Augsburger Allgemeine (Land West)

Es baut und türmt sich was auf

Konrad Oberländer zeigt in Stadtberge­n Zeichnunge­n und Aquarelle aus beinahe fünf Jahrzehnte­n

- VON RÜDIGER HEINZE

Er war ein Buchhändle­r und ein deutschlan­dweit beachteter Themen-Austellung­smacher. Bei ihm konnte man etwas lernen in der Lese- und Sehschule. Und auch mit 80 ist er noch ein Galerist, ein beschlagen­er, und wieder – nach Jahren schmerzlic­her Pause – ein Zeichner und Aquarellis­t: Konrad Oberländer, dem die Region zu verdanken hat, dass sie über viele Jahre hinweg wissen konnte, was auf Hahnemühle-Papieren im wahren Sinn des Wortes State of the Art ist.

Mit 80 ist es erlaubt, Nachlese zu halten. Konrad Oberländer tut es an öffentlich­em Ort, im Rathaus Stadtberge­n. 35 Arbeiten aus nahezu fünf Jahrzehnte­n hängen dort im Entrée (auch zum Verkauf) – sämtlich die Natur und die vorzugswei­se südliche Landschaft inspiziere­nd, um beides zentral ins Bild zu fassen.

Auch wenn das ausgestell­te Frühwerk aus der ersten Hälfte der 70er Jahre (Südfrankre­ich/Italien) häufig von Licht (Bleistift) und zarter Kolorierun­g (Pastell/Aquarell) durchzogen ist, so hat es der Betrachter vielfach schon mit gewaltigen, ja einschücht­ernden Massiven zu tun, die sich im Hintergrun­d vor ihm aufbauen. Das Panorama: auch eine Hürde, Grenze, Wand.

Und das wird der in Ungarn geborene Oberländer in der zweiten Hälfte der 70er Jahre in seiner Wucht noch verstärken. Nun kommen die Berghänge und Bergpässe zunehmend in den Schatten zu liegen, ins Zwielicht, ins Dunkle. Sie gehen gegen den Betrachter vor, sie kesseln ihn geradezu drohend ein – so drohend, wie auch manche Unwetterwa­nd über flachem Land dem Augenwande­rer entgegentr­eibt. In ihren schönsten Beispielen vereinigt die Kunst Oberländer­s die dunklen Seiten von Romantik, Symbolismu­s und Surrealism­us. Das gilt auch für die Baumgruppe­n, die – wie in Macbeth – dräuend gegen den Betrachter vorrücken. Der Katalog zur Ausstellun­g, in dem der Kunstkriti­ker Hans Krebs profund ins Werk Oberländer­s einführt, nennt sich beziehungs­reich: „Das schwarze Loch der Zeit“.

Und in ihren schönsten Beispielen ist die Kunst des Konrad Oberländer zudem das, was er stets auch von seiner Kollegscha­ft gefordert hat. Dass die Kunst nämlich durchgesta­ltet sei und durchgearb­eitet – unabhängig aller möglichen Tiefenpsyc­hologie. Öffnungsze­iten Stadtberge­r Rathaus: alle Vormittage von Mo. bis Fr. sowie Mittwochna­chmittag (bis 29. März)

 ?? Foto: Katalog ?? In dieser Stadt wurde im 15. Jahrhunder­t die Kunstgesch­ichte neu geboren: Florenz. Aquarell aus der Hand von Konrad Oberländer, 32 mal 76 Zentimeter, 1978.
Foto: Katalog In dieser Stadt wurde im 15. Jahrhunder­t die Kunstgesch­ichte neu geboren: Florenz. Aquarell aus der Hand von Konrad Oberländer, 32 mal 76 Zentimeter, 1978.

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