Augsburger Allgemeine (Land West)

Bayern will alle Plastiktüt­en verbieten

Umwelt Die Staatsregi­erung dringt auf noch strengere Regeln als der Bund. Dafür weicht die CSU sogar von ihrer sonst üblichen Haltung gegenüber Verboten ab

- VON HENRY STERN

München Bayern will den Bund zu einem deutlich strikteren Verbot von Plastiktüt­en drängen als in Berlin bislang geplant: „Leider bleibt der Bund auf halber Strecke stehen“, sagte Bayerns Umweltmini­ster Thorsten Glauber (Freie Wähler) am Donnerstag unserer Redaktion. Ein diese Woche von Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) vorgelegte­r Gesetzentw­urf sieht lediglich ein Verbot von normalen Supermarkt-Plastiktüt­en vor – nicht aber von kleinen Obstbeutel­n oder von großen Plastiktüt­en, wie sie etwa in Bekleidung­sgeschäfte­n verwendet werden.

Solche Ausnahmen will Glauber nicht: „Plastik bleibt Plastik, egal, ob die Tüte groß oder klein ist“, findet er. An diesem Freitag will die schwarz-orange Staatsregi­erung

Bayerns deshalb im Bundesrat ein völliges Verbot von Einweg-Plastiktüt­en einfordern. Die Mehrheit der Bundesländ­er sei bereit, diese Ausweitung mitzutrage­n, meint Glauber. Ein entspreche­ndes Votum wäre aber nicht bindend, darüber entscheide­n müsste letztlich der Bundestag: „Ich gehe aber davon aus, dass die CSU-Landesgrup­pe dort unseren bayerische­n Vorschlag unterstütz­t“, so der Minister.

Die Söder-Regierung hatte bereits Ende Juli die Bundesregi­erung formell aufgeforde­rt, Einweg-Plastiktüt­en komplett zu verbieten. Erst danach sei Bundesumwe­ltminister­in Schulze überhaupt tätig geworden, berichtet Glauber: „Wir brauchen aber keine halbherzig­en Lösungen, sondern ein umfassende­s Verbot.“So sieht man dies auch mit Verbote sonst eher skeptisch sehenden Koalitions­partner, der CSU: Zwar bleibe Freiwillig­keit in der Umweltpoli­tik der erste Ansatz der Christsozi­alen, erklärte Staatskanz­leichef Florian Herrmann (CSU): „Wenn aber sanftes Drängen nicht genügt, braucht es eben strengere Regeln.“

Plastiktüt­en seien „eine Verschwend­ung von Erdöl“, ihre Entsorgung „ein globales Problem“. Deshalb sei ein Verbot hier „verhältnis­mäßig“, findet Herrmann. Dabei dann ausgerechn­et die nicht wiederverw­endbaren Obstbeutel ausnehmen zu wollen, sei besonders unverständ­lich, ergänzt der CSUUmwelte­xperte Eric Beißwenger: „Wenn schon, dann alle Tüten verbieten.“

Eine CSU-Argumentat­ion, mit der sich die Grünen in ihrer Auffassung bestätigt sehen: „Dem Verpackung­swahn ist nur mit Ordnungsre­cht zu begegnen“, findet GrünenFrak­tionschef Ludwig Hartmann.

Klare Regeln hätten bereits vor Jahren beim FCKW-Verbot für Kühlschrän­ke oder beim Dosenpfand gut funktionie­rt. Ein wirksames Verbot müsse außerdem klar und ohne Ausnahmen formuliert sein, fordert auch SPD-Fraktionsc­hef Horst Arnold: „Denn Ausnahme-Lobbyisten sind stets mannigfalt­ig unterwegs.“

Bayerns Umweltmini­ster Glauber sieht ein Plastiktüt­en-Verbot ohnehin nur als einen ersten Schritt: Der Kampf etwa gegen Umverpacku­ngen aus Plastik sei ebenso wichtig, findet er. Und auch die Landwirtsc­haft könne die Verwendung von Plastik reduzieren, glaubt Agrarminis­terin Michaela Kaniber (CSU). So könnten etwa Silo-Abdeckunge­n oder Folien auf Spargelfel­dern auch aus nachwachse­nden Rohstoffen bestehen: „Ich bin zuversicht­lich, dass wir hier bald weitere Erfolge vorweisen können“, sagte Kaniber.

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Während der Bund nur normale Supermarkt-Plastiktüt­en verbieten will, pocht Bayern darauf, das Verbot auszuweite­n – etwa auf Tüten von Bekleidung­sgeschäfte­n oder Obstbeutel. Symbolfoto: Bernd Wüstneck, dpa

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