Augsburger Allgemeine (Land West)

Sein Sohn nannte den Papst Opa

Religion Bei einem Vortrag des Vatikanexp­erten Andreas Englisch in Diedorf erzählt dieser zahlreiche Anekdoten über die drei letzten Päpste. Was er zum Streit um den Zölibat zu sagen hat

- VON JOSEFINE WUNDERWALD

Diedorf „Ausverkauf­t“hieß es am Mittwochab­end im Pfarrsaal Herz Mariä in Diedorf: Andreas Englisch, der gefragtest­e deutsche Vatikanexp­erte, hielt dort einen Vortrag. Die Zuhörer nutzten die Gelegenhei­t und konnten ihn unter anderem auch zu dem aktuellen Streit um den Zölibat zwischen Papst Franziskus und seinem Vorgänger befragen.

Der Buchautor Andreas Englisch kennt die Päpste der vergangene­n Jahrzehnte gut und verfügt über exzellente Kontakte zur höchsten Riege der katholisch­en Kirche. Dabei ging der heute in Rom lebende Journalist nach seinem Studium eigentlich nur in die italienisc­he Hauptstadt, um für ein halbes Jahr die Sprache zu lernen. Von der katholisch­en Kirche habe er damals überhaupt keine Ahnung gehabt, erzählte Englisch den Diedorfern. Bei seinem ersten Treffen mit Papst Johannes Paul II. 1988 habe dieser ihn daher gefragt, von was er denn überhaupt etwas verstehe. Englisch antwortete: „Von Fußball!“Eben jener Papst war es dann jedoch, der Englisch dauerhaft veränderte. „Ich bin sehr dankbar, dass ich Paul II. vor seinem Tod noch sagen konnte,

„Ratzinger mag drei Dinge: Schweinsbr­aten, Weizenbier und eine HB.“

Andreas Englisch

dass ich durch ihn wieder zum gläubigen Christen wurde.“Er beschreibt die Zeit nach dem Tod Wojtyłas als für seine ganze Familie sehr schwierig. Besonders sein Sohn hatte den Papst ins Herz geschlosse­n und nannte diesen „Opa Papst“.

Auch Papst Benedikt XVI. lernte Englisch gut kennen und charakteri­siert ihn so: „Ratzinger mag drei Dinge: Schweinebr­aten, Weizenbier und eine HB.“Seine Schwester habe ihm das oft verboten und ihm stattdesse­n Salat und Milch verordnet. Für ihn sei es daher kein Wunder, dass der letzte Papst immer so grimmig schaute, sagte Englisch scherzend.

Papst Franziskus ist der dritte Papst, den Englisch begleiten darf. Er charakteri­siert ihn als Menschen, der ihn mit seiner Bescheiden­heit und seiner Willensstä­rke immer wieder aufs Neue überrascht hat. „Geht nicht in die Kirchen und betet für Verbesseru­ng, sondern aus ihnen raus und verbessert etwas. Dann wird Gott bei euch sein“, zitiert er aus dem Gottesdien­st von Papst Franziskus am Weltjugend­tag in Rio de Janeiro 2013. Diesen Gotam Strand von Rio beschreibt Englisch als den spirituell­sten seines Lebens.

Bei einer abschließe­nden Fragerunde in Diedorf kommt wie von Englisch bereits erwartet natürlich auch die Frage nach dem aktuellen Streit um den Zölibat zwischen Papst Franziskus und Benedikt auf. Englisch erklärt dabei zuerst, dass der Konflikt zwischen der sehr konservati­ven Front um Papst Benedikt XVI. und Papst Franziskus schon seit Jahren schwele und die beiden Päpste grundsätzl­ich verschiede­n tickten.

Während Benedikt sehr auf das Jenseits fokussiert sei, sei es für Franziskus am wichtigste­n, den Armen hier und jetzt zu helfen. Zu der jetzigen Debatte findet Englisch klare Worte: „Es gibt so viele Probleme in der Kirche, wie die Armut auf der Welt, die eigentlich zu lösen wären. Stattdesse­n streiten sie sich darum, ob irgendein verheirate­ter Mann am Amazonas Pfarrer werden darf.“Im Pfarrsaal gibt es daraufhin schallende­n Beifall. Das ist nicht das einzige Mal: Immer wieder kommt es zu Zwischenap­plaus und das Publikum ist sichtbar begeistert von Englischs lebhaften, witzigen und persönlich­en Art zu erzählen.

Auf die Frage, ob der Papst auch bald nach Deutschlan­d kommen würde, antwortet der Experte mit einem klaren Nein. Der Papst intetesdie­nst ressiere sich für die Peripherie, es sei ihm viel wichtiger, zum Beispiel einmal nach Bosnien zu reisen als nach Deutschlan­d. Trotz aktueller Probleme blickt der Vatikanexp­erte positiv in die Zukunft der katholisch­en Kirche. „Franziskus darf man nicht unterschät­zen. Der Mann ist echt entschloss­en.“Schon nach dem Gottesdien­st des Papstes in Rio 2013 habe er sich gedacht: „Vielleicht kann dieser Papst ja dieser eingefrore­nen katholisch­en Kirche doch noch etwas Leben schenken.“

Info Das Buch „Mein Rom“von Andreas Englisch ist momentan nicht auf dem Markt erhältlich. Es erscheint wieder am 21. Januar 2020.

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Foto: Marcus Merk Der deutsche Vatikanexp­erte Andreas Englisch plauderte in Diedorf aus dem Nähkästche­n und verriet, was Papst Benedikt gerne isst oder wie Papst Franziskus tickt.

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