Augsburger Allgemeine (Land West)
„Besuchet das schöne Augsburg“
Stadtwerbung Seit 1891 werden Gäste gezielt angelockt. Der „Fremdenverkehrsverein“als Werbe-Institution. Sogar Briefhüllen des Stadtrats mit Werbeaufdruck
Augsburg „Man muss nur Werbung für Augsburg machen, dann kommen die Besucher!“So argumentierten in den 1880er-Jahren Geschäftsleute. Sie ergriffen die Initiative zur Einrichtung einer Institution, die Augsburg als besuchenswerte Stadt bekannt machen sollte. Am 13. November 1891 war es so weit: Der „Verein zur Hebung des Fremden-Verkehrs“wurde gegründet.
„Besuchet Augsburg’s althistorische Sehenswürdigkeiten und hoch entwickelte Industrie“steht anno 1905 auf einer Serie bunter Briefverschluss-Vignetten. Solche Aufkleber gehörten zum Werbekonzept. Die Idee dahinter war die kostenlose Massenverbreitung: Möglichst viele Augsburger sollten solche Verschlussmarken auf Briefhüllen kleben und in alle Welt versenden. Der Verein war auf vielfältige Weise tätig. Er betrieb Inseratenwerbung in Zeitungen und Zeitschriften. Für Gäste ließ er handliche Stadtführer mit Stadtplan drucken. Diese „Offiziellen Führer“listeten Gaststätten, Hotels und Sehenswürdigkeiten auf, informierten über die Geschichte und die Gegenwart der Stadt.
Ein „Tourismus-Büro“nach heutigen Maßstäben gab es lange Zeit nicht. Erst 1910 richtet der Fremdenverkehrs-Verein ein „Verkehrs-Büro“in einem Bürogebäude an der Grottenau ein. Dieses fungierte als Werbeunternehmen und als Reisebüro. Es gab Auskünfte über Zug- und Schiffsverbindun- gen, Fahrkarten, Schlafwagen-Reservierungen, Rundreisen wurden zusammengestellt. Auch Karten für Münchner Theater wurden beschafft. Zum Service zählten Reiseprospekte aus ganz Deutschland, in einem Lesezimmer lagen 40 Tageszeitungen, 25 Adressbücher, Telefonbücher und Landkarten auf.
Ab 1912 bildete ein Schalter im Rondell auf dem Königsplatz einen Anlaufpunkt für angereiste Besucher. Nach 1914 brachten Kriegsund Inflationszeiten die Stadtwerbung zum Erliegen. 1923 wurde der Leiter des städtischen Presseamtes, Hans Alfred Steib, Vorstand des Verkehrsvereins. Er kurbelte die Stadtwerbung mächtig an. Um 1920 unterhielt der „Verkehrsverein“ein Büro im Flügelbau des Rathauses sowie zur Hauptreisezeit im Sommer einen Kiosk mit Zimmernachweis auf dem Bahnhofsvorplatz.
1924 richtete der Fremdenverkehrs-Verein im Stadtgarten ein Marionettentheater ein, und 1928 regte er die ersten Freilichtspiele mit „Jedermann“an. Das war Anschub für die Einrichtung der Freilichtbühne beim Roten Tor im Jahr 1929. Die Fremdenverkehrs-Werbung war also bereits höchst aktiv, als am 1. April 1935 die neue NS-geführte Stadtregierung ein städtisches Verkehrs- und Werbeamt schuf. Diese Institution übernahm nun sämtliche Werbeaktivitäten für Augsburg und löste den Verkehrsverein ab.
Um das Wirtschaftsleben in Augsburg anzukurbeln, stand nun der Nahbereich im Blickpunkt: Sonderzüge zu Faschingszügen, zur Jakober Kirchweih und zum Plärrer wurden organisiert. Die Einrichtung eines Botanischen Gartens (1936) und eines Tiergartens (1937) sollte Augsburg-Besucher aus der Region anlocken. Die Stadtwerbung durch Plakate, Prospekte und Broschüren wurde stark forciert.
In die Werbung für Augsburg waren alle städtischen Institutionen eingebunden. Eine Briefhülle mit dem Aufdruck „Stadtrat Augsburg“aus dem Jahr 1934 zeigt eine kleine Zeichnung der Rathaus-Rückseite und darunter die Aufforderung „Besuchet das schöne Augsburg“. 1939 verwies eine Statistik auf die Erfolge: Bei Besucher- und Übernachtungszahlen waren kontinuierliche Steigerungen nachweisbar. Wurden 1939 noch rund 110 000 Übernachtungen registriert, waren es 1937 fast 190 000. Den Goldenen Saal im Rathaus hatten 1933 rund 20 000 besichtigt, 1937 fast 73 000.
Der Beginn des Zweiten Weltkriegs beendete die Stadtwerbung und den Aufschwung im Fremdenverkehr abrupt. Nach dem Krieg musste erst der Schutt weg und der Wiederaufbau in Gang kommen, ehe man wieder Fremde nach Augsburg locken konnte. Der Verkehrsverein musste neu aufgebaut werden. Im Jahre 1998 ging er in der „Regio Augsburg Tourismus GmbH“auf.
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