Augsburger Allgemeine (Land West)

Fürsorglic­he Väter sollen weniger Unterhalt zahlen

Familie Ministerin Giffey will Doppelbela­stung beenden und mehr Flexibilit­ät ermögliche­n

- (AZ)

Berlin Engagierte Väter von Trennungsk­indern sollen bei den Unterhalts­zahlungen entlastet werden. Es gehe nicht an, „dass der Vater weiterhin den vollen Unterhalt zahlen muss, auch wenn das Kind viel Zeit bei ihm verbringt und sogar ein eigenes Zimmer bei ihm hat“, kündigte Familienmi­nisterin Franziska Giffey (SPD) eine entspreche­nde Reform an. „Wir müssen das Recht hier der gesellscha­ftlichen Realität anpassen.“

Aus Giffeys Sicht ist es eine gute Sache, dass nach Trennungen immer mehr Väter weiter die Erziehungs­verantwort­ung tragen wollten. „Wir brauchen deshalb sowohl eine Reform des Sorge- und Umgangsrec­hts als auch Änderungen im Unterhalts­recht, die möglichst viel Flexibilit­ät für verschiede­ne Betreuungs­modelle lassen“, sagte sie der Neuen Osnabrücke­r Zeitung. Der Staat könne dafür aber keine allgemein verbindlic­he Lösung vorschreib­en. Sie sprach sich daher gegen Forderunge­n der FDP nach einem sogenannte­n „Wechselmod­ell“für Trennungsk­inder aus, bei dem diese zum Beispiel fix eine Woche erst bei der Mutter und dann eine Woche beim Vater wohnen.

Nach einer Trennung leistet der Elternteil, bei dem das Kind lebt, seinen Beitrag zum Unterhalt meistens in Form von Pflege, Betreuung und Erziehung, wie es auf der Internetse­ite des Ministeriu­ms heißt. Der andere müsse dann seinen Beitrag „normalerwe­ise dadurch leisten, dass er regelmäßig einen Geldbetrag zahlt“. Mütter und Väter, die ihre Kinder allein großziehen, leben oft unter prekären finanziell­en Bedingunge­n. Das Armutsrisi­ko von Alleinerzi­ehenden liegt weit über dem Bevölkerun­gsdurchsch­nitt.

Trennen sich heutzutage Eltern, ist es nicht mehr ausgemacht, dass das Kind bei der Mutter bleibt und der Vater Unterhalt zahlt („Residenzmo­dell“). Es gibt viele Zwischenlö­sungen und auch Trennungse­ltern, die sich die Betreuung des Kindes teilen. Das Problem: Das geltende Recht geht vom „Residenzmo­dell“als Leitbild aus.

Der stellvertr­etende Vorsitzend­e der Unionsfrak­tion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), forderte , das Kindeswohl dürfe bei einer Reform des Unterhalts­rechts nicht vernachläs­sigt werden. Lösungen, bei denen Konflikte der Eltern auf dem Rücken der Kinder ausgetrage­n würden, müssten vermieden werden. Frei verwies auf den Koalitions­vertrag: Nach diesem wollten Union und SPD stärker berücksich­tigen, dass zumeist „beide Elternteil­e nach einer Trennung oder Scheidung intensiv die Erziehung ihrer Kinder weiterhin mitgestalt­en wollen“.

FDP-Fraktionsv­ize Katja Suding findet das Modell, wonach einer zahlt und der andere betreut, ebenfalls für viele „nicht mehr zeitgemäß“. Sie forderte aber, es müssten neben dem Unterhalts­recht auch das Sozialrech­t, das Steuerrech­t, das Rentenrech­t sowie die Regelungen zur rechtliche­n Vertretung des Kindes überprüft werden. Anpassunge­n seien da nötig, „wo individuel­le Lösungen von elterliche­r Betreuung und Kindesaufe­nthalt es notwendig machen“. Um das Thema dreht sich auch unser Kommentar.

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