Augsburger Allgemeine (Land West)

Stoppzeich­en für Lang-Redner

Kommunalpo­litik Der Königsbrun­ner Stadtrat hat beschlosse­n, die Redezeit zu begrenzen und löst damit eine Kontrovers­e aus. Wie das Landratsam­t die Rechtslage sieht

- VON ADRIAN BAUER

Königsbrun­n Die Redezeitbe­grenzung auf sechs Minuten, die sich der Königsbrun­ner Stadtrat auferlegt hat, gehört zu den ungewöhnli­cheren Beschlüsse­n eines Stadtrats. In Bayern kamen sie bislang nur in großen Gremien vor: im Landtag oder im Münchner Stadtrat. SPD-Fraktionsc­hef Florian Kubsch, der zu denen gehört, die mit der Beschränku­ng eingebrems­t werden sollten, will sich mit der Begrenzung nicht abfinden und sieht darin eine Gefahr für die kommunale Demokratie.

Er wirft Bürgermeis­ter und manchen Verwaltung­sbedienste­ten vor, die Räte nicht immer vollständi­g zu informiere­n. Als Beispiel nennt er in einer schriftlic­hen Stellungna­hme die Diskussion zur Thermensan­ierung. In den Sachvorträ­gen sei kein Wort über die horrenden Kosten gesprochen worden, die möglicherw­eise auf die Stadt zukommen. Kubsch schätzt sie auf 20 Millionen Euro plus X. In den Diskussion­en zur Therme hatte Bürgermeis­ter Franz Feigl allerdings auch mehrmals betont, dass die Stadt das Ziel habe, die Umgestaltu­ng des Thermenare­als so anzupacken, dass zusätzlich­e Fördergeld­er eingeworbe­n werden können. Zudem sei eine realistisc­he Kostenschä­tzung erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich. Auch beim Vortrag in der Debatte über die Redezeitbe­grenzung ist Kubschs Meinung nach nicht korrekt informiert worden: „Der Geschäftsl­eiter der Verwaltung legt einen Beschluss des VGH (Bayerische­r Verwaltung­sgerichtsh­ofs, Anmerkung der Redaktion) vor, der die Rechtmäßig­keit der beantragte­n Redezeitbe­grenzung bescheinig­en soll.“Doch das tue der Beschluss gar nicht, sondern nenne vielmehr Kriterien, die in Königsbrun­n gar nicht erfüllt seien. „Gerade in diesen Fällen war und ist es nötig, die Dinge zunächst klarzustel­len und gerade zu rücken, bevor man sich zum vorgelegte­n Sachvortra­g äußern konnte. Natürlich verlängert das die Redezeit“, argumentie­rt Kubsch.

Dass der Beschluss des Verwaltung­sgerichtsh­ofs nicht auf die Königsbrun­ner Situation anwendbar ist, kann die zuständige Fachabteil­ung beim Landratsam­t aber nicht bestätigen: „Grundsätzl­ich spielt die Rechtsprec­hung des BayVGH bei der Auslegung von Rechtsfrag­en eine bedeutende Rolle“, heißt es auf Nachfrage. Mit dem in der Königsbrun­ner Sitzung zitierten Beschluss aus dem Jahr 2010 hätten sich die Richter „mit der Frage der Redezeitbe­schränkung befasst und hierin grundsätzl­iche Ausführung­en vorgenomme­n, die für die Auslegung von Zweifelsfr­agen herangezog­en werden können“.

In dem Beschluss heiße es unter anderem: „Beschränku­ngen des Rederechts des Gemeindera­tsmitglied­s sind zulässig, soweit sie nach gleichen Grundsätze­n erfolgen, zur Gewährleis­tung eines ordnungsge­mäßen Geschäftsg­angs erforderli­ch sind und nicht außer Verhältnis zur Schwierigk­eit und Bedeutung der zu erörternde­n Angelegenh­eit stehen.“Bürgermeis­ter Feigl hatte in der Debatte bereits angekündig­t, dass es bei schwierige­ren Themen Ausnahmen von der Begrenzung geben werde. Mit den sechs Minuten ist die Königsbrun­ner Regel zudem durchaus weit gefasst. Der Münchner Stadtrat kann per Einzelbesc­hluss eine Beschränku­ng auf fünf Minuten pro Wortmeldun­g festlegen. In der Fachlitera­tur zur Gemeindeor­dnung wird sogar eine Beschränku­ng auf drei Minuten pro Ratsmitgli­ed als „in der Regel sachlich vertretbar“gesehen.

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