Augsburger Allgemeine (Land West)
Große Aufregung um vermeintliche Entführung
Polizei Der Einsatz eines Sonderkommandos führt zur Festnahme von zwei Männern: Haben sie eine 21-Jährige gegen ihren Willen aus Osnabrück entführt? Bei der Vernehmung will keiner mehr etwas davon wissen. Der Fall gibt Rätsel auf
Westendorf/Gersthofen War es nun eine Entführung oder nicht? Was ist tatsächlich passiert? Einen Tag nach dem spektakulären Großeinsatz der Polizei im nördlichen Landkreis Augsburg gibt es neue Erkenntnisse: Wegen möglicher Freiheitsberaubung hatte die Polizei am Mittwochnachmittag in Westendorf zwei 19 und 25 Jahre alte Männer festgenommen. Im Wagen der beiden befand sich außerdem eine 21-jährige Frau. Zunächst sei man davon ausgegangen, dass die beiden Männer die Frau entführt hatten. Dieser Verdacht konnte sich nach einer Vernehmung aber offenbar nicht bestätigen. Von einer Entführung wollte bei der Vernehmung keiner der Beteiligten etwas wissen. Mittlerweile sind alle drei wieder auf freiem Fuß. Der Fall gibt Rätsel auf. Einige Details sind unklar. Augenzeugen berichten allerdings von einem massiven Polizeiaufgebot am Mittwochnachmittag.
So soll es zunächst in Thierhaupten zu einer Verfolgungsjagd gekommen sein. Ein Busfahrer berichtete von mehreren zivilen Einsatzwagen
Welche Rolle spielte die Zeugin?
der Polizei, die einen schwarzen Audi verfolgt haben sollen. Möglicherweise saßen darin die beiden Tatverdächtigen. Mit weit über 100 Stundenkilometern seien sie durch den Ort gerast. Mehrere Autos hätten ausweichen müssen. Auch anderen Zeugen sind die vielen Einsatzkräfte aufgefallen: Im Bereich des Rathauses seien etliche Einsatzwagen unterwegs gewesen, berichten sie. Zuvor hatten sich etliche Sanitäter und Polizisten, teils schwer bewaffnet und mit schusssicheren Westen, vor der Polizeiinspektion in Gersthofen versammelt. Zur Festnahme der beiden Verdächtigen kam es laut Polizei in Westendorf durch Einsatzkräfte eines Spezialeinsatzkommandos (SEK).
Dort, berichten Anwohner, sollen mehrere vermummte Beamte kurzzeitig eine Straße in einem ruhigen Wohnviertel gesperrt haben. Zur Festnahme kam es laut Polizei am Mittwoch zwischen 16 und 17 Uhr. Koordiniert wurde der Einsatz von der Polizei im niedersächsischen Osnabrück. Von dort aus sollen sich die Verdächtigen auf den Weg quer durch die halbe Republik bis in den Landkreis Augsburg gemacht haben. Mit dem Auto sind es auf direktem Weg mehr als sechs Stunden von der 165000-Einwohner-Stadt bis nach Westendorf.
Auslöser für den Großeinsatz war Polizei in Osnabrück ein Anruf einer Zeugin, die von einer möglichen Entführung sprach. Demnach sollen zwei Männer die Frau gegen den Willen ins Auto gesetzt und mit ihr losgefahren sein – Richtung Augsburg. Zudem seien die Männer bewaffnet gewesen. Deshalb wurde das SEK beauftragt.
Wie die Neue Osnabrücker Zeitung berichtet, sollen sich die Zeugin, das vermeintliche Entführungsopfer und die beiden Männer mindestens flüchtig gekannt haben. Die Zeugin gab der Polizei offenbar den Hinweis, dass die beiden Männer im Raum Augsburg gemeldet sind. Die Hintergründe der vermeintlichen Entführung sind aktuell noch unklar, ebenso ob die Beteiligten dem Rotlichtmilieu zuzuordenn sind. Weitere Ermittlungen der Osnabrücker Polizei laufen. Ob die Männer tatsächlich bewaffnet waren, wollte die Polizei auf Anfrage unserer Zeitung nicht bestätigen. Es werde allerdings auch geprüft, ob die Zeugin wissentlich falsche Angaben gemacht haben könnte.
Der Vorfall weckt Erinnerungen an ähnliche Einsätze. So hat die Polizei in Augsburg erst am vorigen Wochenende drei Männer festgenommen, die eine Prostituierte gelaut gen ihren Willen verschleppt haben sollen. Die Polizei leitete eine Fahndung ein. Die Männer fuhren in dem Wagen auf der A 8 in Richtung München. Einsatzkräfte konnten das Fahrzeug an der Anschlussstelle bei Dasing stoppen. Nach Angaben der Polizei handelte es sich bei den mutmaßlichen Tätern um drei Männer aus Bulgarien.
Vor vier Jahren verhaftete die Polizei einen Mann und drei Frauen in Schwabmünchen. Sie sollen eine 25-Jährige entführt und schwer misshandelt haben. Bei den Entführern handelte es sich um einen rumänischstämmigen Familienclan.