Augsburger Allgemeine (Land West)
Urteil: Zwei Wirte müssen Geldstrafen zahlen
Justiz Weil Trinkgelder ihrer Mitarbeiter auf Firmenkonten verbucht wurden, werden die Seferi-Brüder verurteilt. Von den ursprünglichen Vorwürfen bleibt am Ende aber nicht viel übrig. Und ein Angeklagter wird freigesprochen
Es waren durchaus schwere Vorwürfe, denen sich drei Gastronomen ausgesetzt sahen. Sie sollten laut Anklage in den Jahren 2014 und 2015 insgesamt gut 40000 Euro Trinkgelder ihrer Mitarbeiter für sich selbst oder die Firmen, die hinter ihren Restaurants stehen, behalten haben. Weit mehr als 1000 Fälle der „veruntreuenden Unterschlagung“listete die Anklage auf, jeweils keine großen Beträge, die sich aber summierten.
Am Ende blieb von den Vorwürfen gegen die Seferi-Brüder aber wenig übrig. Doch manches eben schon. Seit Jahren sind die drei Brüder Ilir, Faton und Fatmir Seferi eine große Nummer in der Gastronomie-Szene Augsburgs, vermutlich sogar die größte Nummer. Zusammen gehört den drei Geschwistern eine beträchtliche Anzahl an Restaurants mit bayerisch-schwäbischer Küche und Lokalitäten in der Stadt: die Kälberhalle, das König von Flandern, Henry’s Coffee, die Zeughausstuben und der Weiße Hase sind Teil der Gastronomie-Betriebe von Faton und Fatmir Seferi, der Gasthof Zum Ochsen und der Haunstetter Hof gehören Ilir Seferi. Bis 2014 waren alle Brüder auch geschäftlich miteinander verbunden.
Dass nun alle drei Brüder gemeinsam vor den Richter mussten, lag an einem System der Trinkgeldumlage, das in ihren Restaurants praktiziert wurde. Bedienungen waren angewiesen worden, einen kleinen Teil des erzielten Tagesumsatzes des jeweiligen Restaurants abzugeben, und zwar aus ihrem Trinkgeld. Es ging um ein Prozent des Umsatzes, den die jeweiligen Mitarbeiter erarbeiteten. Auf diesem Wege sollte unter anderem das Personal in der Küche an den Trinkgeldern beteiligt werden.
Dort kam es aber nicht an, wie Zeugen den ermittelnden Beamten des Zolls schilderten. Auch vor Gericht sagten dies Zeugen so aus. Wobei die Aussagen im Gerichtssaal der ehemaligen und aktuellen Mitarbeiter der Restaurants ein teils diffuses ergaben. Ein Mitarbeiter eines Unternehmens von Faton und Fatmir Seferi räumte etwa ein, Trinkgeld nicht weiter verteilt zu haben, was seine Aufgabe gewesen wäre – sondern „einen Großteil“selbst genommen zu haben. Ein Großteil, wie viel genau? Gänzlich geklärt wurde das im Prozess nicht.
Stattdessen brachte am Ende ein Deal zwischen den Anwälten (Marc Sturm, Werner Ruisinger, Günter Gollmann), Staatsanwalt Markus Eberhard und Richter Roland Fink folgendes Ergebnis: Weite Teile der Anklage wurden eingestellt, für
Faton und Fatmir Seferi lief es auf Geldstrafen hinaus, sollten sie die verbliebenen Vorwürfe zugeben. So kam es auch: Beide räumten die ihnen noch zur Last gelegten Taten ein; dafür gab es Geldstrafen: 15 000 Euro für Fatmir Seferi, 9000 Euro für Faton. Bestraft wurden 188 Fälle der veruntreuenden Unterschlagung; jene Delikte, die sicher feststehen, wie Richter Fink sagte.
Staatsanwalt Eberhard hatte in seinem Plädoyer gesagt, es gehe noch um 2900 Euro Trinkgeld im König von Flandern und 3000 Euro aus der Kälberhalle. Die Beträge stehen nach Ansicht des Gerichtes auch deshalb fest, weil das eingesammelte Trinkgeld auf Konten der Unternehmen verbucht wurde – also nicht etwa bei den Mitarbeitern der Küche landete.
Wie Anwalt Gollmann im Plädoyer sagte, sei Trinkgeld in der Gastronomie immer ein heißes Thema – irgendwann habe man es buchhalteBild risch geregelt, da es so viel Ärger machte. Es sei freilich eine unglückliche Situation für den Wirt, wenn er es vereinnahme, um es zu regeln. Richter Fink sagte im Urteil, es sei ein Fehler der beiden gewesen, sich einzumischen und das Trinkgeld nicht ordnungsgemäß dorthin zu geben, wo es hingehört. Also zu den Mitarbeitern. Beide seien als Geschäftsführer verantwortlich. Strafrechtlich unbedenklich wäre es, sich als Chefs komplett rauszuhalten und zu sagen, das Geld behalte die Bedienung – auch wenn man damit wohl Unfrieden im
Personal schaffe.
Gut möglich, dass die beiden Seferi-Brüder am Ende auch gestanden, um sich weitere Prozesstage zu ersparen; allen drei Angeklagten merkte man an, wie unwohl sie sich im Gerichtssaal fühlten. Er habe zu keinem Zeitpunkt versucht, sich zu bereichern, sagte Fatmir Seferi im letzten Wort. Aber vielleicht seine Aufsichtspflicht verletzt. Nun müsse er damit leben. Er werde das Urteil als Lehre nehmen, sich künftig beim Thema Trinkgeld rauszuhalten, sagte er nach der Verhandlung gegenüber unserer Zeitung.
Gastronom Ilir Seferi hingegen wurde vor Gericht freigesprochen, auch Staatsanwalt Eberhard hatte für ihn einen Freispruch gefordert. Von den Vorwürfen gegen ihn blieb nichts übrig. Das System der Trinkgeldumlage habe er in seinen Restaurants „nie angefasst“, sagte Anwalt Sturm, das Trinkgeld sei stets im Mitarbeiterkreis geblieben. Eine anonyme Anzeige gegen ihn hatte die Ermittlungen ursprünglich angestoßen. Ilir Seferi sagte auf Anfrage, er sei nach dem Freispruch erleichtert. Die größte Strafe für ihn sei es gewesen, überhaupt auf der Anklagebank zu sitzen.