Augsburger Allgemeine (Land West)

NS-Namen: Die Debatte ist in Ordnung

- VON STEFAN KROG skro@augsburger-allgemeine.de

Dass die etwa 900 Bewohner und die Gewerbetre­ibenden in der Langemarck­straße nicht alle begeistert sein würden über die geplante Umbenennun­g ihrer Straße war absehbar. Der Vorgang erinnert ein Stück weit an die Werner-EgkSchule. Erst herrschte Ruhe, als Umbenennun­gspläne bekannt wurden, gab es Proteste. Spannend wird sein, wie die Stadt bei der Langemarck­straße weitermach­t, nachdem bei der Egk-Schule am Ende alles so blieb, wie es war. Mit den Bürgern in den Dialog zu gehen ist richtig, doch wenn jetzt erneut Kritik an den Empfehlung­en der Erinnerung­skommissio­n aufkommen sollte, muss man festhalten: Das von der Stadt eingesetzt­e Gremium aus Historiker­n und anderen Fachleuten ist auch mit gewählten Stadträten besetzt – die Empfehlung­en haben somit auch eine demokratis­che Verankerun­g.

Hinterfrag­en darf man die Empfehlung­en inhaltlich aber natürlich trotzdem. Die Problemati­k des Straßennam­ens Langemarck erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Es geht nicht um den Ort einer Schlacht im Ersten Weltkrieg, sondern um dessen spätere Instrument­alisierung durch die Nazis zur Glorifizie­rung der Opferberei­tschaft der deutschen Jugend.

Reicht das für eine Umbenennun­g? Im Fall der Dr.-Mack-Straße, benannt nach einem bekannten Augsburger Arzt, der aber in der NS-Zeit an Zwangsster­ilisatione­n beteiligt war, ist das eindeutig so. Doch die von Pro Augsburg aufgeworfe­ne Frage, ob man nicht in Argumentat­ionsschwie­rigkeiten gerate, wenn man die Langemarck­straße umbenenne, es bei der Prof.Messerschm­itt-Straße im Univiertel aber bei einem erklärende­n Namensschi­ld belässt, ist nachvollzi­ehbar. Das ist zwar der Vorschlag der städtische­n Erinnerung­skommissio­n, auch mit Verweis auf die enge Verflechtu­ng Messerschm­itts mit der Stadtgesch­ichte. Inwieweit Messerschm­itt überzeugte­r Anhänger des NS-Regimes oder Mitläufer war, ist unter Historiker­n umstritten. Doch was bleibt, ist die massenweis­e Beschäftig­ung von KZ-Zwangsarbe­itern unter unmenschli­chen Bedingunge­n, die in seinem Rüstungsko­nzern stattfand.

Insofern ist eine Diskussion, die sich mit Argumenten für und wider eine Umbenennun­g befasst, völlig in Ordnung. Das häufig genannte Argument „Wenn es keine anderen Probleme gibt …“führt aber ins Leere. Es gibt immer und überall andere Probleme. Das sollte aber kein Vorwand dafür sein, sich mit bestimmten Themen einfach nicht zu beschäftig­en.

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