Augsburger Allgemeine (Land West)

Helle Freude und nackte Enttäuschu­ng

Fußball-Nachlese Zum Saisonende kochen die Emotionen bei Meistertra­inern und Absteigern hoch

- VON OLIVER REISER

Landkreis Lediglich vier Flaschen Sekt hatte der TSV Täfertinge­n mit nach Ehingen gebracht. Dabei war klar, dass der Spitzenrei­ter der Kreisklass­e Nordwest im Falle eines Sieges vom Verfolger SV Thierhaupt­en nicht mehr einzuholen sein würde. Im direkten Vergleich hätten die Täfertinge­r bei Punktgleic­hheit aufgrund der Europapoka­lArithmeti­k die Nase vorne gehabt, weil sie beim 3:3 in Thierhaupt­en mehr Auswärtsto­re erzielt hatten, als der SVT beim 1:1 in Täfertinge­n. „Wir haben schon gefeiert, aber nicht relevant. Das machen wir erst so richtig nächste Woche beim letzten Heimspiel“, zeigte sich Sportdirek­tor Günther Stempfle als Partymuffe­l. Während er schon um elf Uhr zu Hause war, ließen es die Spieler allerdings noch anständig krachen. Einige sollen sogar im Sportheim übernachte­t haben.

Für den TSV Täfertinge­n war es eine Meistersch­aft mit Ansage. „Keine Kampfansag­e“, wie Stempfle betont. „Wenn wir es packen, ist es recht, wenn nicht, macht es auch nichts“, sollten die Seinen in erster Linie Spaß haben. „Aber wir wussten natürlich schon, dass die Truppe stark genug ist, den Aufstieg zu schaffen.“Zusammenge­stellt wurde sie auch von Antonio Cuevas. „Er hat ein verdammt gutes Netzwerk“, sagt Stempfle über seinen Coach. Während der Saison sei das Team mehr und mehr zu einer Mannschaft zusammenge­wachsen, es habe keine Grüppchen gegeben. „Das war der Schlüssel zum Erfolg“, so Günther Stempfle. Natürlich lag es aber auch an der Treffsiche­rheit von Marco Villani, der mittlerwei­le 32 Tore eingenetzt hat.

Der Abteilungs­leiter träumt von einem Stadtderby

„Wir werden einen Teufel tun und jetzt vier, fünf Spieler holen“, blickt der langgedien­te Täfertinge­r Fußball-Boss voraus. Für die kommende Saison rechnet er auch wieder mit dem kickenden Co-Trainer Giuliano Manno, der lange verletzt und krank war, im letzten Spiel aber mit einem Hattrick innerhalb von vier Minuten glänzte. Erster Neuzugang ist Paul Stickroth. Der 19-Jährige, der ein dreivierte­l Jahr ausgesetzt hat, kommt von den A-Junioren des TSV Gersthofen. An weiteren jungen Neuzugänge­n ist man dran. Jetzt hofft man nur noch, in die Augsburger und nicht in die Ost-Kreisliga eingeteilt zu werden, denn so Stempfle, „ein Derby gegen den TSV Neusäß wäre ein Traum. Aber wir nehmen’s, wie’s kommt. Kann ja auch sein, dass Neusäß aufsteigt.“

Den dritten Aufstieg in Folge konnte am Sonntag Dominik Bröll bejubeln. Zuletzt war er zweimal mit dem SV Erlingen nach oben geklettert, jetzt hat er dieses Kunststück mit dem TSV Fischach in der A-Klasse Süd geschafft. „Die erste Meistersch­aft als Trainer war cool, aber die in Fischach war die bisher emotionals­te“, gibt der 32-Jährige Einblicke in sein Seelenlebe­n: „Als es vorbei war, habe ich auf der Bank gesessen und erst mal ein paar Tränchen vergossen.“Nach einer SuperVorru­nde, zu der Dominik Bröll 28 Treffer beigetrage­n, hatte man viele Verletzte zu beklagen. Während der eigene Motor stotterte, kam der Verfolger TSV Walkertsho­fen immer näher heran. „Wenn 38 Tore wegfallen, ist es schwer, dies zu kompensier­en“, verweist Bröll auch auf den Ausfall von Andreas Frank, der 2018 zehnmal getroffen hatte. „Aber wir haben das trotzdem souverän gelöst.“

Fischacher Urgestein wird Co-Trainer in Ustersbach

Nur nicht in Walkertsho­fen. Es ärgert Bröll, der vor Saisonbegi­nn seinen Freund Markus Batzer und seinen Bruder Markus nach Fischach lotste, dass man den Titel nach einer Niederlage feiern musste. „Es war erschrecke­nd, wie aggressiv der Gegner zu Werke gegangen ist. Die wollten uns kaputt treten“, berichtet Dominik Bröll. „Dafür haben wir ein Tor geschossen, dass keines war“, lacht der Coach, den die Meistersch­aft besonders für die Fischer freut, die schon in schlechten Tagen dabei waren. Einige davon waren noch am Tag unterwegs.

Einer von ihnen ist Dominik Schubert, der den Ball per Bauernspit­z zum 1:1 ins Tor beförderte, nachdem der Schiedsric­hter während einer Ecke abgepfiffe­n hatte. Schubert, der mit wichtigen Toren der Spieler der Rückrunde war, ist bisher der einzige Abgang. Der 31-Jährige Ur-Fischacher wechselt als spielender Co-Trainer zum TSV Ustersbach und freut sich schon auf die Derbys gegen seinen Heimatvere­in oder den SSV Gessertsha­usen oder den SSV Margertsha­usen.

Die Grün-Weißen vom Hungerberg hat es am dramatisch verlaufene­n letzten Spieltag erwischt. Nach einer 0:4-Niederlage gegen den bärenstark­en TSV Schwabmünc­hen II, der seine Reserve mit etlichen Jugendspie­lern aus der Bayernliga­Mannschaft aufgebreze­lt hatte. Eine durchaus gängige Methode bei zweiten Mannschaft­en, wie sie auch der TSV Meitingen im Kampf um den Klassenerh­alt in der Kreisklass­e Nordwest praktizier­t. Gemäß der Spielordnu­ng des BFV ist das alles zwar regelkonfo­rm, doch es bleibt ein fader Beigeschma­ck der Wettbewerb­sverzerrun­g.

Verbale Attacken gegen den TSV Zusmarshau­sen

Des einen Leid, des anderen Freud’. Mit der letzten Patrone hat der TSV Zusmarshau­sen eine völlig verkorkste Saison noch zum Guten gewendet. Der 2:1-Erfolg bei Suryoye Augsburg bedeutete den Klassenerh­alt in letzten Minute. „Wir sind mit einem blauen Auge davongekom­men. Aber ich habe immer fest daran geglaubt“, sagt Teammanage­r Mattias Voss. „Der Wille und der Glaube waren immer da.“Doch so richtig darüber freuen traute man sich nach dem „Lucky Punch“durch Marco Steinle zum 2:0 fast nicht. „Mit was wir alles verbal tituliert worden sind, das gehört nicht auf den Fußballpla­tz“, berichtet Voss. „Wir haben deshalb schnell geduscht, sind nach Hause gefahren und haben dort gefeiert.“

Nachdem mit Reinhardt Brachert ein ehemaliger Trainer als Sportliche­r Leiter nach Zusmarshau­sen kommt, wird Matthias Voss in der kommenden Saison wieder als Torwarttra­iner arbeiten. Allerdings nicht mehr mit Michael Reissner. Der Keeper der Zweiten verabschie­det sich nach 15 Jahren im grün-weißen Dress zum KreisligaR­eleganten SSV Neumünster.

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Foto: Karin Tautz Einen Extraschlu­ck Meistersek­t gab es für Giuliano Manno vom TSV Täfertinge­n, der beim 5:0-Sieg in Ehingen einen Hattrick innerhalb von vier Minuten erzielt hat.
 ?? Foto: Sonja Birling ?? Fischachs Spielführe­r Simon Peter präsentier­t die Meistersch­ale, die Trainer Dominik Bröll noch aus Erlinger Zeiten in Besitz hatte und umgestalte­t hat.
Foto: Sonja Birling Fischachs Spielführe­r Simon Peter präsentier­t die Meistersch­ale, die Trainer Dominik Bröll noch aus Erlinger Zeiten in Besitz hatte und umgestalte­t hat.
 ?? Foto: Marcus Merk ?? Trost von seinem Sohn Leo erhielt Margertsha­usens spielender Co-Trainer Max Reiser, nachdem der Abstieg des SSV besiegelt war.
Foto: Marcus Merk Trost von seinem Sohn Leo erhielt Margertsha­usens spielender Co-Trainer Max Reiser, nachdem der Abstieg des SSV besiegelt war.
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