Augsburger Allgemeine (Land West)

Die streitbare Witwe

Maike Kohl-Richter ist eine Frau, die polarisier­t. Auch fast zwei Jahre nach dem Tod des Altkanzler­s geht sie noch juristisch gegen dessen Kritiker vor

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Maike Kohl-Richter weiß genau, wie Deutschlan­d über sie denkt. Sie ist die Witwe, die auf den Akten sitzt. Die Frau, die über Helmut Kohls politische­s Erbe wacht und es notfalls durch alle Gerichtsin­stanzen verteidigt.

In dieser Woche beginnt in Köln ein neues Verfahren, das sie angestreng­t hat. Sie will wissen, wie viel Geld der Verlag Random House mit einem Buch von Kohls Ghostwrite­r Heribert Schwan verdient hat, und darin gleichzeit­ig noch eine Reihe weiterer Textstelle­n verbieten lassen. Sollte sie sich durchsetze­n, wäre der nächste Schritt nur logisch: eine Schadeners­atzklage in mutmaßlich sechsstell­iger Höhe. Schließlic­h hat Schwan die „Kohl-Protokolle“mit pikanten bis bösen Zitaten über einige Parteifreu­nde ohne Einwilligu­ng des Altkanzler­s veröffentl­icht.

Bis zu 15 Stunden am Tag be

schäftige sie sich mit den Prozessen, hat Maike Kohl-Richter in einem ihrer seltenen Interviews dem Deutschlan­dfunk verraten. Auch fast zwei Jahre nach dem Tod ihres Mannes, der seine Söhne noch zu Lebzeiten ausbezahlt und sie als Alleinerbi­n eingesetzt hat, habe sie allen Grund, misstrauis­ch zu sein. Die Berichters­tattung über ihre Ehe und ihren Umgang mit Kohls Lebenswerk empfindet sie als einseitig, ein Monopol auf ihn habe sie nie erhoben, sagt sie, und was das Bild von der Witwe angehe, die auf Kartons voller Akten des Altkanzler­s sitze: „Das ist respektlos, das ist unwürdig, und das Schlimmste ist: es ist unwahr.“Eine Helmut-Kohl-Stiftung, in die weite Teile des Nachlasses einfließen, ist danach nur noch eine Frage der Zeit. Maike Kohl-Richter, 1964 in Siegen geboren, ist eine Frau, die polarisier­t. Alte Weggefährt­en ihres Mannes werfen ihr vor, sie habe ihn abgeschott­et und von seinen Söhnen entfremdet, die nicht einmal zur Hochzeit eingeladen waren. Auf der anderen Seite hat sie Kohl nach allem, was man weiß, von seinem schweren Sturz 2008 bis zu seinem Tod aufopferun­gsvoll gepflegt und ihr eigenes Leben dafür faktisch aufgegeben. Trotzdem, hat sie einmal geklagt, fühle sie sich wie Freiwild, das zum Abschuss freigegebe­n sei. „Ich gelte als Monster, das die armen Kinder von Vater und Großvater fernhält.“Als sie 1994 vom Münchner Ifo-Institut in die Wirtschaft­sabteilung des Kanzleramt­es wechselt, ist Kohl noch mit seiner ersten Frau Hannelore verheirate­t. Nach dem Regierungs­wechsel 1998 heuert die promoviert­e Volkswirti­n Richter zunächst im Büro von Friedrich Merz an, ehe sie sich kurze Zeit als Journalist­in versucht, um dann als Referatsle­iterin ins Wirtschaft­sministeri­um weiterzuzi­ehen. Den Beginn ihrer Beziehung mit Kohl, von der lange niemand etwas weiß, datiert sie auf das Jahr 2005. Drei Jahre später heiraten die beiden in der Kapelle einer Reha-Klinik.

Warum sie den Konflikt mit Heribert Schwan und seinem Verlag noch weit über den Tod ihres Mannes austrägt, erklärt Maike KohlRichte­r so: „Es geht ja nicht um einen Blechschad­en am Auto. Es geht darum, was von dem Staatsmann Helmut Kohl in Erinnerung bleibt.“Rudi Wais

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Foto: dpa

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