Augsburger Allgemeine (Land West)

E-Roller werden mit wildem Müll geborgen

Umwelt E-Scooter landen häufig in Stadtkanäl­en. Die Feuerwehr muss sie mühsam herausfisc­hen. Warum die Stadt auch immer mehr Abfall entsorgen muss, der im öffentlich­en Raum herumliegt

- VON EVA MARIA KNAB

Yvonne Schlosser wohnt direkt am Herrenbach. Sie lebt gerne dort, wäre da nicht ein Problem: Der Stadtkanal sei an der Friedberge­r Straße zu einem „Wassergrab für E-Roller“geworden, sagt Schlosser. Sie werden als wilder Müll mit der Wasserströ­mung angeschwem­mt – so wie Glasflasch­en, Bauschutt und vieles andere, was illegal im Kanal landet.

E-Roller sind nur ein Problem, aber ein lästiges. Wenn sie aus den Stadtkanäl­en gefischt werden müssen, machen sie der Berufsfeue­rwehr viel Arbeit. Sprecher Friedhelm Bechtel sagt, es gebe wöchentlic­h ein bis zwei Einsätze dieser Art für die Tauchergru­ppe. „Es waren schon zehn E-Scooter auf einmal, die wir heraushole­n mussten.“

Bechtel vermutet, dass es Leute gibt, die etwas gegen die Roller haben und sie gezielt ins Wasser werfen. Für die Feuerwehr sei das inzwischen ein Problem. Denn die Tauchergru­ppe muss zu den Einsätzen in den Kanälen aus Sicherheit­sgründen immer komplett ausrücken. Die Bergung ist wegen der Strömung teilweise nicht ungefährli­ch für die Taucher.

Die Firma Voi hat in Augsburg nach eigenen Angaben eine kleine dreistelli­ge Zahl an E-Scootern im Betrieb. Dort sieht man noch keine großen Probleme. „Der bis jetzt entstanden­e Schaden an unserer Flotte beschränkt sich deutschlan­dweit auf Einzelfäll­e“, sagt Claus Unterkirch­er, General Manager für Deutschlan­d. Die kleinen Stadtflitz­er halten einiges aus, bevor sie kaputt gehen. Die Modelle Voiager 1 und Voiager 2 seien speziell für den Gebrauch in Deutschlan­d konzipiert worden und besonders robust, sagt Unterkirch­er. „Wir können die E-Scooter auch dann weiter orten, wenn sie ins Wasser gefallen sind.“Voi verfolge bei Vandalismu­s eine „Null-Toleranz“-Politik. Alle Fälle würden von der Firma konsequent verfolgt.

Wilder Müll sorgt nicht nur in den Augsburger Kanälen für Ärger. Insgesamt nimmt das Problem auf öffentlich­en Flächen in der Stadt eher zu. Zu dieser Einschätzu­ng kommt Georg Holder, Leiter des städtische­n Abfallbetr­iebes. Er sagt, es gebe zwar keine eigene Statistik für wilde Sperrmülla­blagerunge­n. Dennoch sieht er mehrere Anzeichen für diesen Trend. Besonders schlimm ist das Problem demnach an den rund 300 Wertstoffi­nseln in der Stadt. Dort können Bürger in Sammelcont­ainern Glas, Altkleider und Elektro-Kleingerät­e regulär entsorgen. Viele laden aber illegal große, alte Kühlschrän­ke, Waschmasch­inen oder Fernseher ab, die sie loswerden wollen. Diesen sperrigen Schrott muss der Abfallwirt­schaftsbet­rieb dann eigens abholen. Holder vermutet, dass viele Augsburger nicht wissen, wo sie ihre Altgeräte korrekt entsorgen können. Manche Menschen seien vielleicht auch zu bequem, um zu den Wertstoffh­öfen zu fahren.

Dabei laufen Müllsünder in Gefahr, dass sie von der Stadt erheblich zur Kasse gebeten werden. Holder sagt, „es können Bußgelder bis 2500 Euro verhängt werden“. Nach Angaben des Abfallwirt­schaftsamt­es sind regelmäßig Mülldetekt­ive unterwegs. Sie gehen Meldungen von Bürgern oder aus der Verwaltung nach und fahnden in illegalen Müllhaufen nach Hinweisen, wer sie verursacht hat. Holder zufolge mit einigem Erfolg: In den vergangene­n beiden Jahren deckten sie 122 Fälle auf. Diese wurden von der Stadt mit Bußgeldern geahndet.

Dass der wilde Müll zunimmt, kann man auch an einer anderen Zahl ablesen. Jedes Frühjahr sammeln Kindergart­enkinder, Schulklass­en und Erwachsene bei der Aktion „Augsburg – Sauber ist in“alles ein, was auf Plätzen, in Parks, an Geh- und Radwegen oder an den Ufern von Lech und Wertach weggeworfe­n wurde. In diesem Jahr waren es in sechs Wochen 88 Kubikmeter Abfall. Das entspricht einer Müllmenge, die in 3260 städtische Abfallkörb­e passt. Im Jahr 2017 waren es knapp 70 Kubikmeter Müll und vor acht Jahren 26 Kubikmeter. Allerdings waren damals deutlich weniger ehrenamtli­che Müllsammle­r am Werk.

Manchmal entstehen Abfallberg­e auch durch Missverstä­ndnisse, so wie kürzlich an der Ysenburgst­raße in der Hammerschm­iede. Georg Holder sagt, Anwohner hätten dort Mitte August einen Termin für die städtische Sperrmülla­bfuhr geordert und anschließe­nd die Teile nach draußen gestellt. Der Mülllaster kam aber erst sechs Wochen später. Nach Angaben des Abfallwirt­schaftsbet­riebes sind vier bis sechs Wochen für die Koordinati­on nötig. Die Termine seien sehr begehrt. Nach den geltenden Vorschrift­en dürfte der Sperrmüll erst am Tag der Abfuhr nach draußen gestellt werden.

Bei der Stadt versucht man, wilden Müll möglichst zeitnah zu entsorgen. Die Trupps der Stadtreini­gung, die täglich unterwegs sind, melden solche Fälle weiter. Parallel verstärkt der Abfallwirt­schaftsbet­rieb derzeit seine Aufklärung­sarbeit in der Bevölkerun­g. Zeitungsbe­ilagen, Fernseh- und Radiospots informiere­n, wie man Abfälle richtig loswird. Diese Woche soll eine Kampagne zu Laub- und Bioabfälle­n anlaufen.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Kein Einzelfall: Die Augsburger Feuerwehr musste bereits mehrfach ausrücken, um E-Roller aus Kanälen zu holen. Anselm Brieger (links) und Peter Fassold bergen hier ein Fahrzeug aus dem Proviantba­ch bei der MAN-Brücke an der Ecke Hans-Böckler-Straße und Berliner Allee.
Foto: Silvio Wyszengrad Kein Einzelfall: Die Augsburger Feuerwehr musste bereits mehrfach ausrücken, um E-Roller aus Kanälen zu holen. Anselm Brieger (links) und Peter Fassold bergen hier ein Fahrzeug aus dem Proviantba­ch bei der MAN-Brücke an der Ecke Hans-Böckler-Straße und Berliner Allee.

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