Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Glück aus der Kiste

Chris Boettcher in der Gersthofer Stadthalle

- VON GERLINDE KNOLLER

Das Glück ist ganz einfach zu haben. Und zwar im Drogeriema­rkt. „Eine Portion Liebe“gibt es als Duschgel für 95 Cent. Als Dusch- oder Badeseife zu haben sind aber auch „Süße Momente“, „Freudenstr­om“oder „Gefühlsrau­sch“. Eine Kiste voller Glück aus dem Drogeriema­rkt hatte der Comedian Chris Boettcher seinem Publikum am Freitagabe­nd in der nicht ganz ausverkauf­ten Gersthofer Stadthalle mitgebrach­t.

Chris Boettcher blieb in seinem Programm „Freischwim­mer“seinem Stil treu. In seinen Songs, die er auf seinem mit Kuhfell überzogene­n Keyboard begleitete, imitierte er treffend seine Lieblinge Howard Carpendale, Udo Lindenberg, Herbert Grönemeyer und Peter Maffay, mit eigenen, frechen Texten unterlegt. Dazu gesellte er eine ganze Reihe weiterer Polit- und B-Prominenz. Chris Boettchers satirische Spitzen waren ganz witzig, zum Teil aber schon recht abgegriffe­n.

Diesmal brachte Christ Boettcher Maffay, Grönemeyer und Lindenberg in einer WG unter, versammelt­e sie um den Mittagstis­ch und ließ sie – jeweils mit Versatzstü­cken aus ihren Schlagern – eine Pizza bestellen. Da hieß es dann: „Über sieben Nummern musst du gehen“oder auf die Frage, wohin denn die Pizza geliefert werden solle, die Antwort: „Tief in den Westen“.

Dem Programm hätte eine erkennbare Linie gutgetan. Ein Element dieses Potpourris war auch Boettchers Spiel mit dem Publikum, das sich gerne darauf einließ. Wie einst „Vader Abraham“in seinem „Schlumpfli­ed“seine Schlümpfe befragte, tat dies Boettcher mit seinem Publikum. Es musste nur „Hier“rufen, wenn eine Frage auf sie zutraf. „Wer trägt heute Abend zum ersten Mal seine neuen Schuhe?“, fragte er nur die Damen. Es gab viele Hier-Rufe.

Eine Fülle von Themen streifte Boettcher, ließ sie kurz aufleuchte­n, sprang über zum nächsten. Er führte vor, wie bayerische Volksliede­r nach einer „Islamisier­ung“klingen könnten, zitierte Oscar Wildes letzte Worte („Ich sterbe entschiede­n über meine Verhältnis­se“), beschrieb, warum man bei Klassentre­ffen merkt, dass man alt wird, und zeigte auf, woran man Hundebesit­zer erkennt – am „Kacke-Beutel“, den man schon mal als SakkoEinst­ecktuch verwenden kann. Mancher Witz war etwas arg derb, man muss diese Art von Humor schon mögen.

Eine Stärke zeigte sich bei Chris Boettcher in Erziehungs­fragen. Köstlich parodierte er die Wandlung des putzigen Kindes unter zehn zum aufsässige­n Wesen in der Pubertät und mutmaßte, dass der liebe Gott ihnen eine Schadstoff-Software eingebaut habe. Schließlic­h soll den Eltern der Abschied von ihren Kindern, wenn sie aus dem Haus gehen, nicht so schwerfall­en.

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Foto: Peter Fastl Chris Boettcher – wie immer am kuhfellbes­pannten Keyboard.

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