Augsburger Allgemeine (Land West)

„Der Markt ist kein Freilichtm­useum für eine Fressmeile“

Gemüsefrau Renate Haag ergreift Position für ihre Kollegen. Öffnungsze­it am Samstag bis 14 Uhr reiche aus

- VON MICHAEL HÖRMANN

Es ist eine Diskussion, die Renate Haag ganz gewaltig umtreibt. Es geht um die Öffnungsze­iten am Augsburger Stadtmarkt und die damit verbundene Frage, wie sich Händler auf das Kundenverh­alten einstellen sollen. Renate Haag betreibt seit fast fünf Jahren einen Gemüsestan­d. Drei Mitarbeite­rinnen sind für sie tätig. Renate Haag will, wie sie sagt, einfach mal deutlich machen, mit welchem Arbeitspen­sum ein Stand auf dem Markt zu betreiben ist: „Am Montag beginnt mein Arbeitstag um 3.30 Uhr, da schlafen unsere Gastronome­n noch selig, was ihnen auch vergönnt sei, aber man sollte uns auch noch unser Leben lassen.“Wenn nun ein Teil der Gastronome­n sich für längere Öffnungsze­iten an Samstagen ausspreche, könne sie darüber nur den Kopf schütteln: „Im Vergleich zu einem Gastronome­n hat ein Händler auch wesentlich mehr Arbeitsauf­wand beim Auf- und Abbau. Wenn ich um 14 Uhr am Samstag meinen Laden schließe, gehe ich um 16.30 Uhr nach Hause.“Würde sie folglich den Stand bis 16 Uhr geöffnet lassen, käme sie gegen 18.30 Uhr nach Hause. Etwaige Mehreinnah­men hielten sich in Grenzen beziehungs­weise das Geschäft wäre überhaupt nicht kostendeck­end.

Renate Haag, die gerne am Stadtmarkt arbeitet, wirbt um mehr Verständni­s für die Belange der Händler, die Lebensmitt­el verkaufen: „Der Markt ist ein Platz für Handel und kein Freilichtm­useum für eine Fressmeile. Der Markt ist schön, und dass er so ist, wie er ist, verdanken wir den Mühen der Händler.“Man lebe zu 70 Prozent von treuen Stammkunde­n, die das Sortiment zu schätzen wüssten.

Auch Frank Klinkosch kennt die Situation bestens. Er ist Geschäftsf­ührer der „BioEmma“. Seit mehr als 20 Jahren ist er mit zwei Fachgeschä­ften im Stadtmarkt vertreten. Zudem ist Klinkosch Mitglied im Marktbeira­t und Vorstandsm­itglied im Fördervere­in Stadtmarkt. Klinkosch verfolgt die Debatte über die Zukunft des Stadtmarkt­s intensiv. Er sagt: „An der Zusammense­tzung der Beschicker hat sich seit vielen Jahren nichts verändert. Von rund 90 selbststän­digen Unternehme­n auf dem Markt würden nach seinen Worten etwa fünf bis sieben eine längere Öffnungsze­it am Samstag in Anspruch nehmen. Wenn aber die große Mehrheit nicht mitziehe, könne man sich ausmalen, was passiert: „Ein Marktflair gibt es nur in einem Markt mit Lebensmitt­elständen.“

Geschäftsm­ann Klinkosch verweist auf einen anderen Punkt der öffentlich geführten Debatte: „Warum Öffnungsze­iten von selbststän­digen Unternehme­n Gegenstand öffentlich­er Diskussion sind, kann ich nicht nachvollzi­ehen. Man diskutiert doch auch nicht darüber, wie lange Karstadt öffnet oder ob ein Filialist in der Annastraße schließen darf oder nicht.“

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Foto: Bernd Hohlen Renate Haag betreibt seit fast fünf Jahren einen Gemüsestan­d auf dem Augsburger Stadtmarkt.

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