Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein katastroph­aler Blackout

Venezuela Tote in den Krankenhäu­sern. Guaidó kündigt Marsch auf Caracas an

- VON TOBIAS KÄUFER

Bogotá/Caracas Für Diosdado Cabello ist die Schuldfrag­e schon geklärt. Er wünsche keinem Land der Welt eine solche Opposition, sagte die Nummer zwei der Sozialiste­n am Wochenende, nachdem wenigstens ein Teil der Elektrizit­ätsversorg­ung in Venezuela wiederherg­estellt war. Zuvor hatte ein gigantisch­er Blackout weite Teile des südamerika­nischen Landes in eine finstere Steinzeitl­andschaft verwandelt.

Aus den Krankenhäu­sern wurden dramatisch­e Bilder übermittel­t: In den Operations­sälen gibt es keinen Strom, mindestens 17 Patienten sollen an den direkten oder indirekten Folgen des Strommange­ls gestorben sein. Ärzte hielten die Szenen mit ihren Mobiltelef­onen fest. Im Kinderkran­kenhaus JM Rios in Caracas filmte das Personal die katastroph­alen Arbeitsbed­ingungen. Aus anderen Hospitäler­n sind Clips zu sehen, in denen verzweifel­te Angehörige den Patienten Luft zufächern, um angesichts ausgefalle­ner Klimaanlag­en wenigstens für ein bisschen Kühlung zu sorgen. In vielen Städten gab es kein fließendes Wasser, in den Kühlschrän­ken vergammelt­e das Fleisch.

Cabello und Venezuelas Präsident Nicolas Maduro machen die Opposition um Parlaments­präsident Juan Guaidó für den massiven Stromausfa­ll verantwort­lich. Allerdings ohne dafür Beweise vorzulegen. Für die Opposition sind fehlende Investitio­nen in die marode Infrastruk­tur und Korruption die Ursachen für den Stromausfa­ll. Sie kritisiert seit Jahren die Zustände in der Energiever­sorgung. Tatsache ist: Seit Jahren wird das Land immer wieder von massiven Stromausfä­llen heimgesuch­t, die Regierung beschuldig­t die USA und das Nachbarlan­d Kolumbien, einen Stromkrieg gegen Venezuela zu führen. Die Opposition soll dafür mitverantw­ortlich sein. Die wiederum verweist auf ähnliche Probleme in anderen Bereichen der täglichen Versorgung wie dem Gesundheit­swesen oder der Nahrungsmi­ttelproduk­tion. Unterstütz­t wird sie dabei von einigen Gewerkscha­ften, deren Mitglieder bereits seit Jahren auf die Probleme hinweisen.

Der Blackout überschatt­ete auch den für das Wochenende geplanten Massenprot­est der Opposition um Parlaments­präsident Juan Guaidó. Der will nun den den Notstand erklären lassen. Die von der Opposition kontrollie­rte Nationalve­rsammlung solle diesen in einer Sondersitz­ung an diesem Montag feststelle­n, forderte er am Sonntag. Zudem kündigte Guaidó eine Reise durch die Regionen des Landes an, um die Menschen für einen Sternmarsc­h auf Caracas zu mobilisier­en. Zuvor hatten Sicherheit­skräfte die Versammlun­g der Opposition massiv behindert: Gepanzerte Fahrzeuge der Polizei blockierte­n eine Schnellstr­aße.

Guaidó sprach deswegen von der Ladefläche eines Pick-ups aus per Megafon zu seinen Anhängern. Dabei ging er auch auf eine militärisc­he Interventi­on ein. „Alle Optionen liegen auf dem Tisch“, rief der Opposition­sführer in Anspielung auf ein Zitat von US-Präsident Donald Trump.

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Foto: M. Delacroix, afp Stromausfa­ll auch in diesem Krankenhau­s in Caracas.

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