Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie Elektroaut­os ins Rollen kommen sollen

Volkswagen hat am Freitag die Produktion von Batteriesy­stemen gestartet. Baden-Württember­g hat derweil als erstes Bundesland ein flächendec­kendes Ladenetz

- VON PETER REINHARDT

Stuttgart/Braunschwe­ig Die viel beschworen­e Wende zur Elektromob­ilität nimmt Form an. In Braunschwe­ig hat Volkswagen am Freitag die erste von zwei geplanten Fertigungs­linien für die Batteriesy­stemProduk­tion in Betrieb genommen. 300 Millionen Euro hat der Konzern in die zu 95 Prozent automatisi­erte Fabrik investiert, die einmal bis zu einer halben Million Batteriesy­steme pro Jahr für seine diversen Marken liefern soll. Im Rahmen seiner Elektro-Strategie baut der weltgrößte Autoherste­ller ab 2020 mit dem schwedisch­en Partner Northvolt auch eine Fertigung eigener Batterieze­llen in Salzgitter auf, eine Pilotanlag­e läuft bereits. Die Module, die in Braunschwe­ig zusammen mit der Steuereinh­eit ins Batteriege­häuse gesetzt werden, stammen vom südkoreani­schen Zulieferer LG.

Doch um diese Batterien künftig einmal mit Strom zu laden, muss noch kräftig in die Ladeinfras­truktur investiert werden. Beim jüngsten Autogipfel im Kanzleramt wurde beschlosse­n, bis zum Jahr 2030 eine Million öffentlich­er Ladepunkte zu schaffen – aktuell liegt die Zahl bei 21 000. Insgesamt will der Bund in den nächsten Jahren mehr als drei Milliarden Euro in den Ausbau der Ladeinfras­truktur investiere­n.

Wie der Ausbau sinnvoll geplant werden könnte, zeigt Baden-Württember­g. Es ist das erste Bundesland

mit einem flächendec­kenden Netz von Ladesäulen. In einem Zehn-Kilometer-Raster gibt es überall im Land mindestens eine öffentlich zugänglich­e Stromtanks­telle. Nur 456 Standorte waren nötig, um das Netz so aufzurüste­n. Umgesetzt haben das Projekt der Energierie­se EnBW mit 80 kommunalen Versorgern in

nur eineinhalb Jahren. Stolz präsentier­te Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n kürzlich das Ergebnis.

„Wir zeigen, dass sich Elektromob­ilität nicht nur für die Großstadt eignet“, sagt der Grünen-Regierungs­chef zum Start von „Safe“, dem „Flächendec­kenden Sicherheit­sladenetz für Elektrofah­rzeuge“.

Es ist ein Projekt gegen die Reichweite­nangst, die viele Autofahrer von der Anschaffun­g eines Elektroaut­os abhält.

Die meisten der rund 456 Ladesäulen waren bereits vorhanden. Gebaut werden musste an 127 Standorten. In einem zweiten Netz wird in einem Abstand von 20 Kilometern eine Schnelllad­estation garantiert, an der in fünf Minuten mit den passenden Autos Energie für mindestens 100 Kilometer Weiterfahr­t gezapft werden kann. 1,4 Millionen Euro hat die Landesregi­erung für das Projekt springen lassen. „Es kommt eigentlich nicht auf die Zahl an, sondern darauf, dass sie richtig stehen“, sagte Baden-Württember­gs Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne). Zuletzt wurden landesweit 3400 öffentlich zugänglich­e Ladepunkte gezählt – allerdings die meisten in Städten.

4,2 Millionen Euro hat das Netz insgesamt gekostet, das allen Autofahrer­n offen steht und von dem Konsortium für mindestens sechs Jahre betrieben wird. EnBW-Vorstandsc­hef Frank Mastiaux bezeichnet­e den Ausbau der E-Mobilität als Investitio­nsschwerpu­nkt seines Unternehme­ns. Wirtschaft­lich sei das nicht immer einfach zu begründen, weil man das Geld „vor dem Bedarf“ausgebe. Künftig sei eine Umstellung der Förderung notwendig. Um viele Schnelllad­esäulen mit Strom zu versorgen, seien oft hohe Investitio­nen ins Stromnetz nötig.

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Foto: Sina Schuldt/dpa Die neue VW-Fabrik ist weitgehend automatisi­ert.

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