Augsburger Allgemeine (Land West)
Voller Einsatz fürs Zeitgenössische
Seit mehr als 25 Jahren gibt es die Gesellschaft für Gegenwartskunst. Eigentlich sollte das mit einer Ausstellung gefeiert werden. Das Plakat für die Schau, die es nie gab, war schon fertig
Um zu verstehen, warum sich 1993 in Augsburg die Gesellschaft für Gegenwartskunst (GfG) gegründet hat, muss man sich Augsburg damals vorstellen, als es noch kein H2-Museum, kein Zentrum für Gegenwartskunst gab. Zeitgenössische Kunst präsentierte zu dieser Zeit der Augsburger Kunstverein. Und die Vereinsgründer um den damals noch nicht einmal 30-jährigen Stefan Schrammel wollten da einen eigenen, weiteren Beitrag leisten, um die Kunst der Zeit in der Stadt präsenter zu machen.
Gerade hat die GfG nun verspätet ihr eigenes Jubiläum gefeiert – 25 Jahre plus eins hieß das dann. Zur Verspätung kam es nicht aus Schusseligkeit, wie Stefan Schrammel erzählt, sondern aus einer Verkettung ziemlich ungünstiger Umstände. Geplant war im vergangenen Herbst nämlich Großes: Die GfG wollte gemeinsam mit dem Diözesanmuseum Arbeiten von John Chamberlain, Tony Cragg und Georg Herold in künstlerischer Zwiesprache mit den Objekten des Museums präsentieren – als erste Sonderausstellung nach der Sanierung des Museums. Das Plakat für die Ausstellung war schon gestaltet, die Termine waren fix, die Speditionen hatten schon geplant, wie die Kunstwerke angeliefert werden können. Allerdings gab es dann eine Verzögerung bei der Museumssanierung, die letztlich dazu führte, dass die fix und fertig durchgeplante Ausstellung abgesagt werden musste. Ein kurzfristiger Ausweichtermin sei nicht möglich gewesen, wie Schrammel sagt, es sei schon äußerst schwierig gewesen, die Arbeiten für den Zeitraum von November 2018 bis Februar 2019 zusammenzubekommen.
Gefeiert wurde nun ein paar Monate später – aus der Not wurde eine Tugend gemacht: Zum ersten Mal gab es bei der Gesellschaft für Gegenwartskunst etwas zu essen, gerade weil keine Kunst mit ihm Spiel war, also auch nicht auf die Kunstwerke geachtet werden musste. Kunst gab es an diesem Abend trotzdem – in Buchform. Zum Jubiläum hat der Verein eine reich bebilderte, gut 200 Seiten starke Chronik unter dem Titel „Fünfundzwanzig“veröffentlicht. Dort findet sich übrigens auch das Plakat und Bilder von den Kunstwerken dieser Chamberlain-Cragg-Herold-Ausstellung, die es nie gegeben hat.
Diesem Buch ist auch zu entnehmen, welche Künstler der GfG besonders gewogen sind: Thomas Schütte, Manuel Ocampo und Franz Ackermann haben extra Blätter für den Band beigesteuert. Und dann sind da natürlich auch die vielen Ausstellungen mit renommierten Künstlern aufgeführt: Georg Baselitz (1993) gleich zu Beginn, dann Günther Förg, Tony Cragg, Albert Oehlen, A.R. Penck, Tobias Rehberger, Markus Lüpertz, Per Kirkeby, alles Namen, über die sich auch ein Museum fürs Zeitgenössische freuen würde. „Unabdingbar für die Ausstellungen waren gute Kontakte zu Galeristen und Künstlern“, sagt Schrammel. Weil die GfG keine eigenen Räume hat, suchte sie Orte in der Stadt, oft das Zeughaus, das Diözesanmuseum, Holbeinhaus, St. Ulrich und Afra, zuletzt das H2.
Dort im H2 ist die GfG mittler- weile auch fest verankert mit ihrer Artothek. Diese rief sie 1998 ins Leben. Die Idee dahinter: einen unverkrampften und zwanglosen Kontakt mit Gegenwartskunst herzustellen. Kunstwerke können auf Zeit gegen eine geringe Gebühr ausgeliehen werden. Einmal im Monat hat die Artothek dafür geöffnet, sie hat einen treuen Stamm an Kunden bzw. Kunstliebhabern, die regelmäßig kommen. Für alle, die dieses Angebot noch nicht genutzt haben: alle Kunstwerke sind gleich gerahmt, das macht den Bilderwechsel zu Hause bedeutend leichter.
Mit dem frisch sanierten Kongress am Park ist die GfG 2012 eine Kooperation eingegangen. Seitdem präsentiert sie dort im jährlichen Wechsel die Arbeiten von Künstlern aus der Region (angefangen mit Georg Bernhard, im Augenblick Jeannette Scheidle, begleitet von Studioausstellungen im H2). Organisiert wird das alles von gut 40 Vereinsmitgliedern.
Buch Den Jubiläumsband „Fünfundzwanzig“(200 Seiten, 29 Euro) gibt es direkt bei der GfG, telefonisch unter 0821/50 95 80 zu erreichen.