Augsburger Allgemeine (Land West)
Mobil auf zwei bis vier Rädern
Quads und große Roller können Alternativen zu normalen Motorrädern oder sogar zum Auto sein. Sie haben Vor- und Nachteile. Auf was müssen Fahrer achten und welchen Führerschein brauchen sie eigentlich?
Der Einstieg in die motorisierte Welt vor dem Pkw-Führerschein beginnt häufig auf dem Mofa. Wer sich auch später lieber den Wind um die Nase wehen lässt, anstatt im Auto zu sitzen, kann zwischen zahlreichen Nischenfahrzeuge wählen. Ob Käufer dabei zwei, drei oder gar vier Räder nehmen, entscheidet häufig die Art des Untergrunds. „Menschen mit Affinitäten zu Offroad-Aktivitäten und zu Gleichgesinnten bevorzugen das klassische Quad“, sagt ADAC-Sprecherin Melanie Mikulla. Die stammten oftmals von taiwanesischen Herstellern wie Kymco, Adly oder SMC, aber auch klassische Motorradmarken wie Honda oder Yamaha bauen Quads.
Der Vorteil der vierrädrigen Kraftfahrzeuge, die bereits ab knapp 1000 Euro angeboten werden, liege darin, dass zum Chauffieren lediglich der Pkw-Führerschein benötigt wird. Für kleine Quads mit einem maximalen Hubraum von 50 ccm und einer Höchstgeschwindigkeit bis 45 km/h reicht die Führerscheinklasse AM, die früher mit S bezeichnet wurde.
Doch die vermeintliche Freiheit hat auch ihre Schattenseiten: „Von Quads wird spöttischerweise behauptet, sie würden die Nachteile des Motorrades mit denen des Autos verbinden“, berichtet Mikulla. „Sie brauchen fast so viel Platz wie ein kleines Auto, und bei Regen werden die Aufsassen so nass wie auf dem Motorrad. Und sie verfügen über keine Knautschzone.“Zudem seien die Fahreigenschaften von Quads teilweise sehr gewöhnungsbedürftig – wie ein Mix aus Pkw und Lkw.
Durch den hohen Schwerpunkt mit schmaler Spur kann es auf der Straße schnell zu kritischen Situation bis hin zum Kippen kommen. „Vor dem Kauf sollten Quads Probe gefahren werden, damit man schauen kann, ob man mit den Fahreigenschaften zurechtkommt“, sagt Mikulla. „Durch die besondere Fahrdynamik muss zudem mit der Zeit ein gewisses Können entwickelt werden.“Allein die Fahrt in eine Kurve beansprucht die volle Konzentration, da die Ballonreifen erst spät, aber dann unerwartet heftig auf den Lenkwinkel reagieren. Da zudem bei vielen Fahrzeugen das Differenzial fehlt, wirkt sich das Gasgeben in der Kurve direkt auf die Lenkbarkeit aus.
Das bevorzugte Terrain der Quads ist deshalb das Gelände abseits des Asphalts. „In der Forstwirtschaft gehört ein Quad vielfach zum Fuhrpark, weil damit Stellen im Wald angesteuert werden kön- nen, die mit dem Pkw oder größeren Fahrzeugen nicht zu erreichen sind“, sagt die Sprecherin des Verkehrsklubs.
Reine Straßenfahrer beschränken sich zunächst auf das Motorrad mit seinen unterschiedlichen Hubraumklassen. Erst mit zunehmendem Alter der Zweiradfans geraten auch große Roller auf die Liste der Alternativen, die ab rund 8000 Euro angeboten werden. Hier stehen Modelle wie Suzuki Burgman oder Honda X-ADV ebenso zur Verfügung wie Yamaha Tmax, Vespa GTS 300ie Super oder BMW C 650.
„Große Roller werden in der Regel von älteren Personen gefahren, denn sie strahlen Sicherheit und Solidität aus“, sagt Pressesprecher Achim Marten vom Industrie-Verband Motorrad Deutschland (ivm). Gemäß des fortgeschrittenen Alters werden diese Roller mit zwei oder drei Rädern laut Marten in der Regel verhaltener gefahren: „Der große Roller dient eher als Cruiser und Multifunktionsfahrzeug und ist einkaufstaschenfreundlich, da der Ein- kauf und der Helm verstaut werden können.“
Bei den großen Rollern können verschiedene Führerscheine Voraussetzung sein. Das Bundesverkehrsministerium verweist auf seine Website, auf der die diversen Klassen zusammengefasst sind. So kön- nen Autofahrer, die ihre Fahrerlaubnis vor dem 1. April 1980 erworben haben, ohne weitere Prüfungen Krafträder mit einem Hubraum bis zu 125 ccm fahren. Allerdings würden laut Merten auch viele vom Motorrad auf den bequemeren Roller umsteigen: „Roller vermitteln unter Umständen ein stärkeres Sicherheitsgefühl, weil die Fahrer im Fahrzeug sitzen, das heißt, noch von Verkleidung umgeben sind.“
Roller bieten zudem den nicht mehr ganz so gelenkigen Silver Agern weitere Vorteile: „Der Roller ist bequemer zu fahren. Man muss beim Aufsteigen nicht das Bein über die Maschine heben, sondern kann quasi durchsteigen“, sagt Marten. Durchschnittlich schwächer motorisiert als Motorräder, strahlen Roller auch nicht die Aggressivität mancher Bikes aus. Sie wirken defensiver, so Merten. Der Roller bringe auch ein anderes Komfortangebot als ein Motorrad. Merten: „Während der Fahrt stehen die Beine vor einem und sind vor Wind und Wetter geschützt, dazu kommt das automatische Getriebe und die Agilität zum Beispiel beim Rangieren aufgrund der kleinen Räder.“
Das gilt auch für die Dreiräder wie Piaggio MP3 oder Peugeot Metropolis, die in Deutschland nicht so verbreitet sind. Auch diese lassen sich bei einem Radstand von mindestens einem Meter mit einem Pkw-Führerschein fahren. Die beiden Räder vorn sorgen allerdings für ein anderes Fahrgefühl. „Es ist nicht gefährlich, aber ein verantwortungsvoller Mensch nimmt vorher ein oder zwei Fahrstunden oder ein Training“, so Marten. Auch bei den Dreirädern drängt sich laut Marten der Komfort in den Vordergrund: „Man kann die Neigefähigkeit verriegeln, sodass die Roller im Stand nicht umkippen können, und die Beine können auch auf dem Boden des Rollers verbleiben.“Ob die Vorteile der Dreiräder auch in Deutschland in Zukunft stärker genutzt werden, ist unklar. Die Hersteller selbst jedenfalls gehen davon aus und verstärken die Angebote in diesem Bereich, der nicht bei zwei Rädern endet.
Große Roller gibt es ab etwa 8000 Euro