Augsburger Allgemeine (Land West)
Der Staudenmaler von Mickhausen
Fahrrad, Skizzenblock und Bleistift waren seine ständigen Wegbegleiter. Seine Bilder schmücken noch heute manches Haus. Zum 100. Geburtstag von Hans Mühlmann
Stauden/Mickhausen Vielen Menschen in den Stauden ist der Anblick noch immer in guter Erinnerung: Mit seinem alten Fahrrad machte sich an schönen Tagen zu allen Jahreszeiten ein hochgewachsener Mann mit vollem, grauem Haarschopf auf die Suche nach idyllischen Motiven, versteckten Winkeln und abgelegenen Weilern. Hier konnte der Hobbymaler Hans Mühlmann stets aus dem Vollen schöpfen. Am morgigen Sonntag wäre der Autodidakt mit dem besonderen Auge für schöne, ausgefallene Motive 100 Jahre alt geworden.
Am 10. November 1919 in dem sächsischen Dorf Tannenbergsthal bei Klingenthal geboren, wuchs Hans Mühlmann zusammen mit zwei Brüdern auf. Die Eltern betrieben ein Baugeschäft. Im nahe gelegenen Auerbach machte er im Jahr 1938 sein Abitur. Im angegliederten Internat hatte er seine ersten Erfah
im Umgang mit Pinsel und Zeichenstift gesammelt und seine Liebe und Leidenschaft zum Malen entdeckt. Nach Reichsarbeitsdienst, Weltkrieg und Jahren der Gefangenschaft verschlug es ihn zuerst in die Nähe von Hameln, wo er seine Maurerlehre mit der Gesellenprüfung abschloss. In Düsseldorf studierte er anschließend Architektur und schuf damit die Voraussetzungen für seinen späteren Beruf, dem er im Fachgebiet Industrie- und Gasbetonbau bis zu seiner Pensionierung die Treue hielt.
Im Oktober 1983 setzte sich der Hobbymaler mit seiner zweiten Frau Silvia in Mickhausen zur Ruhe. Die Liebe zur Natur blieb ihm sein ganzes Leben lang erhalten. „Ich bin kein Städter und würde mich in der Stadt auch nie wohlfühlen“, war aus seinem Mund oft zu hören. Wenn der Kettenraucher Hans Mühlmann nicht mit Fahrrad, Zeichenblock und Malkasten durch die Stauden streifte, immer auf der
Suche nach neuen Blickwinkeln, dann gehörte seine zweite große Freizeitliebe dem Skifahren.
Ein Faible hatte der Künstler aber auch fürs Reisen, Papier und Zeichenstift natürlich immer im Gepäck. Einmal nach seinem Lieblingsbild befragt, kam die spontane Antwort: „Immer das letzte.“
Sein Arbeitszimmer in Mickhausen – Atelier, Bibliothek und Galerie in einem – quoll schier über von Zeichnungen und Aquarellen, die alle Wände bis hinauf zur Zimmerdecke schmückten. Der Großteil seines künstlerischen Schaffens entfiel nach und nach auf individuelle Auftragsarbeiten. Der Künstler freute sich über den großen Anklang, den seine Feder-, Sepia- und Bleistiftzeichnungen, aber auch seine farbenprächtigen, detailgetreuen Aquarelle fanden.
Nach einer Zwischenstation in Walkertshofen verbrachte Hans Mühlmann an der Seite seiner Frau seinen Lebensabend in Diedorfrungen
Lettenbach. In den letzten Lebensjahren hatte ein Augenleiden sein künstlerisches Schaffen erschwert. Am 23. Oktober 2004, wenige Tage vor seinem 85. Geburtstag, starb Hans Mühlmann plötzlich.