Augsburger Allgemeine (Land West)
Grandios verbittert
Lara Corinna Harfouch brilliert in einem der besten Filme des deutschen Kinojahrs
Kein Mensch würde Lara (Corinna Harfouch) als Sympathieträgerin bezeichnen. Wenn ihr Blick sich nach außen richtet, dann meist, um vernichtende Wirkung zu entfalten. In jungen Jahren hat sie mit großem Ehrgeiz eine Karriere als Konzertpianistin angestrebt, ließ ihre Pläne aber fallen. Die enttäuschten Erwartungen an sich selbst hat die Verwaltungsangestellte auf ihren Sohn übertragen, der heute in einem mit Spannung erwarteten Konzert die eigene Komposition darbieten wird. Seine Mutter aber hat Viktor (Tom Schilling) nicht eingeladen.
Sieben Jahre hat sich Jan-Ole Gerster nach „Oh Boy“Zeit gelassen für sein Nachfolgewerk, und das Warten hat sich gelohnt. „Lara“strahlt geradezu in seiner narrativen Präzision. Nach und nach werden die Informationen über Bande angespielt, aus denen sich das Mosaik einer schwierigen Mutter-Sohn-Beziehung und das Porträt einer Frau zusammensetzt, die am eigenen Ehrgeiz und den damit einhergehenden Minderwertigkeitsgefühlen zerbrochen ist. Corinna Harfouch ist schlichtweg grandios als tief verbitterte Titelheldin. Wo andere ins Overacting verfallen würden, geht sie in den Minimalismus. Die lauernde, bissige Stimme schneidet sich förmlich durch den Kinosaal und ist sich ihrer Macht bewusst. Dennoch beginnt man diese Lara zu mögen, weil man versteht, wie sie zu der wurde, die sie heute ist.
„Lara“ist einer der besten deutschen Filme dieses Kinojahres. Gerade auch, weil Gerster die Angelegenheit trotz machtvoller Hauptdarstellerin nie zur One-WomanShow verkommen lässt. Jede noch so kleine Nebenfigur ist mit großer Sorgfalt besetzt und zum stimmigen Charakter ausgebaut. Und die durchkomponierten Bilder von Kameramann Frank Griebe lassen diesen Film auch visuell als überzeugendes Gesamtkunstwerk erscheinen.
» Lara (1 Std. 38 Min.), Drama, BRD 2019 Wertung ★★★★★