Augsburger Allgemeine (Land West)
Skandal um UN-Hilfe für Palästina
Chef der Organisation lässt Amt ruhen
Genf Peinlicher Korruptionsskandal für die Vereinten Nationen: Der Chef des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA), Pierre Krähenbühl, muss sein Amt ruhen lassen. Eine Rückkehr des wendigen 53-jährigen Schweizer Politologen gilt als äußerst unsicher – die Vorwürfe gegen ihn wiegen schwer. UN-Generalsekretär António Guterres betraute den Briten Christian Saunders als Interimschef des Hilfswerks. Das erklärten die UN am Mittwoch in New York.
Die Affäre um den vormaligen UNRWA-Generalkommissar Krähenbühl trifft die Weltorganisation in unruhigen Zeiten. Zum einen schwelt eine schwere Finanzkrise. Zum anderen steuert das wichtigste Mitglied, die USA unter Präsident Donald Trump, einen offenen Konfrontationskurs gegen die UN.
UN-Ermittler brachten „Vorkommnisse“ans Tageslicht, die unmittelbar mit Krähenbühl zu tun haben. Zwar wird dem dreifachen Vater keine Unterschlagung von Geldern zur Last gelegt. Er habe aber seiner Geliebten einen lukrativen Job beim UNRWA zugeschanzt, so heißt es in publik gewordenen Teilen des Ermittlerreports. Zudem entdeckten die Inspektoren auf der UNRWA-Führungsebene laut Medienberichten sexuelles Fehlverhalten, Diskriminierung und Machtmissbrauch. Noch ist die Ermittlung nicht abgeschlossen.
Die Enthüllungen dürften den Gegnern des Hilfswerks Munition liefern, allen voran der Trump-Administration. Die US-Regierung wirft dem 1949 gegründeten Werk Reformunfähigkeit vor. Es belasse die Palästinenser in einer Situation der Abhängigkeit, weite die Zahl der Hilfsempfänger weiter aus und sei anfällig für Vetternwirtschaft. Trump strich 2018 die US-Zahlungen an die Behörde mit Hauptsitz in Jerusalem und zwang Krähenbühl zu Kürzungen bei Programmen. UNRWA finanziert und unterhält in den Palästinensergebieten und angrenzenden Regionen Schulen, Kliniken und andere Einrichtungen.
Krähenbühl selbst galt als rechtschaffene Persönlichkeit, die unermüdlich nach einer Verbesserung des Loses der Opfer von Gewalt und Krieg strebt. Doch nun ist seine Karriere – zumindest vorläufig – beendet.