Augsburger Allgemeine (Land West)
Als noch Juden in Schwaben lebten
In Diedorf zeigt die deutsch-jüdische Gesellschaft alte Bilder. Die können viel bewirken, sagt der Pfarrer
Diedorf Judenfeindlichkeit hat auch mit einem „Sich Fremdsein“zu tun, ist der Diedorfer Pfarrer Hans Fischer überzeugt. Wenn Juden und Christen sich besser kennenlernen, kann das auch ein Beitrag gegen offenen Antisemitismus sein, so die Meinung in der Pfarrei. Im Rahmen des Kulturprogramms ist deshalb in diesen Tagen zur Woche der Brüderlichkeit zwischen den beiden Religionen eine Ausstellung über „Jüdisches Leben in Schwaben“der deutsch-jüdischen Gesellschaft im Pfarrheim zu sehen.
Petra Rössle war aus Augsburg zur Vernissage gekommen. Sie habe sich bereits die Synagoge in Augsburg angesehen und wollte nun weitere Informationen hinsichtlich des Dialogs zwischen Christen und Juden erhalten, erklärte sie. Der Chor Hatikwa der israelitischen Kultusgemeinde Schwaben-Augsburg begrüßte zunächst die Besucher mit dem Lied „Schalom“und machte zugleich neugierig auf das später folgende kleine Konzert. Einander näher kommen, miteinander kommunizieren, das sah auch Referentin Gertrud Kellermann von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit als höchst wichtig an. „Es ist dazu auch notwendig, etwas über die Vergangenheit zu wissen, es ist aber alles auch noch da“, wies sie nicht zuletzt anhand des anwesenden Chores daraufhin, dass das Judentum und seine Traditionen noch lebendig sind, und begründete dies mit dem stets festen Zusammenhalt der Juden.
Dieser feste Zusammenhalt habe bewirkt, dass trotz aller Verfolgung, Pogromen und Holocaust es noch immer Juden gibt. Die Juden bildeten Gemeinden, Gotteshäuser und entwickelten feste Rituale wie das Passah- oder das Laubhüttenfest. Wichtig war insbesondere der Sabbat, der jede Woche gefeiert wurde. „Er war das Band, das alle Juden zusammengehalten hat. Man kann den Glauben am besten bewahren in einer Gemeinde mit festen Ritualen“, so Kellermann.
Um 1800 lebten etwa 90 Prozent der deutschen Juden in Dörfern. Auch Ortschaften im nahen Umland wie Oettingen, Harburg, Buttenwiesen, Fischach oder Schlipsheim, Steppach und Kriegshaber boten ihnen eine neue Heimat. Der Begriff „Landjudentum“erzählt von einer spezifischen Form des deutsch-jüdischen Lebens vor 1933. Die Juden lebten in diesen Gemeinden, integrierten sich und gehörten mit einigen Abstrichen dazu. Von manchen Synagogen gibt es nach der Zeit der Nazis keine Spuren mehr. Andernorts, etwa in Oettingen und Binswangen, wurden die noch erhaltenen Synagogen renoviert. Jüdische Gemeinden gibt es dort aber nicht mehr. Wichtiger als Vorträge aber seien im Dienste der Versöhnung die menschlichen Beziehungen, forderte Gertrud Kellermann zum Abschluss auf, den Kontakt zwischen Christen und Juden nicht abreißen zu lassen.
Diesen Zusammenhalt und Kontakt lebt der Chor Hatikwa, der aus jüdischen, halbjüdischen und auch nichtjüdischen Frauen besteht. Sie bewegten mit einer Reihe von emotionalen Liedern in jiddischer und hebräischer Sprache und überzeugten mit einer überwältigenden Lebendigkeit, sodass sich ihre eigene Begeisterung am gemeinsamen Singen schnell auf die Zuhörer übertrug. Termin Die Ausstellung zum „Jüdischen Leben in Schwaben“im Pfarrheim Herz Mariä in Diedorf ist noch zu sehen am heutigen Freitag von 15 bis 18.00 Uhr und am Sonntag, 17. März, von 11 bis 17 Uhr.