Augsburger Allgemeine (Land West)
Wie Elektroautos ins Rollen kommen sollen
Volkswagen hat am Freitag die Produktion von Batteriesystemen gestartet. Baden-Württemberg hat derweil als erstes Bundesland ein flächendeckendes Ladenetz
Stuttgart/Braunschweig Die viel beschworene Wende zur Elektromobilität nimmt Form an. In Braunschweig hat Volkswagen am Freitag die erste von zwei geplanten Fertigungslinien für die BatteriesystemProduktion in Betrieb genommen. 300 Millionen Euro hat der Konzern in die zu 95 Prozent automatisierte Fabrik investiert, die einmal bis zu einer halben Million Batteriesysteme pro Jahr für seine diversen Marken liefern soll. Im Rahmen seiner Elektro-Strategie baut der weltgrößte Autohersteller ab 2020 mit dem schwedischen Partner Northvolt auch eine Fertigung eigener Batteriezellen in Salzgitter auf, eine Pilotanlage läuft bereits. Die Module, die in Braunschweig zusammen mit der Steuereinheit ins Batteriegehäuse gesetzt werden, stammen vom südkoreanischen Zulieferer LG.
Doch um diese Batterien künftig einmal mit Strom zu laden, muss noch kräftig in die Ladeinfrastruktur investiert werden. Beim jüngsten Autogipfel im Kanzleramt wurde beschlossen, bis zum Jahr 2030 eine Million öffentlicher Ladepunkte zu schaffen – aktuell liegt die Zahl bei 21 000. Insgesamt will der Bund in den nächsten Jahren mehr als drei Milliarden Euro in den Ausbau der Ladeinfrastruktur investieren.
Wie der Ausbau sinnvoll geplant werden könnte, zeigt Baden-Württemberg. Es ist das erste Bundesland
mit einem flächendeckenden Netz von Ladesäulen. In einem Zehn-Kilometer-Raster gibt es überall im Land mindestens eine öffentlich zugängliche Stromtankstelle. Nur 456 Standorte waren nötig, um das Netz so aufzurüsten. Umgesetzt haben das Projekt der Energieriese EnBW mit 80 kommunalen Versorgern in
nur eineinhalb Jahren. Stolz präsentierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann kürzlich das Ergebnis.
„Wir zeigen, dass sich Elektromobilität nicht nur für die Großstadt eignet“, sagt der Grünen-Regierungschef zum Start von „Safe“, dem „Flächendeckenden Sicherheitsladenetz für Elektrofahrzeuge“.
Es ist ein Projekt gegen die Reichweitenangst, die viele Autofahrer von der Anschaffung eines Elektroautos abhält.
Die meisten der rund 456 Ladesäulen waren bereits vorhanden. Gebaut werden musste an 127 Standorten. In einem zweiten Netz wird in einem Abstand von 20 Kilometern eine Schnellladestation garantiert, an der in fünf Minuten mit den passenden Autos Energie für mindestens 100 Kilometer Weiterfahrt gezapft werden kann. 1,4 Millionen Euro hat die Landesregierung für das Projekt springen lassen. „Es kommt eigentlich nicht auf die Zahl an, sondern darauf, dass sie richtig stehen“, sagte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Zuletzt wurden landesweit 3400 öffentlich zugängliche Ladepunkte gezählt – allerdings die meisten in Städten.
4,2 Millionen Euro hat das Netz insgesamt gekostet, das allen Autofahrern offen steht und von dem Konsortium für mindestens sechs Jahre betrieben wird. EnBW-Vorstandschef Frank Mastiaux bezeichnete den Ausbau der E-Mobilität als Investitionsschwerpunkt seines Unternehmens. Wirtschaftlich sei das nicht immer einfach zu begründen, weil man das Geld „vor dem Bedarf“ausgebe. Künftig sei eine Umstellung der Förderung notwendig. Um viele Schnellladesäulen mit Strom zu versorgen, seien oft hohe Investitionen ins Stromnetz nötig.