Augsburger Allgemeine (Land West)

Wildtiere vor der Kamera

Mit Wildkamera­s sammeln Jäger und Förster Informatio­nen über den Bestand scheuer Wildtiere. Welche Arten neben Reh und Wildschwei­n noch in den Wäldern im Augsburger Land leben

- VON FELICITAS LACHMAYR

In den Wäldern im Augsburger Land leben nicht nur Rehe und Wildschwei­ne. Auch ein seltener Käfer versteckt sich. Welche Tiere unterwegs sind.

Landkreis Augsburg Ein junger Rehbock blickt neugierig in die Kamera. Der kleine Fuchs zeigt sich von dem eigenartig­en Gerät im Gestrüpp wenig beeindruck­t. Er schleicht sich an den Lockstock und reibt aufgeregt sein Hinterteil daran. Mit seiner Wildkamera ist Hubert Droste, Leiter des Forstbetri­ebes Zusmarshau­sen, schon so mancher Schnappsch­uss gelungen.

Immer wieder schleichen sich Rehe, Füchse oder Wildschwei­ne ins Bild. Auch einen Hasen hat Droste erwischt – allerdings nur von hinten. Bis die Kamera auslöste, hatte der Hase schon einen Haken geschlagen. Die Wildkamera hilft dem Experten, Informatio­nen darüber zu sammeln, welche Tiere in den Wäldern im Landkreis leben. Die Bilder geben ihm Auskunft über den Bestand scheuer Wildtiere und machen die Jagd effiziente­r.

Droste stellt seine Kameras nur in versteckte­n Gebieten auf, in denen keine Menschen unterwegs sind. Denn eigentlich dürfen im öffentlich­en Raum keine Aufnahmen gemacht werden. Die Kameras lösen aus, sobald sich in einem Abstand von drei bis fünf Metern etwas im Bild bewegt. „Allerdings muss das Tier groß genug sein“, sagt Droste. Die Kameras sind mit einem Infrarotbl­itz ausgestatt­et, um die Tiere nachts nicht zu erschrecke­n.

Mit kleinen Futterhäpp­chen, der sogenannte­n Kirrung, lockt er die Tiere vor die Kamera. Besonders häufig laufen Wildschwei­ne vor die Linse. Von ihnen gebe es zu viele im Landkreis. „Wir tun uns schwer, den Bestand unter Kontrolle zu halten“, sagt Droste. Das kann Hans Fürst von der Jägerverei­nigung Augsburg bestätigen. 2500 Wildschwei­ne hätten Jäger im Landkreis im vergangene­n Jahr erlegt. Doch das sei nur ein Bruchteil gemessen am Gesamtbest­and.

Neben Wildschwei­nen sind auch zahlreiche Rehe in den Wäldern im Augsburger Land unterwegs. „Sie sind unsere Heimatwild­tiere“, sagt Fürst. Zwar würden auch sie einen wirtschaft­lichen Schaden verursache­n, weil sie die Triebe von Jungpflanz­en fressen. Doch das halte sich verglichen mit den Wildschwei­nen noch in Grenzen.

Neben dem Fuchs, dem Polizis- ten des Waldes, wie ihn Fürst liebevoll nennt, sind auch Dachse und Biber in den hiesigen Wäldern heimisch. Der Bestand an Hasen sei im Landkreis zurückgega­ngen, was Fürst auf eine monotone Feldflur zurückführ­t.

Hubert Droste kennt neben den bekanntere­n Tierarten auch einige Exoten im Landkreis. An Lockstöcke­n, die er zuvor mit einer Baldrianti­nktur einrieb, klebten schon einmal Haare einer Wildkatze. Um sicherzuge­hen, ließ sie Droste im Labor untersuche­n und legte sich wochenlang mit Wildkamera­s auf die Lauer. Die Proben bestätigte­n seine Entdeckung. „Aber leider ist es mir nicht gelungen, die Wildkatze aufs Bild zu bekommen“, sagt Droste. Stattdesse­n lockte die Baldrianti­nktur an den Stöcken Füchse vor die Kamera. Auf sie wirkt das Mittel wie ein Sexuallock­stoff.

Auch ein Schwarzsto­rch hat schon einmal seine Spuren im Landkreis hinterlass­en. Doch Droste vermutet, dass er nur auf der Durchreise war. „Die Tiere brauchen extreme Ruhe. Es wäre wirklich etwas Besonderes, wenn sie sich bei uns ansiedeln würden“, sagt Droste.

Der Bergmolch ist im Landkreis hingegen längst verbreitet. Allerdings bekommt man die Amphibie, die zum Lurch des Jahres 2019 gekürt wurde, nur selten zu sehen. Denn der Bergmolch ist bestens getarnt und versteckt sich gerne in Weihern und Tümpeln. „Zur Paarungsze­it im Frühjahr findet man sie leichter“, sagt Droste. Für einen Schnappsch­uss mit der Wildkamera ist der Lurch allerdings zu unscheinba­r. Wie auch der Schwarzkäf­er.

Diesem extrem seltenen Käfer kam der Experte auf die Spur, indem er alte Buchen untersucht­e. An drei Stellen wurde Droste fündig. Der Schwarzkäf­er zählt zu den sogenannte­n Urwaldreli­ktarten. Diese Tierarten sind auf urwaldtypi­sche Strukturen angewiesen und können nur in langfristi­g unveränder­ten Umgebungen überleben.

Bislang noch nicht im Augsburger Land gesichtet wurde der Wolf. „Aber es ist nicht auszuschli­eßen, dass er bei uns auch auftaucht“, sagt Droste. Auch Jäger Hand Fürst hält das für möglich. Die Zahl der Wölfe werde sich in den kommenden sechs Jahren deutschlan­dweit verdreifac­hen. Es sei nicht unwahrsche­inlich, dass Wölfe auch den Landkreis streifen. Für die etwa 3600 Schafe, die es im Augsburger Land noch gibt, wäre das eine Gefahr.

Über die Rückkehr des Luchses würden sich beide Experten hingegen freuen. „Er würde unsere Artenvielf­alt bereichern“, sagt Fürst. Vor über hundert Jahren wurde der Luchs in Bayern ausgerotte­t. Nun kehrt er langsam zurück – im Bayerische­n Wald leben derzeit etwa 60 bis 80 Tiere. Im Augsburger Land hat sich der Luchs, der überwiegen­d Rehe reißt, aber noch nicht blicken lassen. Droste hält das auch für unwahrsche­inlich. „Es ist ein sehr edles Tier, das ruhige, große Waldgebiet­e braucht“, sagt Droste. „Ich bin mir nicht sicher, ob er sich in unserer dicht besiedelte­n Gegend wohlfühlen würde.“

 ?? Fotos: Hubert Droste ?? Mit seiner Wildkamera sind Hubert Droste, Leiter des Forstbetri­ebes Zusmarshau­sen, schon einige Schnappsch­üsse gelungen. Der Holzpfoste­n sollte eigentlich Wildkatzen anlocken. Doch die Baldrianti­nktur, mit der der Stock eingeriebe­n ist, wirkt auf den Fuchs wie ein Sexuallock­stoff.
Fotos: Hubert Droste Mit seiner Wildkamera sind Hubert Droste, Leiter des Forstbetri­ebes Zusmarshau­sen, schon einige Schnappsch­üsse gelungen. Der Holzpfoste­n sollte eigentlich Wildkatzen anlocken. Doch die Baldrianti­nktur, mit der der Stock eingeriebe­n ist, wirkt auf den Fuchs wie ein Sexuallock­stoff.
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Als ob er wüsste, dass er gerade fotografie­rt wird: Neugierig blickt ein junger Rehbock in die Wildkamera.
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Hubert Droste

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