Augsburger Allgemeine (Land West)
Immobilienriese kauft sich in Neusäß ein
Immobilienmarkt Die Firma bpd sichert sich ein Grundstück in der Mitte der Stadt. Doch es liegt mitten im Gewerbegebiet. Neue Wohnungen kommen deshalb wohl nicht so schnell
Der Immobilienriese bpd sichert sich ein Grundstück in der Neusässer Mitte. Doch gebaut wird noch nicht.
Neusäß Der Wohnungsmarkt in Neusäß wird jetzt auch für die ganz Großen der Branche interessant: Die Immobilienentwicklungsgesellschaft bpd hat bereits vor Monaten das Gelände der ehemaligen AS Rohrleitungsbau-Gesellschaft im Gewerbegebiet Neusäß-Mitte gekauft. Und der neue Eigentümer scheint genau dort ansetzen zu wollen, wo Ralf und Edwin Ferhadbegovic aus der ehemaligen Eigentümergruppe aufgehört haben, nämlich mit einem Zusammenschluss der Grundstücksbesitzer im Gewerbegebiet Neusäß-Mitte, die sich eine andere Entwicklung für das Quartier vorstellen als die Stadt Neusäß. In wenigen Wochen soll ein Treffen stattfinden, wie aus einem Schreiben an die benachbarten Eigentümer, das in der Redaktion vorliegt, hervorgeht. Die Firma bpd wollte gestern nicht mit unserer Redaktion sprechen.
Hintergrund ist das derzeit laufende Verfahren zur Erneuerung des Flächennutzungsplans in Neusäß. So ist es der Wille der Mehrheit im Stadtrat, das Gewerbegebiet Neusäß-Mitte zunächst so zu erhalten, wie es heute ist. Das bedeutet: Die dort ansässigen Firmen können an Ort und Stelle bleiben und produzieren, wie sie das heute auch tun. „Das Bestandsgewerbe darf und soll nicht gefährdet werden“, macht Bürgermeister Richard Greiner klar.
Das steht jedoch wohl den Interessen der Gesellschaft bpd entgegen. In einem Schreiben an ihre neuen Nachbarn heißt es: „Ziel des Ankaufs der Liegenschaft Diesel-/ Siemens-/Benzstraße war und ist die Entwicklung eines Mischgebiets oder eines urbanen Gebiets zur Entwicklung von Wohn- und Gewerbeflächen und damit eine Steigerung der Qualität und der Attraktivität des Quartiers auch im Hinblick auf hochwertige Arbeitsplätze vor Ort.“Das Unternehmen bpd ist in ganz Deutschland vor allem im erschwinglichen Wohnungsbau tätig und hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr 2117 Einheiten vermarktet bei einem Umsatz von rund 634 Millionen Euro und gehört zu den drei Größten ihrer Branche in Deutschland. Hinter der Firma steht die niederländische Rabobank.
Bei dem Treffen mit den anliegenden Grundstückseigentümern soll ausgelotet werden, wie dort das Interesse an einer Entwicklung in eine andere Richtung, also mit verstärktem Wohnungsbau in dem ist. Im Rahmen der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans soll dann eine entsprechende Entwicklung angestoßen und gemeinsam mit der Stadt Neusäß vorangetrieben werden, heißt es in einem Schreiben von bpd an die Grundstückseigentümer.
Denn um in dem zentral gelegenen Viertel Wohnungen bauen zu können, geht es zunächst einmal um Bürokratisches: In einem Gewerbegebiet ist Wohnungsbau nicht möglich. Anders wäre das in einem Mischgebiet oder einem urbanen Gebiet, einer neuen Form des Wohnbaus. Auch hier teilen sich Wohn- und vor allem Bürohäuser ein Viertel.
Bereits im vergangenen Jahr hatte sich Edwin Ferhadbegovic aus der ehemaligen Eigentümerfamilie mehrmals öffentlich für die Umwandlung des Gewerbegebiets zu solch einer gemischten Nutzung eingesetzt, etwa auf einer Bürgerversammlung in Steppach. Er ist nicht allein: Auch Immobilienmakler Maurizio Siniscalchi hatte vor Kurzem auf die Vorteile einer gemischten Nutzung hingewiesen. Er schätzt, dass auf den zwei Hektar Fläche der ehemaligen AS Rohrleitungsbau zwischen Siemens-, Benz und Dieselstraße leicht 150 Wohnungen entstehen könnten.
Bürgermeister Richard Greiner ist jedoch dafür, einen Schritt nach dem anderen zu machen. So stehe nach der Analyse der BeratungsgeViertel sellschaft CIMA zu Beginn der Erhalt des Gewerbegebiets im neuen Flächennutzungsplan. „Danach können wir aber auch zeitnah in eine Rahmenplanung einsteigen“, sagt er. Das bedeutet: Es ist durchaus möglich, dass für einige Straßenzüge in Neusäß-Mitte über eine gemischte Nutzung nachgedacht werden kann. „Unser Ziel ist die qualitative Aufwertung des Viertels“, so Greiner.
Bei der Entwicklung keine Rolle mehr spielen wird die Firma AS Rohrleitungsbau. Wie berichtet, hat das Unternehmen vor einiger Zeit Insolvenz angemeldet. Das Verfahren laufe weiter, so die zuständige Pressesprecherin des Amtsgerichts, Andrea Laser. Bei einem Berichtstermin vor wenigen Wochen wurden nun die angemeldeten Forderungen geprüft.
Aus einem Gewerbegebiet soll ein Mischgebiet werden