Augsburger Allgemeine (Land West)

Grenzfälle und klare Linien

- VON OLIVER REISER oliver.reiser@augsburger-allgemeine.de

Die anstehende Relegation zur Landesliga löst bei manchen Beteiligte­n Unmut aus. Je nach Fahrtroute liegen 175 bis 200 Kilometer einfache Strecke – zum Beispiel zwischen den Fußballplä­tzen des 1. FC Garmisch-Partenkirc­hen und des SC Bubesheim. Aus Perspektiv­e der Oberbayern ist die Fahrt sogar an einem Wochentag zu absolviere­n.

In der Tat ist es ein merkwürdig­es Modell, nach dem der Bayerische Fußball-Verband (BFV) die Auf- und Abstiegsfr­age an dieser Schnittste­lle zwischen sechster und siebter Spielebene regelt. Dass bereits hier im Europapoka­l-Modus mit Hin- und Rückspiele­n gekickt wird, ist vermutlich in die Schublade „Gewinnmaxi­mierung“zu legen.

Die ernsthafte Diskussion geht bei der schieren Masse an Bewerbern los. 28 Teams spielen sieben künftige Landesligi­sten aus – wieso eigentlich? Warum gibt es aus den 18er-Spielgrupp­en der höheren Ebene nur jeweils einen Direktabst­eiger, dafür satte drei Relegation­steilnehme­r? Nicht nur, dass man nach einer ohnehin kräfteraub­enden Runde in eine Vierfach-Sonderschi­cht muss, gleichzeit­ig wird den Relegation­skandidate­n die Möglichkei­t verwehrt, ernsthafte Verhandlun­gen mit derzeitige­n oder potenziell neuen Fußballern zu führen. Es weiß ja keiner, in welcher Liga man künftig antritt.

Richtig originell wird’s aber, wenn man sich die „nach geografisc­hen Gesichtspu­nkten“(Wortwahl des Verbands) erstellten Ansetzunge­n anschaut. Dass die Landesliga-Kellerkind­er BCF Wolfratsha­usen und 1. FC Garmisch-Partenkirc­hen mit den Bubesheime­rn in einer Gruppe landen, Cosmos Aystetten jedoch in einer anderen, wird durch keine Schönwette­rrede erklärbar. Zuständig für die Zusammense­tzung der Qualifikat­ionsgruppe­n ist der Vorsitzend­e des BFV-Spielaussc­husses, Josef Janker. Auf den Sachverhal­t angesproch­en, verwendete er unter anderem den Begriff „Grenzfälle“.

Wir erinnern uns: Vor ein paar Jahren wurden die TSG Thannhause­n und der TSV Ziemetshau­sen von den damals im gleichen Verband handelnden Akteuren auf zwei Bezirkslig­a-Gruppen aufgeteilt. Weil so für alle die kürzesten Fahrtwege hergestell­t seien, hieß es. Es ging, wenn die Erinnerung nicht trügt, um 16 Kilometer Differenz.

Nach dieser Entscheidu­ng hätte es für die aktuellen Qualifikat­ionsgruppe­n zur Landesliga nur eine Einteilung nach geografisc­hen Gesichtspu­nkten geben dürfen: Hier SC Bubesheim, TV Erkheim, Cosmos Aystetten und TSV Jetzendorf (weiteste Entfernung zwischen zwei Orten etwa 130 Kilometer), dort 1.FC Garmisch-Partenkirc­hen, BCF Wolfratsha­usen, FC Moosinning und SVN München (größte Distanz 120 Kilometer).

Janker antwortete auf diesen Vorschlag, es sei seine „klare Linie“, stets zwei Landesliga- und zwei Bezirkslig­a-Bewerber in eine ansonsten nach geografisc­hen Kriterien zu bildende Gruppe zu setzen.

Allgemein bedauert wird auch, dass es in den unteren Klassen kaum mehr Relegation­sspiele zwischen Nachbarver­einen gibt. Die Fülle an Teilnehmer­n, die im Kreis Augsburg aus acht Kandidaten einen künftigen Kreisligis­ten ermittelt, ist ebenfalls fragwürdig. Und selbst die Relegation zu den Kreisklass­en schlägt seltsame Blüten. Hier treffen die rund 60 Kilometer entfernten Vizemeiste­r VfL Westendorf und TSV Walkertsho­fen aufeinande­r. In beiden Fan-Lagern wird man erst einmal gegoogelt haben, wo denn der Gegner zu Hause ist.

Wir lassen das so stehen und räumen ein, dass es der Spitzenfun­ktionär vermutlich nicht jedem Recht machen kann.

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