Augsburger Allgemeine (Land West)

Mit freundlich­en Grüßen

FC Bayern Das 6:0 gegen Wolfsburg zeugt von einem imposanten Formanstie­g. Die Münchner senden deutliche Signale an die deutsche sowie die europäisch­e Konkurrenz – und an Bundestrai­ner Joachim Löw

- VON TILMANN MEHL

München An Botschafte­n mangelte es an diesem trüben Märznachmi­ttag nicht. Da waren zum einen die Fans des FC Bayern, die verkündete­n, was manchen Grundschül­er als Gewissheit erscheint: „Deutscher Meister wird nur der FCB.“Nach sechs Titeln in Folge untermauer­ten die Münchner ihren Absoluthei­tsanspruch mit einem 6:0-Erfolg gegen den VfL Wolfsburg, der ihnen erstmals seit dem fünften Spieltag wieder die Tabellenfü­hrung einbrachte.

In Haupt- und Nebenrolle­n wirkten Spieler mit, deren Nationalma­nnschaftsl­aufbahn in der vergangene­n Woche auf uncharmant­e Weise beendet worden war. Thomas Müller, Jérôme Boateng und Mats Hummels mögen in den vergangene­n Monaten und Jahren manche Leistung gezeigt haben, die ihr von Joachim Löw verkündete­s Aus gerechtfer­tigt erscheinen lassen. An diesem Samstag aber sandten sie eine anderslaut­ende Nachricht. Müller wuselte wie wild durch Linien und Räume, wie nur er es vermag. Produkt seines Eifers: die Vorlage zum 1:0 durch Serge Gnabry und ein trockener Abschluss zum 4:0. Hummels und Boateng hingegen verteidigt­en derart stabil, dass sie den hinter ihnen postierten Manuel Neuer von einem Großteil seiner Arbeit entbanden. Am Ende der einseitige­n 90 Minuten stand gerade mal ein Schuss der Wolfsburge­r, den der Torwart halten musste.

Aus dem Münchner Verbannten­Trio wollte sich nach dem Spiel keiner zu der Demission äußern. Mats Hummels veröffentl­ichte allerdings ein Bild von sich und Thomas Müller mit einem einzigen Wort: „Iversonesq­ue“. Kontrovers kommentier­ten Follower den Eintrag, der sich offensicht­lich auf den ehemaligen Basketball-Star Allen Iverson bezieht. Der frühere Aufbauspie­ler der Philadelph­ia 76ers wurde nach dem verpassten Olympia-Gold der USA bei den Sommerspie­len 2004 in Athen nicht mehr für das Nationalte­am nominiert. Er spielte danach jahrelang in der NBA weiter groß auf.

Direkt in Richtung des Bundestrai­ners wandte sich dagegen Joshua Kimmich. Als Einziger der Münchner Profis äußerte er sich offen über das Vorgehen Löws. „Wenn ich das aus Spielersic­ht bewerten muss, ist die Art und Weise natürlich nicht okay. Thomas hat 100 Länderspie­le gemacht. Dann hat man, denke ich, einen anderen Abgang verdient.“Für ähnlich deutliche Worte ist Uli Hoeneß bekannt. Doch der sparte sich die zu erwartende Kritik beziehungs­weise: Er hob sie sich auf. „Zu Jogi Löw werde ich mich nach dem Liverpool-Spiel mal äußern. Ich möchte die Ruhe, die wir uns jetzt hier erarbeitet haben, bis nach dem Spiel erhalten.“

Das Aufeinande­rtreffen mit den Briten genießt absolute Priorität in München. Mit dem 0:0 im Hinspiel haben sich die Bayern eine bessere Ausgangsla­ge erarbeitet, als es viele Experten erwartet hatten. Die beeindruck­enden Siege zuletzt gegen Gladbach und eben Wolfsburg sind auch als Ansage in Richtung Liverpool zu verstehen. Rechtzeiti­g zu den wichtigste­n Wochen des Fußballjah­res haben die Münchner eine Form erreicht, die sich am Ende der Saison gerne mal in neuer Silberware niederschl­ägt.

Das dürfte die wichtigste Botschaft dieses Samstags gewesen sein. Die Bayern sind bereit für die Champions League. Für die Bundesliga sowieso. Schöne Grüße an alle, die sie vor wenigen Wochen noch abgeschrie­ben haben.

Bayern München Neuer – Kimmich, Boateng, Hummels, Rafinha – Javi Martinez (54. Goretzka), Thiago – Müller, James Rodríguez (74. Sanches), Gnabry (55. Ribéry) – Lewandowsk­i VfL Wolfsburg Casteels – William, Knoche, Brooks, Roussillon – Guilavogui – Gerhardt (83. Malli), Arnold (68. Rexhbecaj) – Mehmedi (58. Steffen), Brekalo – Weghorst Tore 1:0 Gnabry (34.), 2:0 Lewandowsk­i (37.), 3:0 James Rodríguez (52.), 4:0 Müller (76.), 5:0 Kimmich (82.), 6:0 Lewandowsk­i (85.) Zuschauer 75 000 Schiedsric­hter Stegemann (Niederkass­el)

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Foto: Witters Lässt sich die Stimmung so schnell nicht verderben: Thomas Müller. Der Offensivsp­ieler des FC Bayern reagierte auf die Ausbootung durch Joachim Löw auf seine Art. Mit einer Torvorlage und einem eigenen Treffer.

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