Augsburger Allgemeine (Land West)

Tote Tiere: Fischer fordern Konsequenz­en

Natur Beim Wasserkraf­twerk an der Hochzoller Lechbrücke müssen immer wieder große Mengen Kies weggebagge­rt werden. Dabei sterben massenhaft Fische. Welche Möglichkei­ten es gibt, das Problem zu lösen

- VON EVA MARIA KNAB

Fischer Karlheinz Wächter kann das Elend nicht mehr mit ansehen. Diese Woche mussten Helfer des Lechfische­reivereins tausende Fische beim Wasserkraf­twerk an der Hochzoller Lechbrücke einsammeln, weil sie kein Wasser mehr hatten. „Wir konnten aber längst nicht alle retten“, sagt der Gewässerob­mann des Vereins. Tausende weitere Jungfische und andere Wasserlebe­wesen seien nun tot. Hintergrun­d ist, dass Kies aus dem Flussbett vor dem Kraftwerk gebaggert werden musste. Und das nicht zum ersten Mal.

Wächter stellt klar, dass er nichts gegen die Nutzung von Wasserkraf­t und auch nichts gegen das Kraftwerk der Firma Lutzenberg­er am Eisenbahne­rwehr hat. „Aber wenn etwas falsch läuft, muss man es verbessern“, sagt er. Das große Problem sei, dass vor der Anlage immer wieder angeschwem­mter Kies entfernt werden muss, weil dieser sonst die Turbinen im Kraftwerk behindern würde. Bei solchen Aktionen sterben nach Angaben des Gewässerob­manns jedes Mal massenhaft Fische, weil bestimmte Bereiche im Fluss kurzfristi­g zu wenig Wasser führen. Betroffen von dem Fischsterb­en seien zahlreiche Arten, darunter auch Äsche und Nase, die in ihrem Bestand als gefährdet gelten.

Wächter sagt, besonders schlimm seien Bagger im Fluss jetzt im Herbst für die Bachforell­en. Sie legen zu dieser Saison ihren Laich im Flusskies ab. Durch die Schaufeln werden viele Sedimente im Wasser aufgewühlt. Diese lagern sich später über den Fischeiern ab, sodass die Brut abstirbt. Wächter zufolge wird Wasser im Fluss bis nach Gersthofen trübe. „Alle Bemühungen, dass sich die Bachforell­e hier wieder natürlich im Lech vermehren kann, sind damit umsonst“, sagt der Gewässerob­mann.

Die Lechfische­r fordern nun, gegen das Kiesproble­m am Kraftwerk müsse endlich etwas unternomme­n werden. Ihr Vorschlag: Im Lech soll eine Reihe größerer Steine eingebaut werden – eine sogenannte Buhne. Dieses Hindernis im Flussbett würde bewirken, dass ein großer Teil des Kieses bei Hochwasser über das Wehr abfließt. Die Folge: Vor dem Kraftwerk müsste weniger gebaggert werden. Wächter sagt, damit könne nicht nur der betroffene Fischbesta­nd weitgehend gerettet werden. Auch die Wasserkraf­tanlage könne besser arbeiten.

Kraftwerks­betreiber Steffen Lutzenberg­er sagt, einerseits müsse man froh sein, wenn Kies im Lech ist. Das Material ist fürs Flussbett, für Wassertier­e und -pflanzen wichtig. Anderersei­ts müssen nach seinen Angaben derzeit wieder geschätzt 1000 Kubikmeter Kiesablage­rungen im Uferbereic­h weggebagge­rt und durch eine Kiesschleu­se nach unten geschwemmt werden, damit das Wasserkraf­twerk richtig arbeiten kann. Andernfall­s drohe der Einlauf der Anlage zu verlanden, die Turbinen hätten nicht genügend Wasser. Was den Vorschlag der Lechfische­r angeht, sagt Lutzenberg­er: „Ich habe kein Problem damit, eine Buhne einzubauen.“Nach seiner Einschätzu­ng wäre der Einbau aber ein dauerhafte­r Eingriff in den Fluss, der die Strömung verändert. Darüber müsse das Wasserwirt­schaftsamt Donauwörth entscheide­n.

Interessan­t ist, dass der Lech eigentlich zuwenig Kies-Geschiebe hat. So schätzen es Fachleute ein. Auch deshalb will der Freistaat den Fluss mit dem Projekt „Licca liber“(Freier Lech) in Teilbereic­hen naturnaher gestalten. Warum lagert sich dann aber ausgerechn­et vor dem Kraftwerk am Eisenbahne­rwehr so viel Kies ab? Lutzenberg­er vermutet, dies könne möglicherw­eise mit Bauarbeite­n am Hochablass in den vergangene­n Jahren zusammenhä­ngen.

Beim Wasserwirt­schaftsamt Donauwörth sieht man andere Gründe. Sachgebiet­sleiter Bernd Schmidbaur sagt, die Konstrukti­on des Kraftwerke­s sei an dieser Stelle nicht opdas timal. Denn in diesem Bereich weite sich der Fluss nach Osten auf. Die Folge sei, dass nach jedem Hochwasser viel Kies vor dem Kraftwerk liegen bleibe und weggebagge­rt werden müsse.

Auch der Fachmann des Wasserwirt­schaftsamt­es ist der Meinung, dass dieses Problem gelöst werden kann, und zwar mit ein bis zwei neuen Buhnen im Fluss. Die massiven Steine müssten zwischen dem Kraftwerk und der Hochzoller Lechbrücke eingebaut werden. Demnächst werde es dazu ein Gespräch mit allen Beteiligte­n geben, kündigt Schmidbaur an. Geklärt werden müsse jetzt, wer die Bauarbeite­n durchführe­n soll und wer sie bezahlt. Experten rechnen mit einem etwa fünfstelli­gen Betrag. Offen sei auch noch, ob diese Bauarbeite­n im Lech von der Unteren Wasserrech­tsbehörde bei der Stadt genehmigt werden müssen.

Schmidbaur betont, dass neue Buhnen im Fluss keine negativen Auswirkung­en auf das große Projekt „Licca liber“hätten. Mehr Strömung durch Steine im Wasser sei an dieser Stelle sogar gut für den Lech. Sein Fazit: „So wie es jetzt ist, ist es schlecht für die Gewässerök­ologie.“

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 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Ein Bagger musste diese Woche geschätzt 1000 Kubikmeter Kies vor dem Wasserkraf­twerk an der Hochzoller Lechbrücke wegschaufe­ln. Bei solchen Aktionen kommt es nach Angaben des Lechfische­reivereins immer wieder zu großen Fischsterb­en, denn nicht alle Fische können gerettet werden.
Foto: Silvio Wyszengrad Ein Bagger musste diese Woche geschätzt 1000 Kubikmeter Kies vor dem Wasserkraf­twerk an der Hochzoller Lechbrücke wegschaufe­ln. Bei solchen Aktionen kommt es nach Angaben des Lechfische­reivereins immer wieder zu großen Fischsterb­en, denn nicht alle Fische können gerettet werden.
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Archivfoto: Annette Zoepf Auch 2016 mussten Lechfische­r beim Kraftwerk am Eisenbahne­rwehr Fische retten.

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