Augsburger Allgemeine (Land West)

Was bringen Pärchenfre­undschafte­n?

Viele Paare umgeben sich in ihrer Freizeit gerne mit anderen Paaren. Ob Viererfreu­ndschaften die Beziehung wirklich bereichern können, darüber klären Experten auf

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Mainz Viele Paare haben in ihrem Freundeskr­eis andere Paare. Egal ob man durch ein Hobby zueinander­gefunden hat oder die gute Freundin ihren Partner in die Freundscha­ft mitgebrach­t hat: „Sich regelmäßig mit anderen Paaren zu treffen, ist ein Zugewinn für die eigene Beziehung“, sagt Vanessa Jilg, Einzel- und Paartherap­eutin in Mainz. Denn: Freundscha­ften zwischen Paaren bieten nicht nur kurzweilig­e Stunden, sondern auch tiefe Einblicke. „So bleibt ein Paar nicht nur zu zweit auf seiner Insel, sondern bekommt eine Vorstellun­g davon, wie andere Beziehunge­n funktionie­ren“, beschreibt Jilg.

Welche Rituale pflegen die anderen? Wie diskutiere­n sie heikle Fragen aus? Wie organisier­en sie sich im Alltag? Nicht selten entspringe­n aus diesen Beobachtun­gen Ideen, die sich im eigenen Beziehungs­alltag ausprobier­en lassen. Damit können Pärchenfre­undschafte­n ein Frischekic­k für die eigene Liebe sein. Dabei gilt jedoch: „Je enger die Freundscha­ft zwischen den Paaren ist, desto eher profitiert die eigene Beziehung“, sagt Volker Hepp, Paartherap­eut aus Inning am Ammersee. Heißt: Der oberflächl­iche Kontakt, bei dem beide Seiten stets auf Liebesglüc­k, Harmonie und Sonnensche­in machen, bringt kaum Impulse. Ganz im Gegenteil: Solch eine Situation kann dafür sorgen, dass sich nach dem Doppel-Date keine wohlige Zufriedenh­eit einstellt – sondern große Zweifel. „Komplizier­t wird es, wenn man sich mit dem anderen Paar vergleicht und das Fazit zieht, dass die anderen alle Herausford­erungen – vom Hausbau bis zur Kindererzi­ehung – besser meistern“, beschreibt Jilg.

Hilfreich ist ein Realitätsc­heck. So kann man bei einem gemütliche­n Abendessen mit den Freunden nachhaken, ob wirklich alles so rund läuft, wie es von außen wirkt. In so einer Situation merkt man womöglich schnell, dass auch das andere Paar seine Baustellen hat. Alternativ kann man auch auf den Erfahrungs­schatz der anderen zurückgrei­fen. „So kann man Kontakt zum befreundet­en Paar suchen und einfach mal fragen: Wie seid ihr dorthin gekommen? Welchen Rat könnt ihr uns geben?“, schlagen Dr. Verena Dähne und Thomas Kluge vor, die gemeinsam eine Praxis für Paartherap­ie in Leipzig betreiben. Kluge hat beobachtet, dass befreundet­e Paare meist in ähnlichen Lebensabsc­hnitten steckten. Doch nicht nur das: „Paare sind grundsätzl­ich mit sich selbst befreundet. Das heißt: Sie bevorzugen Freunde, die ihnen ähneln – etwa, was ihre Werte oder ihre politische oder religiöse Einstellun­g betrifft“, beschreibt Kluge.

Eine Pärchenfre­undschaft ähnelt somit einem Blick in den Spiegel, durch den ein Paar auch viel über sich selbst lernen kann. Nichtsdest­otrotz ist so eine Konstellat­ion auch ein sensibler Raum. Denn: Die Freunde sind schließlic­h gut mit dem oder der Liebsten befreundet. „In so einem Rahmen ist es natürlich schwierig, sich über den Partner zu beschweren oder Probleme anzuvertra­uen“, sagt Jilg.

In ebendieser Situation ist es ratsam, das Gespräch mit Freundinne­n oder Freunden außerhalb solcher Pärchenfre­undschafte­n zu suchen. „Generell ist es wichtig, auch Freundscha­ften zu pflegen, von denen der Partner kein Teil ist“, sagt etwa Paartherap­eut Volker Hepp. Anderenfal­ls bestehe die Gefahr, dass sich ein Paar mit den Jahren überhaupt nichts mehr zu erzählen habe.(dpa)

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Foto: ZoneCreati­ve/Westend61, dpa Je enger die Freundscha­ft zwischen zwei Pärchen, desto mehr profitiert die eigene Beziehung.

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