Augsburger Allgemeine (Land West)
Das 73-Millionen-Euro-Ding
Paul-Klee-Gymnasium Weil das teuerste Bauvorhaben in der Landkreisgeschichte in zwei Jahren beginnen soll, stehen die Planer unter Zeitdruck
Gersthofen Für das teuerste Bauvorhaben in der Geschichte des Landkreises Augsburg drängt schon vor dem ersten Spatenstich die Zeit. Im Herbst müssen die Baugenehmigung und die Zuschüsse für das neue Paul-Klee-Gymnasium in Gersthofen beantragt werden, damit der Landkreis im Frühjahr 2021 auf dem Gersthofer Festplatz zu bauen beginnen kann. Denn Verzögerungen gehen auf dem Bausektor derzeit massiv ins Geld. Die Bauverwaltung des Landkreises kalkuliert derzeit mit Preissteigerungen von durchschnittlich fünf Prozent im Jahr.
In der Sitzung des Kreisbauausschusses am Montag, in der die Vertreter der Fraktionen die bisherigen Planungen einstimmig absegneten, wurde auch eine Kostenberechnung vorgestellt. Danach wird die neue Schule am Ende 71,96 Millionen Euro kosten. Hinzu kommen noch eine Photovoltaikanlage für 275000 Euro, ein Leckage-Warnsystem für 50 000 Euro sowie unter Umständen ein Kreisverkehr für 300000 Euro. Damit wäre dann der Kostenrahmen von 72,9 Millionen Euro, den der Kreistag vorgegeben hat, so ziemlich ausgeschöpft.
Bauen will der Landkreis für diese knapp 73 Millionen Euro ein dreigliedriges und dreigeschossiges Schulgebäude mit Dreifachturnhalle. Es soll auf einer Hauptnutzfläche von 8800 Quadratmeter 47 Klassenzimern Platz bieten und eine Tiefgarage mit 100 Plätzen haben. Zum Vergleich: Das im September 2015 bezogene Gymnasium in Diedorf ist mit gut 6000 Quadratmeter Nutzfläche deutlich kleiner. Sein Bau hat 42 Millionen Euro gekostet.
Im Unterschied zum als deutschlandweiten Vorzeigeprojekt konzipierten Diedorf wird in Gersthofen einiges anders gemacht. So wird das neue Paul Klee kein reiner Holzbau, sondern ein Hybrid: Unter anderem aussteifende Wände, Untergeschoss und Sanitärbereich werden aus Stahlbeton gebaut, der Rest aus Holz. Aus Kostengründen erreicht das Gebäude nicht ganz den Passivhausstandard, bei der Photovoltaikanlage entschied sich der Ausschuss für die kleinste Lösung, weil diese sich am besten rechnet.
Unterstützung für die von Kreisbaumeister Frank Schwindling präsentierten Pläne signalisierte Hansjörg Durz von der CSU. Mit Blick auf die Kosten müsse man „lieber heute als morgen anfangen“.
Trotz der am Ende einmütigen Zustimmung schwang bei einigen Wortmeldungen auch deutliche Kritik mit. Stefan Steinbacher (Freie Wähler) befand die Sparbemühungen der Planer für nicht besonders beeindruckend: „Da wäre Luft nach unten gewesen.“Hannes Grönninger (Grüne) bemängelte, dass der Kreis, der seinen selbst gesteckten Ausbauzielen bei der Sonnenenergie ohnehin schon hinter her hinke, auf die kleinste Sonnenstromanlage setzte. Landrat Martin Sailer (CSU) sicherte in diesem Zusammenhang zu, dass ein späterer Ausbau möglich bleibe. Franz Neher (SPD) hielt die Diskussionen für müßig, der Ersatzneubau für das chronisch überbelegte Gersthofer Gymnasium dulde keinen weiteren Aufschub. „Ich sehe keine Alternative.“
Kein Thema in der Diskussion war die Heizung des neuen Gymnasiums. Sie soll über eine Grundwasserwärmepumpe und in Spitzenzeiten zusätzlich Gas erfolgen. In den Augen des Freie-Wähler-Kreisrats und Gersthofer Stadtrats Markus Brem, der nicht im Bauausschuss sitzt, ist das eine Fehlentscheidung. Der Hirblinger, der selbst als Betreiber von HolzhackschnitzelHeizkraftwerken aktiv ist, hatte vergeblich für ein derartiges System im Gymnasium geworben. Von dort aus, so seine Vorstellung, hätten auch umliegende Gebäude versorgt werden können. Brem, der auch Referent für Energie und Umwelt des Stadtrates ist: „Biomasse macht erst Sinn, wenn ich ganze Quartiere damit versorge.“
Zwar gab es eine Anfrage des Kreises an die Stadt Gersthofen, unter welchen Voraussetzungen weitere Anschlüsse möglich seien, doch das Projekt wurde anscheinend nicht weiter verfolgt. „Es gibt keinen politischen Willen“, grollt Brem, dessen Unternehmen kWh auch angefragt worden war. Dabei gebe es in der Region Biomasse im Überfluss, die sich CO2-neutral einsetzen lasse und überdies auf längere Sicht die wirtschaftlichere Lösung sei, weil die Wertschöpfung für die Biomasse in der Region bleibe.