mädchens, das seinen Hund Luno über alles liebt. Der brutale Lover, der seine Mutter schamlos ausnutzt, kann mit dem Tier des Mädchens nicht konkurrieren.
Waren die „Tatort“-Folgen aus dem Schwarzwald bislang meist düster ausgefallen, besticht das Drama „Für immer und dich“, nicht nur durch den gleichnamigen Song von Rio Reiser, den der Kriminelle im Auto spielt. Die Filmsprache, die die Regisseurin Julia von Heinz nutzt, füttert sie mit flirrender Sonne und sommerlicher Freizügigkeit. Die junge Meira Durand ist als Emily eine Entdeckung. Rupert Huber