Augsburger Allgemeine (Land West)

Unsere Verfassung hat 70. Geburtstag

Ach so! Wahnsinnig viele Regeln gelten in Deutschlan­d. Einige davon sind ganz besonders wichtig. Diese stehen in unserer Verfassung. Wir nennen sie auch Grundgeset­z

- VON STEFANIE PAUL

Viele Menschen haben es bei sich zu Hause stehen: ein kleines weißes Buch mit einem grauen Adler vorne drauf. Darunter steht in Großbuchst­aben: GRUNDGESET­Z. So heißt unsere Verfassung. In ihr steht, nach welchen Regeln wir in Deutschlan­d zusammenle­ben. Hier erfährst du mehr darüber.

Ganz am Anfang steht die wichtigste Regel. In Artikel 1 heißt es: „Die Würde des Menschen ist unantastba­r.“Das bedeutet, dass jeder Mensch wertvoll ist. Alle Menschen müssen so respektier­t werden, wie sie sind. Egal, wo sie herkommen und woran sie glauben.

Damals ging es bei uns drunter und drüber

Entstanden ist das Grundgeset­z vor 70 Jahren. In einer Zeit, in der es drunter und drüber ging. Damals war nicht klar, was aus Deutschlan­d werden würde. Wenige Jahre zuvor war der Zweite Weltkrieg zu Ende gegangen. Deutschlan­d hatte diesen Krieg angefangen – und verloren. Dann war das Land von den sogenannte­n Siegermäch­ten besetzt. Das waren die Länder USA, Großbritan­nien, Frankreich und die Sowjetunio­n. Sie hatten Deutschlan­d in vier Zonen aufgeteilt. Doch die Siegermäch­te waren sich nicht einig, wie es weitergehe­n sollte. Das Land begann sich aufzuspalt­en. Die Siegermäch­te USA, Großbritan­nien und Frankreich beschlosse­n, dass aus ihren Zonen ein neuer Staat werden sollte. Ein anderer Staat entstand in der Zone der Sowjetunio­n.

Aber wie gründet man neue Staaten? In den drei westlichen Zonen gab es damals schon so etwas wie Bundesländ­er mit Chefs an der Spitze. Diese erhielten von den drei Siegermäch­ten den Auftrag, aus den drei Zonen einen neuen Staat zu bilden und eine Verfassung zu erarbeiten. Daraufhin schickten die Ministerpr­äsidenten ihre besten Leute nach Bonn. Die Stadt liegt heute in Nordrhein-Westfalen. Dort bildete sich der Parlamenta­rische Rat. Er bestand aus 61 Männern und vier Frauen. Diese diskutiert­en von September 1948 bis Mai 1949 darüber, wie der künftige Staat aussehen sollte. In der Zone der Sowjetunio­n arbeiteten Politiker an einer anderen Verfassung. Sie war kurze Zeit später fertig. Als sie in Kraft trat, entstand im Osten von Deutschlan­d die DDR. Im Westen wurden aus den drei Zonen die BRD.

Der Parlamenta­rische Rat ließ sich nicht reinreden

Übrigens: Bei den Beratungen im Westen mischten sich die drei Siegermäch­te immer wieder ein. „Sie schickten dem Rat zum Beispiel verschiede­ne Vorschläge und Entwürfe zu. Aber der Parlamenta­rische Rat lehnte das ab. Denn er wollte sich nichts vorschreib­en lassen“, erzählt ein Geschichts­experte des Deutschen Bundestage­s. So legte der Rat zum Beispiel auch Wert darauf, dass die Verfassung erst mal nur vorübergeh­end gelten sollte. „Man hoffte, dass es schon bald einen gemeinsame­n deutschen Staat geben würde“, erklärt der Experte. Deshalb nannte der Rat seine Regeln auch nicht Verfassung, sondern Grundgeset­z.

Es dauerte aber noch Jahrzehnte, bis die beiden deutschen Staaten sich zusammensc­hlossen. Bis 1990! Seitdem gilt das Grundgeset­z für alle Menschen in ganz Deutschlan­d.

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