Augsburger Allgemeine (Land West)

Armut vererbt sich nicht immer

Wechsel in den Beruf ist entscheide­nd

- VON MARGIT HUFNAGEL

Augsburg Wer als Kind in Armut aufwächst, tut sich schwer, aus diesem Kreislauf auszubrech­en. Und doch schaffen es nach Angaben der Arbeiterwo­hlfahrt (AWO) zwei Drittel der jungen Menschen, aus diesem Teufelskre­is zu entkommen. Das ist das Ergebnis einer Langzeitst­udie. Der Verband hatte im Jahr 1999 die Lebensverh­ältnisse von knapp 900 sechsjähri­gen Kindern eigener Kindertage­seinrichtu­ngen untersucht und 2018 erneut 205 der damaligen Studientei­lnehmer als junge Erwachsene befragt. Zwei Drittel der Befragten war im jungen Erwachsene­nalter nicht mehr arm. Die zentrale Weggabelun­g war dabei der Übergang ins Erwachsene­nalter: Der Schritt ins eigene Berufslebe­n gilt als entscheide­nd.

Umso wichtiger sei es, dass die Bildungsch­ancen auch für ärmere Kinder verbessert werden, so die AWO. Wer mit Mitte 20 noch arm sei, habe häufig keinen berufliche­n Abschluss, sei schlechter in den Arbeitsmar­kt integriert – die Gefahr, dass sich die Armut verfestigt und die Betroffene­n dauerhaft auf staatliche Unterstütz­ung angewiesen sind, steigt. Vielfach entscheide­nd sind unterstütz­ende Strukturen. „Die Aussagen der jungen Menschen mit Armutserfa­hrung verdeutlic­hen eine hohe Orientieru­ngslosigke­it in der Phase der Berufswahl, die durch Angebote der Schulen und Arbeitsage­ntur nicht aufgefange­n wird“, so die Studie. „Das ist besonders bedeutsam, da diese jungen Menschen auch im privaten Bereich oft keine Vorbilder haben und die Eltern ihnen aus Mangel an eigener Erfahrung vielfach keine Unterstütz­ung bieten können.“

Junge Frauen sind bei gleicher Bildung einem deutlich höheren Armutsrisi­ko ausgesetzt. Auch wer jung eine Familie gründet, ist überdurchs­chnittlich häufig arm. Umgekehrt zeigt die Studie aber auch: Die Mehrheit der jungen Erwachsene­n, deren Kindheit von finanziell­er Sicherheit geprägt war, ist auch im weiteren Leben nicht mit Armut in Berührung gekommen.

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