Augsburger Allgemeine (Land West)
Alles ist erlaubt – von Hippie-Haarband bis zum Undercut
Theater Das Theter Ensemble entführt mit „Smells Like Theter Spirit“im City Club in Augsburg in die Zeit von Kurt Cobain
Eine Grunge-Party als Setting und Nirvanas Song „Smells Like Teen Spirit“als roter Faden, um neue Talente zu zeigen: So präsentiert das Theter Ensemble seine erste Inszenierung des Jahres im Augsburger City Club. 14 frisch gefangene junge Theter-Macher oder solche, die sich einmal neu ausprobieren wollen, haben seit September Songs und Szenen erarbeitet, „sich oder Freunde inszeniert“, wie es auf dem schmalen Programmzettel heißt, und Sina Abel hat das alles in Komplettregie zu einem bunten Abend zusammengefügt. „Smells Like Theter Spirit“heißt angelehnt an den Song das Format, das es zum zehnjährigen Jubiläum des gemeinnützigen Theaterkultur-Vereins Theter bereits zum zweiten Mal gibt.
Nun passt Grunge natürlich perfekt in den City Club mit seinen putzlosen Wänden und abgetanzten Böden, seinem shabby unschickMobiliar und seinem jungen, alternativen Publikum. Entsprechend ist der Übergang fließend zwischen Besuchern und Betreibern im Café vor der Vorstellung und den AnfangZwanzigern, die dann in den Bühnenraum rund um Bar und Technik des Tanzsaals im Obergeschoss strömen und sofort gute Laune und die Aura von Besonders-Sein verströmen. Alles ist erlaubt: Hippie-Haarband, Space Buns oder Undercut, Patchwork-Schlabberhose, GlitzerBauchtasche oder Adidas-Jacke über Blumenkleid – Hauptsache bunt und verrückt und 90er.
So wechseln die 14 gut eineinviertel Stunden lang immer wieder zwischen Sofas, Sesseln, Boden und Schößen hin und her, während Kurt Cobain trällert „With the lights out, it’s less dangerous, here we are now, entertain us…“. Er wird immer dann auf Pause geschaltet, wenn jemand etwas singen oder spielen möchte. Von eigenen Texten über einen Disney-Musical-Song oder einer Szenen aus einem RainerWerner-Fassbinder-Film bis zu
Klassikern wie Schillers „Kabale und Liebe“ist alles dabei.
Unterhalten wird das Publikum (bei Lichte und dennoch gefahrlos) von den jungen Theatermachern abwechslungsreich und zumeist professionell. Dafür, dass die meisten erst am Anfang einer Bühnenkarriere stehen und zurzeit bei Schauspielschulen vorsprechen oder Spiel und Gesang nur als Hobby sehen, überzeugen sie fast durchweg mit Präsenz und guten Stimmen.
Bemerkenswert zum Beispiel ist Franziska Rosenbaum, die während sie Sonnengruß-Variationen auf einer Yogamatte turnt, über den Niedergang einer Versorgungs-Ehe in allen Facetten von Liebe und Einverständnis bis zu Ekel und Verachtung erzählt. Oder Lina Meyn und Daria Welsch mit strahlkräftigen Balladenstimmen. Oder Sophia Blanckh mit dem Monolog einer Metzgers-Gattin, die von ihrem
Günther einen Sockel geschenkt bekam und auf diesem stehend sich langsam der Vorzüge und Haken des Präsents bewusst wird.
Mindestens so unterhaltsam wie die Programmteile ist aber die Party-Performance dazwischen. „I feel stupid and contagious. A mulatto, an albino, a mosquito, my libido. Yeah, hey…“sind Kurt, Krist und Dave weiter vom Band zu hören, während Liebesgeschichten ein Happy End finden, Nägel kollektiv lackiert werden, die anatomische Kreativität des Zu-fünft-auf-einem-kleinen-SofaSitzens erstaunliche Blüten treibt und selbstreflexive Einwürfe wie „Na, wie fandet ihr’s?“augenzwinkernd romantische Ironie ins Spiel bringen. Das riecht nach einer gelungenen Performance.
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Termine Noch am 23. und 24. Januar im City Club, Karten im dortigen Café oder unter theter.de/karten