Augsburger Allgemeine (Land West)

Alles ist erlaubt – von Hippie-Haarband bis zum Undercut

Theater Das Theter Ensemble entführt mit „Smells Like Theter Spirit“im City Club in Augsburg in die Zeit von Kurt Cobain

- VON CLAUDIA KNIESS

Eine Grunge-Party als Setting und Nirvanas Song „Smells Like Teen Spirit“als roter Faden, um neue Talente zu zeigen: So präsentier­t das Theter Ensemble seine erste Inszenieru­ng des Jahres im Augsburger City Club. 14 frisch gefangene junge Theter-Macher oder solche, die sich einmal neu ausprobier­en wollen, haben seit September Songs und Szenen erarbeitet, „sich oder Freunde inszeniert“, wie es auf dem schmalen Programmze­ttel heißt, und Sina Abel hat das alles in Komplettre­gie zu einem bunten Abend zusammenge­fügt. „Smells Like Theter Spirit“heißt angelehnt an den Song das Format, das es zum zehnjährig­en Jubiläum des gemeinnütz­igen Theaterkul­tur-Vereins Theter bereits zum zweiten Mal gibt.

Nun passt Grunge natürlich perfekt in den City Club mit seinen putzlosen Wänden und abgetanzte­n Böden, seinem shabby unschickMo­biliar und seinem jungen, alternativ­en Publikum. Entspreche­nd ist der Übergang fließend zwischen Besuchern und Betreibern im Café vor der Vorstellun­g und den AnfangZwan­zigern, die dann in den Bühnenraum rund um Bar und Technik des Tanzsaals im Obergescho­ss strömen und sofort gute Laune und die Aura von Besonders-Sein verströmen. Alles ist erlaubt: Hippie-Haarband, Space Buns oder Undercut, Patchwork-Schlabberh­ose, GlitzerBau­chtasche oder Adidas-Jacke über Blumenklei­d – Hauptsache bunt und verrückt und 90er.

So wechseln die 14 gut eineinvier­tel Stunden lang immer wieder zwischen Sofas, Sesseln, Boden und Schößen hin und her, während Kurt Cobain trällert „With the lights out, it’s less dangerous, here we are now, entertain us…“. Er wird immer dann auf Pause geschaltet, wenn jemand etwas singen oder spielen möchte. Von eigenen Texten über einen Disney-Musical-Song oder einer Szenen aus einem RainerWern­er-Fassbinder-Film bis zu

Klassikern wie Schillers „Kabale und Liebe“ist alles dabei.

Unterhalte­n wird das Publikum (bei Lichte und dennoch gefahrlos) von den jungen Theatermac­hern abwechslun­gsreich und zumeist profession­ell. Dafür, dass die meisten erst am Anfang einer Bühnenkarr­iere stehen und zurzeit bei Schauspiel­schulen vorspreche­n oder Spiel und Gesang nur als Hobby sehen, überzeugen sie fast durchweg mit Präsenz und guten Stimmen.

Bemerkensw­ert zum Beispiel ist Franziska Rosenbaum, die während sie Sonnengruß-Variatione­n auf einer Yogamatte turnt, über den Niedergang einer Versorgung­s-Ehe in allen Facetten von Liebe und Einverstän­dnis bis zu Ekel und Verachtung erzählt. Oder Lina Meyn und Daria Welsch mit strahlkräf­tigen Balladenst­immen. Oder Sophia Blanckh mit dem Monolog einer Metzgers-Gattin, die von ihrem

Günther einen Sockel geschenkt bekam und auf diesem stehend sich langsam der Vorzüge und Haken des Präsents bewusst wird.

Mindestens so unterhalts­am wie die Programmte­ile ist aber die Party-Performanc­e dazwischen. „I feel stupid and contagious. A mulatto, an albino, a mosquito, my libido. Yeah, hey…“sind Kurt, Krist und Dave weiter vom Band zu hören, während Liebesgesc­hichten ein Happy End finden, Nägel kollektiv lackiert werden, die anatomisch­e Kreativitä­t des Zu-fünft-auf-einem-kleinen-SofaSitzen­s erstaunlic­he Blüten treibt und selbstrefl­exive Einwürfe wie „Na, wie fandet ihr’s?“augenzwink­ernd romantisch­e Ironie ins Spiel bringen. Das riecht nach einer gelungenen Performanc­e.

Termine Noch am 23. und 24. Januar im City Club, Karten im dortigen Café oder unter theter.de/karten

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Es wird gespielt, aber auch gesungen: Das Theter Ensemble bringt zu seinem 10-Jährigen einen Abend wie ein Medley auf die Bühne.
Foto: Michael Hochgemuth Es wird gespielt, aber auch gesungen: Das Theter Ensemble bringt zu seinem 10-Jährigen einen Abend wie ein Medley auf die Bühne.

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