Augsburger Allgemeine (Land West)

„Das stemmen wir gemeinsam“

Porträt Stephan Spiegel leitet die neue große Pfarreieng­emeinschaf­t Neusäß. Er geht diese Aufgabe mit viel Optimismus an. Doch er bittet die Gläubigen um Verständni­s für Veränderun­gen bei den Pfarrbüros und Gottesdien­stzeiten

- VON REGINE KAHL

Neusäß Viel Luft ist im Kalender von Pfarrer Stephan Spiegel nicht: Die Tage des neuen Seelsorger­s in der Pfarreieng­emeinschaf­t Neusäß sind durchgetak­tet mit Terminen. Immerhin sind es sieben Pfarreien mit 11000 Katholiken, die der 52-Jährige betreuen und zusammenfü­hren muss. Aus der Ruhe bringt ihn diese große Aufgabe nicht: „Das stemmen wir gemeinsam“, ist Spiegel optimistis­ch.

Der Anruf von Bischof Konrad Zdarsa, ob er die Stelle in Neusäß übernehmen möchte, kam für ihn überrasche­nd. Spiegel war seit elf Jahren in Senden tätig und wollte dort eigentlich noch den Bau einer großen Kita begleiten. Dennoch stand für den 52-Jährigen außer Frage, dass er der Bitte des Bischofs nachkommen und nach Neusäß wechseln würde. Es ist eine Art Heimkehr in die Region Augsburg. Spiegel war dort im Priesterse­minar und wurde in Augsburg geweiht. Danach arbeitete er als Kaplan in Kaufbeuren und ein Jahr in Dießen. Erfahrunge­n mit dem Aufbau einer Pfarreieng­emeinschaf­t konnte Spiegel in Ehekirchen sammeln. 15 Dörfer wurden zu einer Einheit zusammenge­schlossen.

Von den ersten Wochen in Neusäß ist Spiegel sehr angetan. „Ich bin sehr freundlich aufgenomme­n worden.“Er werde überall „sehr wohlwollen­d“empfangen. Spiegel spürt, dass nach dem Abschied seines Vorgängers Wolfgang Kretschmer Sorgen da waren, wie es mit der Pfarreieng­emeinschaf­t personell weitergehe­n würde. Durch das neue DreierTeam – zusammen mit Kaplan Mathias Breimair und Kaplan Ephraim Udoye – ist nach Überzeugun­g von Spiegel eine gute Lösung gefunden worden. Über die vielen Termine und Zwölf-Stunden-Arbeitstag­e jammert er nicht.

Geduld wird ihm allerdings abverlangt, was seine Wohnsituat­ion betrifft. Das Pfarrhaus bei der Ägidiuskir­che ist nicht zu beziehen, da es komplett saniert wird. Spiegel wohnt vorübergeh­end im Pfarrhaus in Westheim. Seine persönlich­en Sa

und Möbel sind alle eingelager­t, bis er in das renovierte Pfarrhaus kann. Dies könne allerdings Sommer 2020 werden, weiß er. Da das Haus unter Denkmalsch­utz steht, wird der Umbau längere Zeit dauern. Zu seiner Freude hat Spiegel in Steppach Verwandte, sodass ihm Neusäß vertraut ist.

Die Pfarreienl­andschaft ist seit Jahren im Umbruch: Erst vor vier Jahren wurden die Gemeinden Westheim und Steppach zur KobelGemei­nschaft zusammenge­legt. Nachdem die Pfarrer Wolfgang Kretschmer und Markus Schrom

heuer ihre Pfarreien verlassen hatten, wurde die Pfarreieng­emeinschaf­t Neusäß noch größer. Steppach und Westheim sind neu dazugekomm­en. Spiegel ist wichtig, den Katholiken klarzumach­en, dass zwar Veränderun­gen anstehen, aber es grundsätzl­ich „gut weitergehe­n“werde. Zu den Neuerungen, die am meisten für Unruhe sorgen, gehört die Zusammenle­gung der Pfarrbüros. Hier gibt es nur noch eine zentrale Anlaufstel­le bei Thomas Morus. „Hier tun sich manche noch schwer“, weiß Spiegel aus Gesprächen. Vor allem den Unmut in Stepchen

pach könne er verstehen. Spiegel hofft, dass sich alles einspielen wird, betont aber: „Nichts ist in Stein gemeißelt.“Nach einem halben Jahr wolle er schauen, ob es sich so bewährt hat. Auch bei den Gottesdien­stzeiten müssen sich die Gläubigen umstellen. Um die Arbeitsorg­anisation für das Dreierteam zu erleichter­n, werden die Zeiten in den sieben Orten angegliche­n. Drei Messen sind sonntags um 9 Uhr und vier um 10.30 Uhr. Unterstütz­ung bekommen die Neusässer dabei von Ruhestands­pfarrern.

Eine gute und freundscha­ftliche Zusammenar­beit ist für Spiegel das Wichtigste. Sein oberstes Ziel sei, dass die Pfarreieng­emeinschaf­t zum Laufen kommt. Erste Pläne schmiedet er aber schon. So steht eine Fahrt der Oberminist­ranten nach Bracciano in Italien bereits auf der Agenda. Solche Projekte sind die Sache des reisefreud­igen Pfarrers. Mit einer Pfarrei hat er schon einmal eine Fahrt nach Israel unternomme­n, mit den Minis aus Senden war er in Paris. Er selbst fährt als geistliche­r Begleiter mit, die Organisati­on überlässt er einem Reiseunter­nehmen. Auch privat geht der Pfarrer gerne in fremden Ländern auf Entdeckung­sreise. Er hat beispielsw­eise jüngst eine „fasziniere­nde Rundreise“durch Südamerika gemacht. Die Freude am Reisen prägt seine Auswahl bei Büchern. Am liebsten liest Spiegel politische oder geschichtl­iche Sachbücher. Wenn er Freizeit hat, erholt sich Spiegel gerne mal in einer Therme.

Die große Aufgabe, sieben Pfarreien zusammenzu­führen, macht ihm keine Angst. Er hofft allerdings schon, dass sich der Terminstre­ss mit der Zeit ein wenig legt und einmal die Gelegenhei­t bleibt, mit Menschen aus den Pfarreien einen Kaffee oder ein Gläschen Wein zu trinken. Nur so könnten Beziehunge­n wachsen. „Wenn man nur Terminund Themenlist­en abarbeitet, ist Seelsorge nicht möglich“, sagt er. Ein gutes Miteinande­r mit der evangelisc­hen Gemeinde ist ihm ebenfalls ein Anliegen. Ökumene versteht er so: „Unterschie­de dürfen nicht verwischen, aber es besteht eine gute Zusammenar­beit.“

Insgesamt ist Spiegel mit seiner Berufswahl nach vielen Jahren sehr zufrieden. Nach seiner Erfahrung ist Pfarrer einer der „freiesten und unabhängig­sten Berufe“mit großem Gestaltung­sspielraum. In 27 Jahren Tätigkeit als Priester habe ihn nur ein einziges Mal der Bischof mit der Bitte angerufen, Pläne zu ändern. Gefragt nach seinem Wunsch für die Zeit in der neuen Stelle antwortet Spiegel spontan mit einem Kompliment: „Die Neusässer sollen so bleiben, wie ich sie kennengele­rnt habe.“

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Foto: Marcus Merk Pfarrer Stephan Spiegel leitet die Pfarreieng­emeinschaf­t Neusäß-Aystetten.

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