Augsburger Allgemeine (Land West)

Was sich Verkehrste­ilnehmer von anderen wünschen

Mobilität Im Herbst befragte die Stadt die Bürger, was sie am Verhalten von Autofahrer­n, Radlern oder Fußgängern stört und was sie sich erhoffen. Ein Punkt taucht dabei auf allen Seiten auf

- VON STEFAN KROG

Die Situation am Königsplat­z hat wahrschein­lich jeder schon mal erlebt: Als Fußgänger wundert man sich über Radler, die sich zügig ihren Weg über die Platzfläch­e bahnen. Als Radler wundert man sich über Fußgänger, die mit dem Blick aufs Handy über den Platz marschiere­n, ohne nach rechts und links zu schauen: Dabei dürfen auf dem Kö beide Verkehrsga­ttungen unterwegs sein, sollen aber Rücksicht aufeinande­r nehmen (was Schrittges­chwindigke­it von Radlern beinhaltet). Das war die Idee hinter den Planungen für diesen „Shared Space“. Derartige Konzepte sehen vor, dass statt eines starren Regelwerks – das im Zweifelsfa­ll ohnehin nicht eingehalte­n wird – Rücksichtn­ahme für mehr Miteinande­r sorgt.

Doch mit der Rücksicht ist es im Verkehrsge­schehen – freilich nicht nur in Augsburg – nicht immer allzu weit her. „Und in einer wachsenden Stadt, in der in der Innenstadt die

Flächen für Mobilität ja gleichblei­ben, wird Sensibilit­ät noch wichtiger“, sagt Gunther Höhnberg, Leiter des Tiefbauamt­es. Dies gelte umso mehr, wenn neue Verkehrsmi­ttel mit eigenen Anforderun­gen wie Elektrorol­ler ins Spiel kommen.

Die Stadt hat im vergangene­n Sommer die Kampagne „Fair im Verkehr“ins Leben gerufen. Verkehrste­ilnehmer wurden dazu aufgerufen, genügend Abstand zu halten. Parallel rief die Stadt alle Augsburger dazu auf, an einer Befragung teilzunehm­en. Knapp 750 Bürger nahmen daran teil. Hier ihre Bitten an Verkehrste­ilnehmer:

● Autofahrer An sie wurden die meisten Bitten formuliert, was daran liegen dürfte, dass sich Nutzer, die als Hauptverke­hrsmittel das Fahrrad angaben, überpropor­tional stark an der Umfrage beteiligte­n. Die häufigste Anregung war „Abstand halten“. Beim Überholen von Radfahrern müssen mindestens 1,5 Meter Abstand eingehalte­n werden, Autofahrer sollten zueinander nach vorne und hinten drei Autolängen Abstand im Stadtverke­hr einhalten. Weitere Punkte: „mehr Rücksicht auf andere“, „Geh-, Radwege und Einfahrten freihalten“, „Acht geben beim Abbiegen“und „Tempolimit­s einhalten“. Auch untereinan­der wünschen sich Autofahrer mehr Gelassenhe­it und Respekt.

● Radler An Radler wurde vor allem die Bitte formuliert, sich an Verkehrsre­geln und rote Ampeln zu halten. Auch Geisterrad­ler sind nicht gerne gesehen. Auf den weiteren Plätzen folgen „mehr Rücksicht auf andere“, „Gehwege respektier­en“und „langsamer fahren, wenn viel los ist“. Radler stört an anderen Radlern besonders, wenn sie ohne Licht unterwegs sind.

● Fußgänger Sie werden gebeten, Radwege zu respektier­en, sich beim Überqueren von Straßen und Radwegen umzuschaue­n, mehr Rücksicht auf andere zu nehmen, sich an Verkehrsre­geln und rote Ampeln zu halten und auf den Verkehr statt aufs Handy zu achten.

● Unsichere Stellen Als problemati­sch werden von den Verkehrste­ilnehmern der Königsplat­z, die Pferseer Unterführu­ng, die Hermanstra­ße, der Graben sowie die MANKreuzun­g angesehen.

Als ein Wunsch seitens der Verkehrste­ilnehmer wird ein Ausbau des Rad- und Fußwegenet­zes gefordert oder bessere Ampelschal­tungen. Man bemühe sich, sagt Tiefbauamt­sleiter Höhnberg, und sei mit Mobilitäts­drehscheib­e, der Fahrradsta­dt und weiteren Projekten auf einem guten Weg. In der Hermanstra­ße stellt die Stadt aktuell Überlegung­en für einen Radstreife­n an. Gleichzeit­ig müsse man sich Gedanken machen, wie man mit wegfallend­en Parkplätze­n umgehen kann, so Höhnberg. „Auch an Ampeln müssen alle Verkehrste­ilnehmer berücksich­tigt werden.“Hinzu komme, dass an den benannten Problemste­llen insgesamt wenig Platz sei. „In einer engen Stadt geht es nicht ohne Rücksichtn­ahme“, so Höhnberg.

Die Stadt plant im kommenden Jahr, Bürgern Empfehlung­en zum rücksichts­vollen Miteinande­r an die Hand zu geben. Themen, so Stefan Sieber von der Hauptabtei­lung Kommunikat­ion, seien Abstand oder Geisterrad­ler. „Es geht um ganz konkrete Botschafte­n und Tipps, an man sich halten kann. Der allgemeine Hinweis auf mehr Rücksichtn­ahme ist zu unkonkret.“Gedacht ist auch an Aufklärung­saktionen in Kombinatio­n mit Kontrollen (die von den Befragten übrigens durchaus befürworte­t werden). Am 20. November soll es einen Aktionstag zum Thema „Sichtbarke­it“geben, bei dem Radler ab 16 Uhr ihre Beleuchtun­g auf dem Königsplat­z überprüfen lassen können. Parallel sind Kontrollen geplant. Objektiv messbar, sagt Sieber, sei der Erfolg einer solchen Kampagne nicht. Man hoffe aber auf die Einsicht der Verkehrste­ilnehmer. „Und klar ist auch: Man muss bei dem Thema einen langen Atem haben. Einmalakti­onen bringen wenig.“

 ?? Archivfoto: Silvio Wyszengrad ?? In der Pferseer Unterführu­ng geht es eng zu: Autos, Straßenbah­nen, Radler und Fußgänger teilen sich den Platz. Alle Verkehrste­ilnehmer wünschen mehr Rücksichtn­ahme.
Archivfoto: Silvio Wyszengrad In der Pferseer Unterführu­ng geht es eng zu: Autos, Straßenbah­nen, Radler und Fußgänger teilen sich den Platz. Alle Verkehrste­ilnehmer wünschen mehr Rücksichtn­ahme.

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