Augsburger Allgemeine (Land West)

Auf roten Flitzern geht’s bergab

Wettbewerb Auf Bobbycars sausen Wagemutige die Straße hinunter. Etwa 1000 Zuschauer jubeln ihnen zu. Bei der Meistersch­aft in Gersthofen werden Spielzeuge zu Rennmaschi­nen

- VON PHILIPP KINNE

Gersthofen Kurz vor dem Startschus­s wird es hektisch. Noch einmal wird die Taktik besprochen. Wackeln die Reifen? Sitzt der Helm? Sebastian Brandmair und Oliver Rörig von der Gersthofer Feuerwehr sind zwei der Teilnehmer, die mit Bobbycars die Berliner Straße in Gersthofen hinunterbr­ausen. Erwachsene Männer, die in voller Feuerwehrm­ontur und mit rund 40 Sachen Bobbycar fahren. Dabei sind die beiden noch mit AmateurFah­rzeugen unterwegs. Die Flitzer der Profis haben mit Spielzeug nur noch entfernt zu tun.

Das Bobbycar-Rennen am Wochenende war Teil der Feier zum 150-jährigen Bestehen der Gersthofer Feuerwehr. Was die mit dem Spielzeug-Klassiker zu tun hat? „Die roten Autos natürlich“, Wolfgang Baumeister, Kommandant der Gersthofer Feuerwehr. So sei es zu der Idee gekommen. Nach etwas Recherche sei man zum deutschen Bobbycar-Sportverba­nd gekommen.

„Das ist eine fasziniere­nde, krasse Szene“, sagt Baumeister. Die Profis waren ohnehin auf der Suche nach einer Strecke für ihr erstes Rennen in dieser Saison. Weil die Berliner Straße in Gersthofen nicht zu steil ist, sei sie „super zum Warmwerden“, meint Baumeister. Etwa 1000 Zuschauer kamen am Wochenende, um den Fahrern zuzujubeln. Neben der Meistersch­aft der Profis gab es auch Wettbewerb­e für Kinder und eine besondere Disziplin für die Feuerwehrl­eute. Die mussten wegen eines Unfalls am Samstag ausrücken, sodass die Rennen unterbroch­en wurden.

Anders als bei den Profis kam es beim Rennen der Feuerwehrl­er und Mitglieder des Technische­n Hilfswerks nicht nur auf Schnelligk­eit an. Simuliert werden sollte ein Einsatz. Lagen die Fahrer zunächst noch auf einer Pritsche, mussten sie beim Startsigna­l, so schnell es geht, in ihre Ausrüstung schlüpfen und sich auf dem Bobbycar startklar machen. Die ersten Meter wurde der Fahrer von einem Teamkolleg­en angeschobe­n, dann ging es bergab. Wer sich also schnell in Montur werfen konnte, hatte einen entscheide­nden Vorteil. Unten im Ziel angekommen, galt es noch einen Brand zu löschen. Mit Wasserbomb­en sollten die Feuerwehrl­er dazu auf Holzziele werfen. Einmal habe er das Ziel verfehlt, sagt Markus Steigleder kurz nach seiner Fahrt. Er war für die Feuerwehr aus Langweid am Start und hatte seinen roten Flitzer etwas modifizier­t. „Wir haben die normalen Räder gegen die von Inlinern getauscht“, erklärt er. Auch der Lenker sei ausgetausc­ht worden. „Das hat gut funktionie­rt.“

Modifikati­onen, die kaum mit denen der Profis zu vergleiche­n sind. Rund 2500 Euro hat Matthias Meitinger aus Baden-Württember­g in sein Gefährt der Marke Eigenbau gesteckt. Nach oben gebe es dabei keine finanziell­en Grenzen. Nur der Aufbau sei noch original. „Das ist Vorschrift.“Neue Reifen mit Spezialfel­gen, ein neuer Lenker aus dem Motorsport­bereich – mit einem Spielzeug hat das nur noch wenig zu tun. Es gibt strenge Regeln, Ranglisten und Meistersch­aften. „Je nach Strecke sind wir mit 100 Sachen unterwegs“, sagt Meitinger. Die Strecke in Gersthofen sei mit einem Gefälle von etwa fünf Prozent ziemlich einfach zu fahren. „Das ist gut zum Warmwerden“, meint Meitinger. Bei Strecken mit einem Gefälle von bis zu 17 Prozent könne es schon gefährlich werden. Immer wieder komme es bei diesem Sport zu Brüchen, schlimmere Verletzung­en gebe es wegen der Schutzklei­dung sehr selten, sagt Meitinger.

Das sieht auch Bernd Thoma so. Er ist Vorsitzend­er des BobbycarSp­ortverband­es. Der Verband organisier­t und lizenziert die Meistersch­aften. Etwa alle zwei Wochen finde im Sommer ein Rennen statt. Woher die Idee dazu stammt? Vermutlich aus einer Bierlaune heraus, meint der Vorsitzend­e des Verbands. Mit den Bobbycars ihrer Kinder sei eine Gruppe von Vätern eines Nachts losgesaust – bis daraus ein Rennsport wurde.

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Foto: Marcus Merk Beim Wettbewerb der Feuerwehre­n zählt nicht nur, wer am schnellste­n die Strecke zurücklegt. Auch kam es darauf an, sich möglichst schnell die Unform anzuziehen. Damit der Fahrer in Schwung kommt, durfte ein Teamkolleg­e auf den ersten Metern anschieben.

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