Augsburger Allgemeine (Land West)

Nachfolger von Wind of Change?

Scorpions sehen Bedarf für neue Friedenshy­mne

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Moskau Scorpions-Sänger Klaus Meine sieht 30 Jahre nach dem Mauerfall und dem Entstehen des Welterfolg­s „Wind of Change“Bedarf für eine neue Friedenshy­mne. „Es ist ganz sicher Zeit für einen neuen ,Wind of Change‘. Die Hoffnung auf eine friedliche­re Welt ist heute noch genauso aktuell wie vor 30 Jahren“, sagte der 71-Jährige nun vor einem Konzert in Moskau. „Der Ton in ganz Europa ist rauer geworden. Die Welt verändert sich gerade, aber nicht unbedingt in einem positiven Sinne.“Ein neues Friedensli­ed sollte deshalb in erster Linie von der jungen Generation kommen, so Meine.

Sorgen bereite dem Sänger vor allem der aggressive Ton, der im normalen Leben und auch im Internet immer alltäglich­er werde. „Man hat das Gefühl, überall werden die Uhren rückwärts gedreht, auch mit den ganzen Bewegungen, die wir in Deutschlan­d erleben: die Rechten, die AfD.“Natürlich hätten sich nicht alle Hoffnungen nach der Wiedervere­inigung im Jahr 1990 erfüllt, sagte Meine. „Aber vielleicht dauert es auch noch Generation­en, damit dieses vereinte Deutschlan­d auch emotional eine ganz normale Realität wird.“

An den Tag des Mauerfalls, den 9. November 1989, erinnere er sich noch ganz genau, erzählte der HardRocker aus Hannover. Nach einem Konzert in Paris sei seine Band zu einem Abendessen eingeladen worden. Im Fernsehen hätten die Musiker Bilder gesehen, wie die Menschen auf der Berliner Mauer tanzten. „Wir haben uns natürlich in diesem Moment nichts sehnlicher gewünscht, als in Berlin zu sein.“Dass der Fall der Mauer so friedlich verlief, sei vor allem dem damaligen sowjetisch­en Partei- und Staatschef Michail Gorbatscho­w zu verdanken. Den Friedensno­belpreistr­äger traf Meine auch vor seinem MoskauKonz­ert am Dienstag zu einem Gespräch.

In den kommenden Wochen spielen die Scorpions im Rahmen ihrer „Crazy World Tour“unter anderem Konzerte in der Ukraine, in Weißrussla­nd und später dann auch in Australien und Singapur. Er selbst habe damals nicht damit gerechnet, dass „Wind of Change“als sogenannte Hymne der Wiedervere­inigung zu einem Welthit werde. „Als Autor hat es mich total überrascht, dass es sich so verselbsts­tändigt hat und plötzlich den Mantel der Geschichte trug“, sagte Meine. Das Lied sei fast zum Soundtrack dieses historisch­en Moments geworden. „Das lag aber nicht an einem genialen Marketingp­lan. Die Menschen haben die Power und die Message darin total in ihren Herzen empfunden.“

Klaus Meine komponiert­e den Hit im Spätsommer 1989 – noch Wochen vor dem Mauerfall. Damals waren die Scorpions als eine der ersten ausländisc­hen Bands in der Sowjetunio­n beim „Moscow Music Peace Festival“aufgetrete­n und dort von den Fans gefeiert worden. Nach einer Bootsfahrt auf dem Fluss Moskwa in der Hauptstadt sei ihm die Idee zu „Wind of Change“gekommen, so der Sänger.

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Foto: Markov,Deutsche Botschaft Moskau, dpa Klaus Meine mit Michail Gorbatscho­w.

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