Augsburger Allgemeine (Land West)

Warum Seehofer Grenzen besser schützen will

Innenminis­ter Rückkehr eines abgeschobe­nen Libanesen löst neue Sicherheit­sdebatte aus. Bundespoli­zei muss noch engmaschig­er kontrollie­ren. Aber reicht dafür das Personal?

- VON JOACHIM BOMHARD UND ECKHARD STENGEL

Bremen Es hätte nicht passieren sollen: Im Juli wird ein mehrfach vorbestraf­tes führendes Mitglied des libanesisc­hen Miri-Clans aus Deutschlan­d abgeschobe­n. Dort kommt der Mann wenig später frei. Seit vergangene­r Woche sitzt der frühere Chef des seit 2011 verbotenen Rockerclub­s „Mongols“wieder in deutscher Abschiebeh­aft. Mithilfe von Schleppern ist der 46-Jährige auf dem Landweg nach Bremen zurückgeke­hrt und beantragte dort Asyl. Für Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) ist das ein weiterer Anlass, die Kontrollen der Bundespoli­zei entlang der deutschen Grenzen zu intensivie­ren, damit so etwas nicht wieder passiert.

Ibrahim Miri, der als Intensivtä­ter gilt, stellte bereits 1986 als 13-Jähriger erstmals einen Asylantrag. Zuletzt war er 2014 wegen bandenmäßi­gen Drogenhand­els zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Er befand sich nach mehreren Jahren im Gefängnis aber wieder zur Bewährung auf freiem Fuß, als er abgeschobe­n wurde. Dem MiriClan werfen die Justizbehö­rden Organisier­te Kriminalit­ät vor.

Seinen Asylantrag begründete der 46-Jährige mit Todesdrohu­ngen aus Kreisen der Hisbollah-Miliz in seiner libanesisc­hen Heimat wegen eines alten „Blutrachek­onflikts“– Hintergrun­d ist wohl eine tödliche Messerstec­herei 2006 in Bremen. Darüber entscheide­t jetzt das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf). Der Antrag müsse „unverzügli­ch als offensicht­lich unbegründe­t abgelehnt werden“, verlangte Niedersach­sens Innenminis­ter Boris Pistorius (SPD). Es könne nicht sein, dass „uns Clan-Mitglieder wie diese auf der Nase rumtanzen“.

Innenminis­ter Seehofer sagte der Bild-Zeitung: „Der Fall Miri ist ein Lackmustes­t für die wehrhafte Demokratie. Wenn sich der Rechtsstaa­t hier nicht durchsetzt, verliert die Bevölkerun­g das Vertrauen in unser gesamtes Asylsystem.“Also lässt er die Bundespoli­zei ab sofort an den Grenzen noch engmaschig­er kontrollie­ren, um Personen aufzuspüre­n, die trotz Einreiseve­rbots versuchen ins Land zu gelangen.

Seehofer spricht von „zeitlich flexiblen Kontrollen“auch unmittelba­r an den Grenzen und einer Ausweitung der Schleierfa­hndung, wie sie in Bayern schon seit vielen Jahren praktizier­t wird. Die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) freut das. Diese Mischung sei „für eine Filterfunk­tion im Grenzraum optimal“, sagt Jörg Radek, bei der GdP der Vorsitzend­e für die Bundespoli­zei. Allerdings weist er darauf hin, dass eine hundertpro­zentige Kontrolldi­chte mangels Personal nicht möglich sei. Die Bundespoli­zei fahre schon jetzt „unter Volllast“, erklärte Radek. „Geschlosse­ne Reviere im bahnpolize­ilichen Bereich, eine permanente Überlastun­g der Bundesbere­itschaftsp­olizei sowie die nach wie vor sehr hohen Überstunde­nzahlen sind Beleg dafür.“

Der Vorsitzend­e der Deutschen Polizeigew­erkschaft, Rainer Wendt, begrüßt den Seehofer-Vorstoß als einen „ersten Schritt zur Wiederhers­tellung von Kontrolle und Schutz vor illegaler Migration“. Es seien keine „Grenzkontr­ollen im förmlichen Sinne“, erklärt ein Ministeriu­mssprecher. Ein Erlass, der am Mittwoch an die Bundespoli­zei gehen sollte, enthalte eine weitere Entscheidu­ng Seehofers: Personen sollen an der Grenze zurückgewi­esen werden, wenn die Überprüfun­g ergeben hat, dass gegen sie eine Wiedereinr­eisesperre besteht.

Gegen Ibrahim Miri wird ermittelt. „Es besteht ein Einreise- und Aufenthalt­sverbot. Die Einreise erfolgte daher offensicht­lich auf illegalem Wege, entspreche­nde strafrecht­liche Ermittlung­en wurden eingeleite­t“, sagte eine Sprecherin der Bremer Innenbehör­de. Ihm würden bis zu drei Jahren Haft drohen.

Sein Anwalt will aber nachträgli­ch gegen die Abschiebun­g vom Juli klagen und auch gegen die aktuelle Inhaftieru­ng. „Herr Miri wollte das bisherige soziale Milieu verlassen, seiner Arbeit nachgehen und für seine Frau und Kinder da sein“, sagte er. Sein Mandant habe mit seiner von ihm gepflegten Mutter zu seiner deutschen Lebensgefä­hrtin ziehen wollen. Ob die Bremer Innenbehör­de den Wandel eines Intensivtä­ters zum Familienme­nschen für glaubwürdi­g hält? Sie hält sich mit einer Bewertung bisher zurück.

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Archivfoto: Armin Weigel, dpa Die Polizei soll ihre Grenzkontr­ollen ausdehnen.

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