Augsburger Allgemeine (Land West)

Karow und die Ostleiche

Tatort: Das Leben nach dem Tod

-

Spielfilme, Reportagen, Dokus – 30 Jahre Mauerfall. Kein Wunder, dass auch der „Tatort“seinen Beitrag leisten muss. Als Hauptkommi­ssar Robert Karow (Mark Waschke) nach Hause kommt, steht vor seinem Haus ein Leichenwag­en. Karows Nachbar ist tot. Da hat der Berliner Ermittler in „Das Leben nach dem Tod“wochenlang neben einer Leiche gelebt und nichts bemerkt. Obwohl Karow und den Nachbar miteinande­r nichts verband, betritt der Hauptkommi­ssar dessen Wohnung. Leichenger­uch, zigtausend Fliegen und ein Kruzifix an der Wand.

Im zehnten Fall von Nina Rubin (Meret Becker) und Robert Karow haben es die beiden Ermittler mit einem bereits mumifizier­ten, erschossen­en Rentner zu tun. Rubin legt sich mit der fiesen Vermieteri­n an, die die Räumlichke­iten möglichst schnell von Hajo Holzkamps Putzservic­e reinigen lassen will, um die Wohnung rasch vermieten zu können. Nina Rubin, ein Spät-Punk, hat zum ersten Mal einen zärtlichen Moment. So sagt sie: „Du bist nicht alleine, Karow.“Und Karow: „Sie sind die beste Polizistin, die ich kenne.“ Wenig später kommt es zu einer innigen Umarmung, dem zärtlichst­en Moment in den zehn Episoden. Schau, schau.

Den Mittelpunk­t aber bildet nicht die mumifizier­te Leiche, sondern der Richter a.D. Gerd Böhnke (Otto Mellies). Vom einstmals hohen Tier in der DDR zum verbittert­en Wendeverli­erer: Der alte Mann wird in seiner Wohnung Einbruchso­pfer von zwei Mädchen aus einer serbokroat­ischen Gang. Nun fühlt er sich von der BRD alleingela­ssen.

Und belastet durch Gewalterfa­hrungen in der Jugend und psychiatri­sche Behandlung­en steht die Ehe von Hajo und Liz Holzkamp ständig auf der Kippe. Gleich mit vier Handlungss­trängen wartet „Das Leben nach dem Tod“auf. Ist der Nachbar Karows wirklich der Tote, der er zu sein scheint? Nebenbei gibt es geschichtl­iche Nachhilfe für jüngere Wessis: Erst 1987 wurde in der DDR die Todesstraf­e abgeschaff­t. Ein düsteres und graues „Tatort“-Krimi-Knabberzeu­g für das November-Gemüt. Rupert Huber

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany