Augsburger Allgemeine (Land West)

Kinder haften nicht für ihre Eltern

Staat fordert kaum noch Pflegekost­en ein

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Berlin Die Kinder von Pflegebedü­rftigen sollen in den meisten Fällen von Kosten fürs Pflegeheim befreit werden. Nach einem Gesetz, das der Bundestag am Donnerstag­abend verabschie­det hat, müssen sich Töchter und Söhne der Betroffene­n erst ab einem jährlichen Bruttoeink­ommen von 100 000 Euro finanziell an der Pflege der Eltern beteiligen. Wenn Pflegebedü­rftige die Heimkosten nicht zahlen können, springt bislang zunächst das Sozialamt mit der „Hilfe zur Pflege“ein. Oft bittet die Behörde dann die Kinder zur Kasse, um einen Teil der Kosten zurückzube­kommen. Häufig scheuen die Ämter allerdings auch vor solchen Forderunge­n zurück, weil aufwendige Verfahren und Einkommens­prüfungen nötig werden.

Wie viele Menschen an den Kosten beteiligt werden, ist schwer zu sagen. Eine aktuelle aussagekrä­ftige Statistik gibt es nicht. Im Gesetzentw­urf ist von rund 55000 Menschen die Rede. Auf Sozialhilf­e angewiesen sind rund 300 000 Heimbewohn­er, weil Rente, Pflegevers­icherung und das eigene Vermögen nicht reichen. Der Deutsche Städtetag rechnet mit Mehrkosten von jährlich 500 Millionen Euro für die Städte. Nachgewies­ene Mehrbelast­ungen müssten den Kommunen vollständi­g ausgeglich­en werden.

Die Deutsche Stiftung Patientens­chutz zweifelte die Zahlen an und maß dem Gesetz nur vergleichs­weise geringe Auswirkung­en zu. „Denn von den vier Milliarden Euro, die die Kommunen für die Sozialhilf­e von Pflegebedü­rftigen zahlen, können sie sich heute gerade einmal 77 Millionen Euro von den Angehörige­n zurückhole­n“, sagte Stiftungsv­orstand Eugen Brysch. „Das Angehörige­n-Entlastung­sgesetz klingt groß, wird aber in der Praxis kaum zu spüren sein“, erklärte er.

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