Augsburger Allgemeine (Land West)
Söders Sololauf in Seeon
Hintergrund Der Ministerpräsident startet mit Vollgas ins Jahr und stellt eine neue Mannschaft auf. Seine Beliebtheitswerte steigen, doch die Partei hinkt hinterher
Seeon Am Ende ist es bei der CSUKlausur in Kloster Seeon dann ein wenig anders gekommen als zunächst kolportiert. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verzichtet auf einen größeren Ringtausch in der bayerischen Staatsregierung und versucht zugleich, der Debatte über eine Kabinettsumbildung in Berlin die Schärfe zu nehmen. Aktuell, so Söder, gehe es jetzt erst einmal nur um die Umbildung des Kabinetts in München. In Berlin werde „alles in enger Abstimmung mit der CDUVorsitzenden“entschieden.
Nachfolgerin von Bau- und Verkehrsminister Hans Reichhart wird, wie berichtet, die bisherige Sozialund Arbeitsministerin Kerstin Schreyer (beide CSU). Bestätigt wurde am Donnerstag in Seeon auch, dass der CSU-Landtagsabgeordnete und Bürgerbeauftragte der Staatsregierung, Klaus Holetschek (Memmingen), Staatssekretär im Bauministerium wird. Für eine Überraschung in der CSU-Fraktion allerdings sorgte die dritte Personalie: Die bisherige Sozialstaatssekretärin Carolina Trautner (Landkreis Augsburg) soll nun doch das Ministerium für Arbeit und Soziales übernehmen und nicht das Gesundheitsministerium. Nach Aussage Söders war ein Wechsel von Gesundheitsministerin Melanie Huml ins Sozialressort nie geplant.
Dass er die 58-Jährige aus Stadtbergen zur Sozialministerin macht, begründete Söder mit Trautners Erfahrungen als Staatssekretärin und ihrer Persönlichkeit: „Sie hat große Empathie und das Herz am rechten Fleck.“Die Berufung einer fünften CSU-Ministerin soll aber auch als Signal an die eigene Partei verstanden werden, die sich beim Parteitag im Oktober vergangenen Jahres einer Ausweitung der Frauenquote noch widersetzt hat. Söder stellt damit Geschlechterparität zwischen den CSU-Ressortchefs in der Staatsregierung her: Fünf Ministerinnen, fünf Minister.
Tatkraft versucht der Ministerpräsident auch mit den weiteren Personalentscheidungen zu demonstrieren. Die Berufung Schreyers zur Bau- und Verkehrsministerin begründete er damit, dass die 48-jährige Sozialpädagogin aus dem Landkreis München „sehr durchsetzungsstark“sei, viel Erfahrung im Umgang mit der Bundesebene habe und sich als Abgeordnete aus dem Ballungsraum München schon in der Vergangenheit bei Verkehrsfragen „hoch kompetent“gezeigt habe. Und weil er die Baupolitik zu einem Schwerpunkt der Regierungsarbeit machen will, stellt er ihr Klaus Holetschek als Staatssekretär zur Seite. Der 55-Jährige aus Memmingen sei ein erfahrener Jurist und kenne sich als ehemaliger Bürgermeister von Bad Wörishofen mit den Problemen ländlicher Regionen „perfekt“aus.
Holetschek weiß, was Söder von Schreyer und ihm erwartet. Die Frage nach bezahlbarem Wohnraum und der Mobilität der Zukunft bewege die Menschen sehr. „Da müssen wir möglichst schnell in die Puschen kommen“, sagte Holetschek nach der offiziellen Verkündung seiner Berufung ins Kabinett.
Wie schon eine Woche zuvor bei der Tagung der CSU-Bundestagsabgeordneten dominierte Söder mit seinen Themen und Entscheidungen auch die Klausur der CSULandtagsabgeordneten. Er darf sich mit einigem Recht als Zugpferd seiner Partei fühlen. Zwar liegt die CSU in einer repräsentativen Umfrage, die Infratest Dimap im Auftrag des BR-Politikmagazins „Kontrovers“erstellt hat, bei der Sonntagsfrage zur Landtagswahl mit 36 Prozent Zustimmung noch immer unter ihrem Wahlergebnis aus dem Jahr 2018. Doch mittlerweile stellen bereits 67 Prozent der Befragten dem Ministerpräsidenten ein positives Zeugnis aus. Für den CSU-Chef ist das der erneute Beweis, dass die Probleme seiner Partei in der Bundesund nicht in der Landespolitik ihren Grund haben.
Zwar hat Söder am Donnerstag zum Abschluss der CSU-Klausur in Seeon beteuert, dass er eine Kabinettsumbildung in Berlin nicht in einem schnellen Alleingang durch die Ablösung der CSU-Bundesminister Andreas Scheuer und Horst Seehofer erzwingen will. Es werde alles, so sagte Söder, „zusammen mit der CDU beraten“. Von seiner Forderung nach einer Umbildung und Verjüngung des Bundeskabinetts bis zur Mitte des Jahres allerdings rückt er nicht ab.
In der Parteispitze steht er damit nicht allein. Und auch Experten wie der frühere Stoiber-Berater Michael Spreng sehen die Notwendigkeit zu handeln. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagte Spreng: „Die Leute haben genug von den ewigen Personaldiskussionen. Deshalb darf Söder nicht nur reden, sondern er muss handeln – und bei seinen eigenen Leuten anfangen. Sonst steht er am Ende als bayerischer Polit-Gorilla da, der sich nur ein bisschen auf die Brust getrommelt hat.“Und Spreng nennt auch Namen: „Andreas Scheuer kann nicht mehr für eine ernst zu nehmende Verkehrspolitik stehen und Horst Seehofer nicht mehr für die Zukunft.“Es sei richtig, zu zeigen, „wie es nach der Ära Merkel weitergehen soll – auch und gerade personell“.
Die Klausur in Seeon ging am Donnerstag mit der Verabschiedung von zwei Resolutionen zu Ende. Zum einen bekannte sich die Landtagsfraktion unter Vorsitz von Thomas Kreuzer zum Schutz und zur Förderung jüdischen Lebens in Bayern. Zum anderen brachte sie die Überzeugung zum Ausdruck, dass Klimaschutz letztlich nur mit Forschung und Innovation zu machen sei. Nur mit „Verzichtsparolen“, sagte Kreuzer, habe man keine Chance, die Klimaziele zu erreichen.