Augsburger Allgemeine (Land West)

Voller Einsatz fürs Zeitgenöss­ische

Seit mehr als 25 Jahren gibt es die Gesellscha­ft für Gegenwarts­kunst. Eigentlich sollte das mit einer Ausstellun­g gefeiert werden. Das Plakat für die Schau, die es nie gab, war schon fertig

- VON RICHARD MAYR

Um zu verstehen, warum sich 1993 in Augsburg die Gesellscha­ft für Gegenwarts­kunst (GfG) gegründet hat, muss man sich Augsburg damals vorstellen, als es noch kein H2-Museum, kein Zentrum für Gegenwarts­kunst gab. Zeitgenöss­ische Kunst präsentier­te zu dieser Zeit der Augsburger Kunstverei­n. Und die Vereinsgrü­nder um den damals noch nicht einmal 30-jährigen Stefan Schrammel wollten da einen eigenen, weiteren Beitrag leisten, um die Kunst der Zeit in der Stadt präsenter zu machen.

Gerade hat die GfG nun verspätet ihr eigenes Jubiläum gefeiert – 25 Jahre plus eins hieß das dann. Zur Verspätung kam es nicht aus Schusselig­keit, wie Stefan Schrammel erzählt, sondern aus einer Verkettung ziemlich ungünstige­r Umstände. Geplant war im vergangene­n Herbst nämlich Großes: Die GfG wollte gemeinsam mit dem Diözesanmu­seum Arbeiten von John Chamberlai­n, Tony Cragg und Georg Herold in künstleris­cher Zwiesprach­e mit den Objekten des Museums präsentier­en – als erste Sonderauss­tellung nach der Sanierung des Museums. Das Plakat für die Ausstellun­g war schon gestaltet, die Termine waren fix, die Speditione­n hatten schon geplant, wie die Kunstwerke angeliefer­t werden können. Allerdings gab es dann eine Verzögerun­g bei der Museumssan­ierung, die letztlich dazu führte, dass die fix und fertig durchgepla­nte Ausstellun­g abgesagt werden musste. Ein kurzfristi­ger Ausweichte­rmin sei nicht möglich gewesen, wie Schrammel sagt, es sei schon äußerst schwierig gewesen, die Arbeiten für den Zeitraum von November 2018 bis Februar 2019 zusammenzu­bekommen.

Gefeiert wurde nun ein paar Monate später – aus der Not wurde eine Tugend gemacht: Zum ersten Mal gab es bei der Gesellscha­ft für Gegenwarts­kunst etwas zu essen, gerade weil keine Kunst mit ihm Spiel war, also auch nicht auf die Kunstwerke geachtet werden musste. Kunst gab es an diesem Abend trotzdem – in Buchform. Zum Jubiläum hat der Verein eine reich bebilderte, gut 200 Seiten starke Chronik unter dem Titel „Fünfundzwa­nzig“veröffentl­icht. Dort findet sich übrigens auch das Plakat und Bilder von den Kunstwerke­n dieser Chamberlai­n-Cragg-Herold-Ausstellun­g, die es nie gegeben hat.

Diesem Buch ist auch zu entnehmen, welche Künstler der GfG besonders gewogen sind: Thomas Schütte, Manuel Ocampo und Franz Ackermann haben extra Blätter für den Band beigesteue­rt. Und dann sind da natürlich auch die vielen Ausstellun­gen mit renommiert­en Künstlern aufgeführt: Georg Baselitz (1993) gleich zu Beginn, dann Günther Förg, Tony Cragg, Albert Oehlen, A.R. Penck, Tobias Rehberger, Markus Lüpertz, Per Kirkeby, alles Namen, über die sich auch ein Museum fürs Zeitgenöss­ische freuen würde. „Unabdingba­r für die Ausstellun­gen waren gute Kontakte zu Galeristen und Künstlern“, sagt Schrammel. Weil die GfG keine eigenen Räume hat, suchte sie Orte in der Stadt, oft das Zeughaus, das Diözesanmu­seum, Holbeinhau­s, St. Ulrich und Afra, zuletzt das H2.

Dort im H2 ist die GfG mittler- weile auch fest verankert mit ihrer Artothek. Diese rief sie 1998 ins Leben. Die Idee dahinter: einen unverkramp­ften und zwanglosen Kontakt mit Gegenwarts­kunst herzustell­en. Kunstwerke können auf Zeit gegen eine geringe Gebühr ausgeliehe­n werden. Einmal im Monat hat die Artothek dafür geöffnet, sie hat einen treuen Stamm an Kunden bzw. Kunstliebh­abern, die regelmäßig kommen. Für alle, die dieses Angebot noch nicht genutzt haben: alle Kunstwerke sind gleich gerahmt, das macht den Bilderwech­sel zu Hause bedeutend leichter.

Mit dem frisch sanierten Kongress am Park ist die GfG 2012 eine Kooperatio­n eingegange­n. Seitdem präsentier­t sie dort im jährlichen Wechsel die Arbeiten von Künstlern aus der Region (angefangen mit Georg Bernhard, im Augenblick Jeannette Scheidle, begleitet von Studioauss­tellungen im H2). Organisier­t wird das alles von gut 40 Vereinsmit­gliedern.

Buch Den Jubiläumsb­and „Fünfundzwa­nzig“(200 Seiten, 29 Euro) gibt es direkt bei der GfG, telefonisc­h unter 0821/50 95 80 zu erreichen.

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Foto: Ocampo Ein Künstler gratuliert: Manuel Ocampo hat dieses Blatt ohne Titel für den Jubiläumsb­and geschickt.

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