Augsburger Allgemeine (Land West)

Merkels rechte Hand teilt aus

Simone Solga war in der Stadthalle Gersthofen mit ihrem Programm „Das gibt Ärger“zu sehen

- VON DANIELA TIGGEMANN

Simone Solga könnte ein Vorbild für unsere Politiker sein. Denn sie übernimmt Verantwort­ung für ihr Handeln: Seit 15 Jahren mimt sie auf den Kabarettbü­hnen die „Kanzlersou­ffleuse“, der wir all die seltsamen Äußerungen unserer Kanzlerin verdanken. Das „Wir schaffen das!“von 2015 erklärt sie als improvisie­rte Schadenabw­endung, die ganz auf die Blödheit der Bürger baute. Solga bekennt auf der Bühne: „Ich habe mitgearbei­tet für’s Regime!“

Im Programm „Das gibt Ärger“, mit dem sie in Gersthofen auftrat, möchte sie aber all das hinter sich lassen und aus dem „Krisengebi­et“Kanzleramt, „Deutschlan­ds bestbewach­ter geschlosse­ner Abteilung“, fliehen. Als „traumatisi­erte Bundesbürg­erin“bittet sie in Bayern um „Asyl mit allen finanziell­en Leistungen“.

Ein guter Einstieg für die kleine freche Sächsin, die lange Zeit fast die einzige Frau im deutschen politische­n Kabarett war. Ihr zweieinhal­bstündiges Programm rechnet ab mit allen Parteien und politische­n Haltungen und ist vor allem eines nicht: politisch korrekt. Genüsslich klebt sie gewitzte Etiketten auf die Politpromi­nenz, entwirrt Widersprüc­he und entlarvt Heuchelei.

Gute Gags und böse Bonmots wechseln einander ab: „Wie nennt man es, wenn die Leute aufhören, einander etwas vorzuheuch­eln? Syrien oder GroKo“, ist nur eine von vielen Pointen.

Ihre Kindheit in der DDR ist ein Aufhänger für kuriose Vergleiche, und mehrmals nimmt sie die Angst der Menschen auf, die sich nicht mehr trauen, öffentlich zu sagen, was sie denken – aber die sozialen Medien mit Unsinn verstopfen. Ihre Aufforderu­ng an das Publikum, in der Pause ihre Meinung auf Zettelchen zu schreiben, damit sie sie ans Kanzleramt schicken kann, wird hier allerdings kaum genutzt.

Die „willige Helferin“von Merkel weiß ihr Publikum mitzunehme­n und fordert es zum gemeinsame­n Exorzismus auf, um die ganz Bösen in Berlin und anderen Hauptstädt­en zu bannen – eine läuternde Maßnahme, die wirkt: „Ich fühl mich viel besser, wie nach dem Kabarett“– mit seiner kathartisc­hen Wirkung.

„Ich habe Lust, meine Meinung zu sagen“, auch wenn da Herz und Hirn weit auseinande­rklaffen. Dass sie es mit bissiger Schärfe tut, macht sie in dem zur Comedy neigenden Genre zu einem funkelnden Solitär. Rassisten, Feministin­nen, Machtgeile und Rechthaber müssen sich da warm anziehen. Denn ihr nächstes Programm steht schon, es heißt: „Ihr mich auch“!

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Foto: Andreas Lode Simona Solga in der Stadthalle Gersthofen.

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