Augsburger Allgemeine (Land West)
Schutz der Sparguthaben in der EU stockt
Banken Finanzminister Scholz stößt mit seinem Vorschlag zur Einlagensicherung auf Skepsis
Brüssel Als Olaf Scholz am Donnerstag in Brüssel eintraf, genoss er sichtlich die Rolle desjenigen, dem der Durchbruch einer Blockade gelungen war. „Die Zeit des Redens muss durch die Zeit des Handelns ersetzt werden“, sagte der Bundesfinanzminister. Nur zwei Tage, nachdem der Mitbewerber um den SPD-Vorsitz seinen Plan zur Einführung einer europäischen Einlagensicherung vorgestellt hatte, warb er gestern bei seinen Amtskollegen in Brüssel um Zustimmung.
Dass Scholz weder den Koalitionspartner in Berlin noch befreundete EU-Staaten vor der ersten Veröffentlichung am Mittwoch informiert hatte, nahm er auf die leichte Schulter. Was er vorgeschlagen habe, sei „notwendig für mehr Wachstum und sichere Arbeitsplätze in Europa“. Bislang hatte Deutschland die Pläne der EUKommission für eine gemeinsame Sicherung der Sparereinlagen strikt zurückgewiesen. Denn die Behörde wollte die bereits gut gefüllten Schutzmechanismen, die vor allem Sparkassen sowie Raiffeisen- und Genossenschaftsbanken aufgebaut haben, europäisch verfügbar machen. Deshalb gab es schnell Befürchtungen, dass etwa deutsche Sparer für eine marode italienische Bank in Mithaftung genommen werden könnten.
Scholz denkt nun an eine Rückversicherung. Zusätzlich zu der nationalen Einlagensicherung in den Mitgliedstaaten soll es einen Eurozonen-Topf geben, der mit Versicherungsprämien der Banken gefüllt wird. Erst wenn bei der Pleite eines Bankhauses die nationalen Mittel erschöpft sind, könnte der Zugriff auf die europäischen Reserven erfolgen. Solche Sanierungsgelder sollen in einem ersten Schritt nur als „rückzahlungsfähige Darlehen“gewährt werden. Gleichzeitig will der Bundesfinanzminister die Risiken in den Mitgliedstaaten vor allem für kleinere Geldhäuser herunterfahren.
Eine effiziente Aufsicht, wie sie bei der Europäischen Zentralbank für Großbanken existiert, müsste nun auch die kleineren Häuser unter die Lupe nehmen. Deren Eigensicherung soll auf den Prüfstand. Dass sich einige Geldinstitute vor allem mit Staatsanleihen der eigenen Regierung eindeckten, will Scholz ändern. Die Finanzkrise habe gezeigt, dass solche Papiere „nicht risikolos“seien. Erst wenn alle diese Voraussetzungen geschaffen sind, könnte eine vollere Vergemeinschaftung der Einlagensysteme erfolgen.
Doch der Widerstand formiert sich bereits. Die Bundeskanzlerin zeigte sich bereits am Mittwoch vor der Kabinettssitzung verwundert darüber, dass ihr Vize seine Pläne ohne Abstimmung veröffentlicht hat. Aber auch auf europäischer Ebene droht Einspruch. „Einen Einstieg in die Vollvergemeinschaftung der Einlagensicherung lehnen wir ab“, sagte der CSU-Finanzpolitiker und Europaabgeordnete Markus Ferber. „Wir müssen zunächst die Risiken in den Bankenbilanzen der Mitgliedstaaten abbauen.“
Sein Grünen-Kollege Sven Giegold bezeichnete den Vorschlag als „unausgegoren“sowie „zu wenig europäisch und zu national“. Die Finanzminister Italiens und Griechenlands mahnten grundlegende Korrekturen bei der Bewertung der Staatsanleihen an. Von Eurogruppen-Chef Mario Centeno gab es eher Lob dafür, dass Deutschland sich etwas bewegt hat – weniger für die inhaltliche Ausgestaltung des ScholzPapiers. Dennoch blieb der Minister optimistisch. Bereits Anfang nächsten Jahres könnten die Vorschläge als Gesetzestext vorliegen und dann zügig umgesetzt werden. Danach sah es am Donnerstag in Brüssel allerdings ganz und gar nicht aus.