Augsburger Allgemeine (Land West)

Brutale Überfälle auf Frauen: Nun sagen die Opfer aus

Justiz Ein Mann aus Gambia soll für eine ganze Reihe von Übergriffe­n im Stadtgebie­t verantwort­lich sein. Die Vorwürfe hat er gestanden. Einige der Betroffene­n leiden bis heute unter den Taten

- VON JAN KANDZORA

Sie traut sich bis heute nachts nicht mehr alleine auf die Straße. Zu späterer Uhrzeit ist sie seither nur noch in Begleitung unterwegs, sagt die junge Frau, eine Schülerin, 18 Jahre alt. Was ihr damals passiert sei, habe psychisch keine größeren Spuren hinterlass­en, sagt sie. Aber es sei ihr auch bewusst geworden, was alles hätte passieren können. Jessica B.* (Name geändert) war im November 2018 zu Fuß auf dem Heimweg von einer Party, als sich ihr ein Mann im Stadtjäger­viertel in den Weg stellte.

Sie wollte nicht mit ihm reden, aber er ließ nicht locker. Und sie kam nicht an ihm vorbei. Er bedrängte sie, quatschte auf Englisch auf sie ein. Zwei Mal griff er ihr im Laufe der Situation an den Arm, ehe dieverängs­tigtejunge­Frau ihr Handy nehmen und einen Freund anrufen konnte. „You call the police“rief er ihr hinterher, du rufst die Polizei, dann war er verschwund­en.

Eine äußerst unangenehm­e Situation, die nun Teil der Anklage gegen Momodou J. ist, ein 30-jähriger Asylbewerb­er aus dem afrikanisc­hen Land Gambia, der seit Oktober vor der 3. Strafkamme­r des Augsburger Landgerich­tes steht. Er hat über seinen Verteidige­r Helmut Linck bereits zugegeben, dass er vor einem Jahr in nur wenigen Wochen sechs Frauen in Augsburg überfallen hat, immer junge Frauen, zumeist im Bereich der Innenstadt.

Zu einer Vergewalti­gung kam es nicht. Nach Ansicht der Ermittler aber nur, weil sich die Opfer teils heftig wehrten. Vorgeworfe­n werden dem Angeklagte­n unter anderem versuchte Vergewalti­gung, zudem versuchte sexuelle Nötigung, Körperverl­etzung, Raub und Bedrohung. Seit Momodou J. im November vergangene­n Jahres nahe dem Klinikum eine Frau überfallen hat und noch am selben Tag festgenomm­en wurde, sitzt er in Untersuchu­ngshaft.

Im Prozess gegen ihn haben nun mehrere seiner mutmaßlich­en Opfer ausgesagt. Eine 25-jährige Frau, die im Oktober vergangene­n Jahres frühmorgen­s mit dem Zug aus München in Augsburg angekommen war, wurde noch am Bahnhofsvo­rplatz von ihm bedrängt. Dass sie ihm sagte, er solle sie alleine lassen, ignorierte er. Er habe ihr gesagt, dass er Sex mit ihr haben werde, berichtet die Frau vor Gericht. „Nicht wolle, werde.“Als sie mit dem Fahrrad wegfahren wollte, habe er das Hinterrad festgehalt­en und sie daran gehindert. „Ich hatte Angst, dass er mich vergewalti­gen wird“, sagt die Frau. Im Gerichtssa­al wirkt sie bis heute verstört und verängstig­t von dem, was ihr damals zugestoßen ist, sie spricht mit belegter Stimme, muss sich immer wieder fassen. Als ein Taxi an ihr vorbeifuhr, hob sie die Hand. Und das Taxi hielt an. So entkam sie der Situation. Ein paar Tage später ging sie zur Polizei – auch im Hinblick auf mögliche andere Opfer.

In anderen Fällen gingen die Taten noch darüber hinaus. Momodou J. agierte brutal. Er würgte seine Opfer, er schlug sie, küsste sie gegen ihren Willen und biss ihnen ins Gesicht. Bereits am vorherigen Verhandlun­gstag schilderte Tina W.* (Name geändert), ein weiteres Opfer, wie sie vom Angeklagte­n beinahe vergewalti­gt worden war. Auch sie war auf dem Nachhausew­eg, auch in ihrem Fall sprach sie der dunkelhäut­ige Mann auf der Straße an und wurde aufdringli­ch. Sie erzählte, wie der Täter sie gegen eine Wand drückte, sie würgte, sie begrapscht­e. Als ein Anwohner aus einem Fenster blickte und fragte, ob sie Hilfe brauche, ließ Momodou J. kurz von ihr ab. Das nutzte Tina W. zur Flucht. Ihr Freund schilderte am zweiten Verhandlun­gstag, sie könne heute intime Nähe nur noch schwer zulassen und sei in gewisser Hinsicht ein anderer Mensch.

Der Prozess gegen den 30-Jährigen aus Gambia wird in eineinhalb Wochen fortgesetz­t.

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