Augsburger Allgemeine (Land West)
Sprayer besprühen Hauswände mit Graffiti
Mehrere unbekannte Täter haben in den vergangenen Tagen Hausmauern mit Graffiti besprüht. Nach Angaben der Polizei wurde die Mauer eines Anwesens in der Vogelmauer mit den sogenannten Tags „Q-TIP“und „LEGION“beschmiert. Im Zeitraum von Mittwoch, 18 Uhr, bis Donnerstag, 8 Uhr, wurde die Hausmauer eines Gebäudes in der Straße „Kleines Katharinengäßchen“im Bereich der einstelligen Hausnummern mit den Tags „CDB“, „BESER“, und „RADZER“beschmiert. Hinweise nimmt die Polizei unter Telefon 0821/323-2110 entgegen.
In ziemlich genau einem Jahr werden die Augsburger dazu aufgerufen sein, einen neuen Oberbürgermeister und einen neuen Stadtrat zu wählen. Am 15. März 2020 wird es soweit sein. Von Wahlkampf ist noch wenig zu spüren – bisher hat noch keine Partei ihren Oberbürgermeisterkandidaten nominiert. Man lässt sich etwas mehr Zeit als noch vor sechs Jahren, was auch daran liegen könnte, dass CSU, SPD und Grüne die Zeit der Grabenkämpfe innerhalb des Regierungsbündnisses nicht unnötig ausdehnen wollen. Eine Stadtspitze, die sich schon ein Jahr vor der Wahl gegenseitig zerlegt, macht nicht den besten Eindruck.
Dennoch bewegen sich die Parteien in die Startposition. Die Posse um den von der SPD beantragten „Verkehrsbeirat“und den als Reaktion darauf von CSU und Grünen gewünschten „Mobilitätsbeirat“ist allerdings ein Auftakt zum Schenkelklopfen. Sollte es keine großen inhaltlichen Unterschiede geben, was sich aktuell nicht abzeichnet, läuft es eher auf einen albernen Streit um die Frage „Wer hat’s erfunden?“hinaus.
Es ist aber ein Hinweis darauf, was die großen Themen im Wahlkampf sein werden: Der Verkehr – sei es im Allgemeinen oder im Besonderen wie möglicherweise bei der Linie 5 – wird wieder einmal ein zentraler Punkt werden. Überstrahlt wird der Verkehr vermutlich noch vom Komplex Wohnen – der laut Bürgerumfrage inzwischen größten Sorge der Augsburger.
Dass eine Entspannung des Wohnungsmarkts nötig ist, werden (wie schon 2014) alle ins Wahlprogramm schreiben. Natürlich sind die Möglichkeiten einer Stadt bei diesem Thema nicht allumfassend, doch sie hat Handlungsspielräume. Die Politik wird sich auch am Ergebnis der vor zwei Jahren aufgesetzten „Offensive Wohnraum“messen lassen müssen – manches ist umgesetzt und konkret im Werden, manches eher noch nebulös.
Die momentan wohl wichtigste und umstrittenste Fragestellung, weil sie auch an politische Glaubensfragen rührt, ist das Thema der sozialen Bodennutzung. Wohnungsbau ist, abgesehen von den Tätig- keiten der Wohnbaugruppe, überwiegend Sache der privaten Wirtschaft. Gleichzeitig ist es ein Grundbedürfnis der Bevölkerung. Wie viel darf/soll/muss die Stadt reinreden? Konkret manifestiert sich das
Regierungsbilanz ist so beachtlich wie die Neuverschuldung
in der Diskussion um eine fixe Quote für geförderte Wohnungen in Neubaugebieten. Vor allem die SPD fordert eine Quote von mindestens 20 Prozent seit Langem als Instrument zur Mietpreisdämpfung, die CSU sieht eine zu starke Belastung für Bauträger und fürchtet weniger Bautätigkeit. Die Verwaltung wägt das Für und Wider seit mehr als einem halben Jahr ab. Wenn das Thema nicht bald in den Stadtrat zur Entscheidung kommt, wird es wohl ein großes Wahlkampfthema werden, vermutlich verbunden damit, dass eine Entscheidung wegen Beratungsbedarfs bis nach der Wahl geschoben wird.
Abgesehen davon zeichnen sich momentan aber nicht die riesigen Konfliktfelder ab. Mit Uni-Klinik, Innovationspark, Schulsanierun- gen und Theatersanierung inklusive Staatstheater kann die Stadtregierung eine Bilanz vorzeigen, die ja tatsächlich demonstriert, dass sich etwas in der Stadt bewegt. Dazu beigetragen haben politisches Geschick, ein gutes Verhältnis zur Landesregierung und sprudelnde Steuereinnahmen. Trotzdem darf nicht vergessen werden, dass dafür eine massive Neuverschuldung auf einen Rekordstand nötig war. Die Tilgung dauert Jahrzehnte.
Solange die Stadt gute Einnahmen hat, lässt sich damit aber kein Wahlkampf machen. Für die Opposition und noch mehr für die beiden kleinen Regierungspartner, die bei jeder Kritik bedenken müssen, dass sie selber ja mit im Glashaus sitzen, ist die Situation insgesamt nicht einfach. Gribl wirkt bei der Führung der Stadtregierung nicht so sehr wie ein Politiker, sondern eher wie ein Stadt-Manager, dem das lautlose Regieren liegt, wenn auch um den Preis, dass politische Konturen verschwinden. Die ganz große Koalition mit ihrer massiven Mehrheit im Stadtrat ist im Grunde auf diesen Politikstil ausgelegt. Nur bei der durch den Bürgerentscheid gestoppten und als alternativlos dargestellten Energiefusion fiel die Stadtregierung mit diesem Stil auf die Nase. Seitdem veranstaltet die Stadt lieber einen Bürgertalk zu viel als zu wenig.
Sollte Gribl erneut antreten, was er erst nach dem Festklopfen der CSU-Stadtratsliste tun wird, hat er schon wegen des Amtsbonus keine schlechten Chancen auf eine Wiederwahl, wobei eine abschließende Bewertung erst möglich ist, wenn das Kandidatentableau auf dem Tisch liegt. Die SPD hält sich noch völlig bedeckt, wenngleich es wahrscheinlich ist, dass es auf Fraktionschef Florian Freund hinausläuft. Bei den Grünen, wo es traditionell mehrere innerparteiliche Kandidaten gibt, hat Fraktionsvorsitzende Martina Wild ihren Hut schon in den Ring geworfen.
Zwar sind Kommunalwahlen stärker als andere Wahlen Persönlichkeitswahlen, aber der generelle Trend weist darauf hin, dass die Parteienlandschaft sich stärker zersplittert. Die AfD wird ab 2020 eine größere Rolle spielen als momentan, die Grünen könnten abermals zulegen. Spannend wird das Abschneiden von CSU und SPD sein.
Ziemlich sicher ist, dass es erneut zu einer Koalition kommen wird. Je nach Wahlergebnis ist die Frage nur, mit wem.