Augsburger Allgemeine (Land West)
Wie Adelsried vor 100 Jahren aussah
Vortrag Bezirksheimatpfleger Peter Fassl nimmt seine Zuhörer mit auf eine Zeitreise. Er erklärt, was in der Gemeinde um 1900 los war und wie sich das Leben verändert hat. Im Mittelpunkt stehen auch Berufe, die es längst nicht mehr gibt
Adelsried Auf eine Zeitreise durch die ländliche Welt von Adelsried hat Bezirksheimatpfleger Peter Fassl die Zuhörer bei einem Vortrag mitgenommen. Die von Friedrich Geiger organisierte Reihe anlässlich des Jubiläums Adelsried Eintausend geht damit in die dritte Runde.
Anhand der Aufnahme vom Hof der Familie Stegherr ging Peter Fassl auf das häusliche Zusammenleben von Mann und Frau in den eher ärmlichen bäuerlichen Verhältnissen ein. Erst wenn diese geklärt waren, konnte geheiratet werden. Die Eheschließung war eine wirtschaftliche Basis, erklärte er. Daher habe man auch sehr spät – im Schnitt mit 35 Jahren – geheiratet.
Bis in die jüngste Vergangenheit war der Fleischkonsum ein Gradmesser für Wohlstand oder Not. Die alten Bauern, die ihren Hof an ihre Kinder übergeben haben, bekamen im Jahr unter anderem 40 Pfund Schweinefleisch. Die Hauptnahrung bestand aus Milch, Getreide und Gemüse, das selbst angebaut wurde. Fleisch hingegen gab es oftmals nur an den hohen christlichen Festtagen. Vom Ertrag ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit konnte die normale Bauernfamilie allerdings nicht leben. Sie mussten ihren Lebensstandard als Köhler und mit Holzhandel aufbessern.
Handwerk war nicht gleich Handwerk: Insbesondere die Berufe im Nahrungsmittelgewerbe wie Brauer, Metzger, Bäcker und Wirte zählten früher zum einkommensstarken Gewerbe. Schuster, Schneider oder Schreiner wurden hingegen nicht gut bezahlt. Die bedeutendsten handwerklichen Produkte waren im textilen Bereich zu finden, wie der Bezirksheimatpfleger ausführte. So verzeichnete der Raum Augsburg 1810 zum Beispiel neben 212 Webern, 89 Schneider, 98 Schuster, 81 Branntweinbrauer, 56 Metzger und 23 Töpfer. In den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts ist das Handwerk dann langsam verschwunden.
Einen großen Raum nahmen die Wirtshäuser ein. Sie waren Treffpunkt der Dorfgemeinschaft, oft mit Brauerei, Metzgerei und mit Beherbergung verbunden. Angeschlossen war zumeist ein Hopfengarten für die eigene Brauerei. In den Gaststätten galten strenge Regeln. Sie durften nicht länger als bis 21 Uhr geöffnet haben. Alle Feste und Feierlichkeiten wurden im Wirtshaus abgehalten, sogar Rechtsgeschäfte und Gerichtsverhandlungen. Erst viel später kam dann eine Theaterbühne oder ein Kino hinzu. Als große Ereignisse im gesellschaftlichen Leben galten früher Prozessionen und Bittgänge.
Wie schnelllebig die Zeit ist, konnte der Zuhörer anhand eines Beispiels erfahren: Erst ab den 1950er-Jahren gab es Wohnungen, die mit einem Badezimmer ausgestattet waren. Manch einer mag sich erinnern: Samstag ist Badetag. Peter Fassl spannte mit seinen Ausführungen einen großen Bogen zur Geschichte der agrarischen Welt in der Region.
Er präsentierte seinen interessanten Vortrag mit viel Augenmerk für Details. So konnten die Zuhörer viel über die Entwicklung ihres Ortes erfahren.