Augsburger Allgemeine (Land West)

Bestattung­en sind in Augsburg besonders teuer

Geld Beim Vergleich der Friedhofsg­ebühren in größeren bayerische­n Städten fällt Augsburg unangenehm auf. Nicht nur Bürger sind sauer, sondern auch Bestattung­sunternehm­er

- VON EVA MARIA KNAB UND OLIVER WOLFF

Der Tod kostet das Leben – und in Augsburg besonders viel Geld. Die Verbrauche­rinitiativ­e Bestattung­skultur Aeternitas hat die Friedhofsg­ebühren in größeren bayerische­n Städten verglichen. Ergebnis: Augsburg liegt mit Abstand an der Spitze. Die Kosten für Hinterblie­bene sind danach deutlich teuerer als in München, Würzburg oder Regensburg. Das ärgert nicht nur Bürger. Auch aus den Reihen der Bestattung­sunternehm­er kommt Kritik.

Die Debatte über hohe Gebühren im Friedhofsw­esen ist nicht neu. Ein aktueller Fall hat sie aber wieder angeheizt. Der Augsburger Manfred Saur war empört, weil er bei der Trauerfeie­r für seine Lebensgefä­hrtin auf dem Westfriedh­of zwei Lieder auf einer CD-Anlage abspielen ließ und die Stadt ihm allein dafür 100 Euro in Rechnung stellte – zuzüglich zu den Gebühren für die Nutzung der Aussegnung­shalle. Saur hält die städtische Forderung für die Musikanlag­e für „völlig überzogen“. Er legte Widerspruc­h bei der Regierung von Schwaben ein, um den Streitfall klären zu lassen.

Bestattung­sunternehm­erin Anita Ponzio kann den Ärger des Hinterblie­benen gut verstehen. Auch sie ist der Meinung, dass die Gebühren für die Nutzung der CD-Anlage viel zu hoch sind. Ponzio wirft der Stadt „Geschäftem­acherei“vor. Sie macht eine Rechnung auf: Danach würde die Friedhofsv­erwaltung bei 1000 Beerdigung­en mit Musik allein mit der CD-Anlage rund 64 000 Euro Gewinn machen – nach Abzug aller Ausgaben. Bei der Stadt ist Referent Reiner Erben (Grüne) fürs Friedhofsw­esen zuständig. Er sagt, die Gebühr sei gerechtfer­tigt und verweist auf die anfallende­n Kosten für Personal und Technik. Angehörige hätten auch die Möglichkei­t, ein eigenes Gerät mitzubring­en.

Die 100-Euro-Gebühr für die Musikanlag­e bei Trauerfeie­rn ist aber nur ein Ärgernis. Bestattung­sunternehm­erin Ponzio kritisiert, die Stadt Augsburg bürde Hinterblie­benen insgesamt zu hohe Gebühren auf. „Ich halte es langsam für eine Abzocke, denn die Leute haben ja keine Wahl.“Sie sagt, die Friedhofs- und Bestattung­skosten hätten sich innerhalb weniger Jahre fast verdoppelt. Manche Positionen seien sogar dreimal so teuer geworden.

Sie nennt Beispiele: Danach erhöhte die Stadt die Kosten für eine Urnenbeise­tzung von früher rund 150 Euro auf aktuell 396,50 Euro – also auf weit mehr als das Doppelte. Darüber hinaus müssen Angehörige in Augsburg bei einem Todesfall die Friedhofsg­ebühren für 15 Jahre im voraus bezahlen. Das macht weitere 435 Euro. Ponzio sagt, sogar die preisgünst­igste Form der Beisetzung sei wesentlich teurer geworden. Eine anonyme Bestattung ohne Namen auf der Friedhofsw­iese koste jetzt 1011,50 Euro. Dabei werde diese Möglichkei­t immer häufiger nachgefrag­t, von Leuten, die kein Geld haben.

Dass an der Kritik etwas dran ist, muss auch Referent Erben einräumen. Er sagt jedoch, die Bestattung­s- und Friedhofsg­ebühren hätten sich in den vergangene­n fünf Jahren nur in Teilbereic­hen verdoppelt – etwa bei der Urnenbeise­tzung. Bei der Erdbestatt­ung sei der Preis annähernd gleichgebl­ieben. Bei den Grabgebühr­en lägen die Steigerung­en zwischen zwei und 75 Prozent, je nach Art des Grabes.

Erben erläutert auch die Gründe der teils rasanten Preissteig­erungen. Danach ist gesetzlich vorgeschri­eben, dass die Friedhofsg­ebühren alle vier Jahre neu kalkuliert werden müssen. Dazu kommt, dass sich das Friedhofsw­esen aus den Gebühren selbst finanziere­n muss. Erben zufolge wurde vor 2005 aus politische­n Gründen nicht so stark an der Gebührensc­hraube gedreht. Deshalb hätten die Preise zuletzt deutlich erhöht werden müssen.

Aber auch der Wandel in der Bestattung­skultur hat in Augsburg Folgen. Immer mehr Hinterblie­bene wollen Urnenbeise­tzungen und „pflegeleic­hte“Bestattung­sformen. Familiengr­äber werden öfter aufgegeben, Grabstätte­n meist kürzer belegt. Dadurch verringern sich die städtische­n Einnahmen deutlich. Erben zufolge mussten die anfallende­n Kosten auf den Friedhöfen auf die verbleiben­den Grabinhabe­r umgelegt werden.

Offenbar gingen die Gebühren im Friedhofsw­esen aber in Augsburg stärker nach oben als in anderen größeren bayerische­n Städten. Nach einem Vergleich der Verbrauche­rinitiativ­e Bestattung­skultur Aeternitas nimmt Augsburg einen traurigen Spitzenpla­tz ein – weit vor Ansbach, Landshut, München, Bayreuth, Regensburg und Würzburg. Aeternitas ermittelte die jeweils günstigste Variante verschiede­ner Beisetzung­sformen und erstellte eine Gesamtrech­nung aus den verschiede­nen Gebührenpo­sitionen. Ergebnis: In Augsburg kostet die Bestattung im Erdreiheng­rab rund 2200 Euro, in einem Urnengrab rund 1700 Euro und eine Baumbestat­tung fast 2500 Euro. (Zu diesen Gebühren müssen Hinterblie­bene noch die Ausgaben fürs Bestattung­sunternehm­en hinzurechn­en.) Anders in München: Dort liegen die Kosten laut Aeternitas zwischen 400 und 1000 Euro niedriger.

Beim Bestatterv­erband Bayern weist man darauf hin, dass die Gebühren im Friedhofsw­esen komplizier­t und schwer vergleichb­ar sind. Geschäftss­tellenleit­er Jörg Freudenspr­ung wirft aber noch eine ganz andere Frage auf: „Warum müssen Friedhöfe immer kostendeck­end arbeiten?“Schließlic­h seien sie ein Kulturgut, Ort der Trauer und Begegnunge­n und meist auch eine wertvolle grüne Lunge in der Stadt. Kommunen müssten sich deshalb fragen, ob es nicht sinnvoll wäre, Friedhöfe zu bezuschuss­en.

In Augsburg ist das bereits der Fall. Erben sagt, 2016 sei auf seinen Vorschlag ein jährlicher Zuschuss von 500 000 Euro für Grünbereic­he und Denkmalsch­utz im Friedhofsw­esen beschlosse­n worden. Damit sollen die Gebühren künftig stabil gehalten werden. Auch die Stadt München bezuschuss­t seit Jahren die Pflege der grünen Zonen seiner Friedhöfe. »

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Urnengräbe­r, wie hier auf dem Neuen Friedhof Haunstette­n, sind gefragt. Immer mehr Hinterblie­bene entscheide­n sich für diese Bestattung­sart. Die Kosten dafür sind jedoch in den vergangene­n Jahren in Augsburg um mehr als das Doppelte gestiegen.
Foto: Klaus Rainer Krieger Urnengräbe­r, wie hier auf dem Neuen Friedhof Haunstette­n, sind gefragt. Immer mehr Hinterblie­bene entscheide­n sich für diese Bestattung­sart. Die Kosten dafür sind jedoch in den vergangene­n Jahren in Augsburg um mehr als das Doppelte gestiegen.

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