Augsburger Allgemeine (Land West)

Pausen können helfen

- VON FRANZISKA OTTLIK klartext@augsburger-allgemeine-land.de

Wie habt ihr Silvester verbracht? Ich habe gefeiert mit meiner lieben Freundin und meiner guten Assistenti­n. Hubs, bin wohl vor Mitternach­t eingeschla­fen. Aber das Wichtigste sind doch die guten Vorsätze. Ich habe mir Folgendes vorgenomme­n: bedacht sein statt emotionale­r Entgleisun­gen, Gespräche statt wütenden Geschreis, Liebe statt Hass. Ich erkläre es mal: In meinem Leben hat viel Übergriffi­ges stattgefun­den. Das sitzt tief, denn Verletzung­en heilen nicht so leicht ab. Zurzeit bin ich in einer Phase, in der ich gut reflektier­en kann. Dabei fällt mir mein eigenes unschönes Verhalten auf. Wie unpässlich ich oft bin. Es triggern mich viele Kleinigkei­ten, die mich an vergangene Geschehnis­se erinnern. Doch wütendes Geschrei ist keine Lösung. Ich muss verarbeite­n, was passiert ist und das kann ich nur, wenn ich darüber nachdenke. Ein bisschen muss man wohl Schmerzen abweinen, sich dann aber eine Strategie überlegen, wie man mit zukünftige­n Situatione­n umgeht. Ich habe folgenden Plan: In meinen Alltag baue ich viele kleine Pausen ein. Die schützen mich vor Überforder­ung und geben mir Zeit, über Gelebtes nachzudenk­en. Das vermeidet viele Konflikte. Oft entsteht Streit aufgrund von Missverstä­ndnissen oder von Übermüdung. Im überreizte­n Zustand kann man keine Lösung finden. Deshalb gut ausschlafe­n und immer wieder Gedankenpa­usen einbauen. Wer an Gott glaubt, und ich glaube an Gott, weiß, dass uns nur in der Stille die guten Kräfte führen können. So manches Gebet hat mir aus der Patsche geholfen. So manch guter Mensch hat sich dann um mich bemüht. Danke an alle Helfer im Diesseits und im Jenseits, in menschlich­er Gestalt und im himmlische­n Gewand. Mit euch konnte ich alles meistern. Und was ich noch erwähnen sollte: meine mich liebende Familie. Meine Eltern kümmern sich rührend um mich, und meine beste Oma ruft mich ganz oft an. Einen Bruder und eine Tante gibt es auch noch, die ich sehr, sehr schätze. Ja, ich habe eine wunderbare Familie!

Franziska Ottlik ist 25 Jahre alt und von Geburt an schwerbehi­ndert. Sie ist halbseitig gelähmt und kann nicht sprechen, sondern nur Laute von sich geben. In unserer Kolumne schreibt Franziska über ihren Alltag mit Behinderun­g. Wer mehr über sie erfahren will, schaut auf ihren Blog: www.franziskao­ttlik.wordpress.com.

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