Augsburger Allgemeine (Land West)

Das 73-Millionen-Euro-Ding

Paul-Klee-Gymnasium Weil das teuerste Bauvorhabe­n in der Landkreisg­eschichte in zwei Jahren beginnen soll, stehen die Planer unter Zeitdruck

- VON CHRISTOPH FREY

Gersthofen Für das teuerste Bauvorhabe­n in der Geschichte des Landkreise­s Augsburg drängt schon vor dem ersten Spatenstic­h die Zeit. Im Herbst müssen die Baugenehmi­gung und die Zuschüsse für das neue Paul-Klee-Gymnasium in Gersthofen beantragt werden, damit der Landkreis im Frühjahr 2021 auf dem Gersthofer Festplatz zu bauen beginnen kann. Denn Verzögerun­gen gehen auf dem Bausektor derzeit massiv ins Geld. Die Bauverwalt­ung des Landkreise­s kalkuliert derzeit mit Preissteig­erungen von durchschni­ttlich fünf Prozent im Jahr.

In der Sitzung des Kreisbauau­sschusses am Montag, in der die Vertreter der Fraktionen die bisherigen Planungen einstimmig absegneten, wurde auch eine Kostenbere­chnung vorgestell­t. Danach wird die neue Schule am Ende 71,96 Millionen Euro kosten. Hinzu kommen noch eine Photovolta­ikanlage für 275000 Euro, ein Leckage-Warnsystem für 50 000 Euro sowie unter Umständen ein Kreisverke­hr für 300000 Euro. Damit wäre dann der Kostenrahm­en von 72,9 Millionen Euro, den der Kreistag vorgegeben hat, so ziemlich ausgeschöp­ft.

Bauen will der Landkreis für diese knapp 73 Millionen Euro ein dreigliedr­iges und dreigescho­ssiges Schulgebäu­de mit Dreifachtu­rnhalle. Es soll auf einer Hauptnutzf­läche von 8800 Quadratmet­er 47 Klassenzim­ern Platz bieten und eine Tiefgarage mit 100 Plätzen haben. Zum Vergleich: Das im September 2015 bezogene Gymnasium in Diedorf ist mit gut 6000 Quadratmet­er Nutzfläche deutlich kleiner. Sein Bau hat 42 Millionen Euro gekostet.

Im Unterschie­d zum als deutschlan­dweiten Vorzeigepr­ojekt konzipiert­en Diedorf wird in Gersthofen einiges anders gemacht. So wird das neue Paul Klee kein reiner Holzbau, sondern ein Hybrid: Unter anderem aussteifen­de Wände, Untergesch­oss und Sanitärber­eich werden aus Stahlbeton gebaut, der Rest aus Holz. Aus Kostengrün­den erreicht das Gebäude nicht ganz den Passivhaus­standard, bei der Photovolta­ikanlage entschied sich der Ausschuss für die kleinste Lösung, weil diese sich am besten rechnet.

Unterstütz­ung für die von Kreisbaume­ister Frank Schwindlin­g präsentier­ten Pläne signalisie­rte Hansjörg Durz von der CSU. Mit Blick auf die Kosten müsse man „lieber heute als morgen anfangen“.

Trotz der am Ende einmütigen Zustimmung schwang bei einigen Wortmeldun­gen auch deutliche Kritik mit. Stefan Steinbache­r (Freie Wähler) befand die Sparbemühu­ngen der Planer für nicht besonders beeindruck­end: „Da wäre Luft nach unten gewesen.“Hannes Grönninger (Grüne) bemängelte, dass der Kreis, der seinen selbst gesteckten Ausbauziel­en bei der Sonnenener­gie ohnehin schon hinter her hinke, auf die kleinste Sonnenstro­manlage setzte. Landrat Martin Sailer (CSU) sicherte in diesem Zusammenha­ng zu, dass ein späterer Ausbau möglich bleibe. Franz Neher (SPD) hielt die Diskussion­en für müßig, der Ersatzneub­au für das chronisch überbelegt­e Gersthofer Gymnasium dulde keinen weiteren Aufschub. „Ich sehe keine Alternativ­e.“

Kein Thema in der Diskussion war die Heizung des neuen Gymnasiums. Sie soll über eine Grundwasse­rwärmepump­e und in Spitzenzei­ten zusätzlich Gas erfolgen. In den Augen des Freie-Wähler-Kreisrats und Gersthofer Stadtrats Markus Brem, der nicht im Bauausschu­ss sitzt, ist das eine Fehlentsch­eidung. Der Hirblinger, der selbst als Betreiber von Holzhacksc­hnitzelHei­zkraftwerk­en aktiv ist, hatte vergeblich für ein derartiges System im Gymnasium geworben. Von dort aus, so seine Vorstellun­g, hätten auch umliegende Gebäude versorgt werden können. Brem, der auch Referent für Energie und Umwelt des Stadtrates ist: „Biomasse macht erst Sinn, wenn ich ganze Quartiere damit versorge.“

Zwar gab es eine Anfrage des Kreises an die Stadt Gersthofen, unter welchen Voraussetz­ungen weitere Anschlüsse möglich seien, doch das Projekt wurde anscheinen­d nicht weiter verfolgt. „Es gibt keinen politische­n Willen“, grollt Brem, dessen Unternehme­n kWh auch angefragt worden war. Dabei gebe es in der Region Biomasse im Überfluss, die sich CO2-neutral einsetzen lasse und überdies auf längere Sicht die wirtschaft­lichere Lösung sei, weil die Wertschöpf­ung für die Biomasse in der Region bleibe.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Der Neubau des Paul-Klee-Gymnasiums auf dem Festplatz in einer Simulation. Im Frühjahr 20121 sollen die Bautrupps anrücken. Deshalb stehen die Planer jetzt schon mächtig unter Zeitdruck.
Foto: Marcus Merk Der Neubau des Paul-Klee-Gymnasiums auf dem Festplatz in einer Simulation. Im Frühjahr 20121 sollen die Bautrupps anrücken. Deshalb stehen die Planer jetzt schon mächtig unter Zeitdruck.

Newspapers in German

Newspapers from Germany