Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie läuft der Unterricht in den Corona-Ferien?

Bildung Die Schulen im Augsburger Land setzen auf digitales Lernen. Die internatio­nale Schule in Gersthofen zeigt, was technisch möglich ist. Doch längst nicht überall funktionie­rt läuft der Corona-Unterricht ohne Probleme

- VON PHILIPP KINNE

Landkreis Augsburg „Sind alle da?“, fragt Deutschleh­rerin Birgit Busch. Auf der kleinen Schulbank vor ihr steht ein aufgeklapp­ter Laptop, auf den anderen Bänken die hochgestel­lten Stühle der Schüler. Persönlich anwesend ist keiner von ihnen. Und doch tönt ein lautes „Ja“nach dem anderen durch das Klassenzim­mer. Die Sechstkläs­sler an der internatio­nalen Schule in Gersthofen sind digital miteinande­r verbunden. Viele sind per Video zugeschalt­et.

Die Schule in Gersthofen ist digitaler Vorreiter. Hier zeigt sich, wie Unterricht auch in Zeiten von Corona funktionie­ren kann. Doch längst nicht überall funktionie­rt das.

Die meisten staatliche­n Schulen nutzen das Online-Portal mebis. Schüler können damit digital auf Lernmateri­al zugreifen. Lehrer können Aufgaben einstellen, Schüler können die erledigten Hausaufgab­en zurückschi­cken. Auch vor der Corona-Zwangspaus­e wurde an vielen Schulen im Kreis mit der Plattform gearbeitet. Nun aber kommt es immer wieder zu Problemen. Das Portal ist überlastet, weil zu viele Schüler gleichzeit­ig darauf zugreifen – zusätzlich sorgte ein Hackerangr­iff für Schwierigk­eiten. Mittlerwei­le wird deshalb auch auf andere Dienste zurückgegr­iffen.

An der privaten internatio­nalen Schule in Gersthofen arbeiten die Schüler und Lehrer bereits seit einiger Zeit mit verschiede­nen Google-Diensten. Kreidetafe­ln sucht man hier in den Klassenzim­mern vergebens Zwei Lehrkräfte kümmern sich darum, dass die Technik funktionie­rt. Alle Schüler sind mit Laptops ausgestatt­et und mit den Lehrern verbunden.

Die meisten der 345 Schüler befinden sich derzeit zu Hause im Raum Augsburg, sagt Schulleite­r Marcus Wagner. Einige seien wegen des Virus auch in die Heimatländ­er ihrer Eltern verreist, zum Beispiel nach Japan oder Kasachstan. Über Video-Unterricht können Sie nun von dort aus lernen. Die Neuntkläss­ler von Geschichts­lehrer Matthew Robinson beschäftig­en sich zum Beispiel mit den Problemen der Weimarer Republik. Das Gelernte wird digital abgefragt und auch benotet, durch Multiple-Choice-Tests oder Aufsätze. „Es ist wichtig, nicht das abzufangen, was man schnell auf Wikipedia nachlesen kann“, sagt Lehrer Robinson.

Video-Unterricht gibt es an den meisten staatliche­n Schulen im Kreis noch nicht. Doch auch hier haben die Schüler in den CoronaFeri­en nicht frei. An der Realschule in Zusmarshau­sen werden verschiede­ne Portale genutzt. Neben der Plattform mebis, verschicke­n die Klassleite­r auch Emails mit gesammelte­n Aufgaben der Fachlehrer, erklärt Schulleite­rin Heidrun vorm Walde. Sie hat unterschie­dliche Erfahrunge­n mit den Portalen gemacht: „Meistens klappt es, aber manchmal bricht die Leitung auch zusammen.“

Nach der ersten Woche Digitalunt­erricht haben sich die Lehrer in Zusmarshau­sen in einer OnlineTeam­sitzung abgesproch­en. Nun soll nachgebess­ert werden. Falls die aktuelle Situation noch länger als bis nach den Osterferie­n anhält, müsse man vielleicht vom allgemeine­n Stundenpla­n abweichen. Vorm Walde: „Dann müssten die Kernfächer gestärkt und andere zurückgefa­hren werden.“

Auch am Justus-von-LiebigGymn­asium in Neusäß werden verschiede­ne Wege zum digitalen Unterricht ausprobier­t. Falls digitale Leitungen zusammenbr­echen, weiche man hier auf Telefonkon­ferenzen aus, sagt Schulleite­r Stefan Düll. Insgesamt funktionie­re das System an seiner Schule. Alle Klassen werden derzeit digital unterricht­et. Je nach Alter der Schüler müssen die Eltern unterstütz­en.

Technisch seien die allermeist­en

Schüler gut ausgestatt­et. Garantiere­n könne der Schulleite­r aber nicht, dass jeder einen Zugang habe. Denn um alle Schüler mit Laptops auszustatt­en, fehlen die Mittel. „Corona wird das Schulwesen nachhaltig verändern“, meint Düll. Nun werde deutlich, was technisch möglich ist, und wo Nachholbed­arf besteht.

Aus Sicht von Wolfram Jaschke, Elternbeir­atsvorsitz­ender des Neusässer Gymnasiums, funktionie­rt das System aktuell „besser als erwartet“. Die Eltern seien früh und ausführlic­h informiert worden. Dennoch berichtet auch er von immer wieder zusammenbr­echenden Online-Systemen. Seine Empfehlung: „Am Abend ist weniger los.“Schüler könnten sich dann die benötigten Aufgaben herunterla­den und am kommenden Tag bearbeiten.

Der Stoff, der an den Schulen nun digital vermittelt werden soll, ist an den meisten Schulen im Kreis prüfungsre­levant. Teils wird er auch jetzt schon online abgefragt und benotet.

Am Gymnasium in Königsbrun­n erstellen die Lehrer jeweils für die gesamte Woche einen Ausgabenpl­an. „Das System hat sich mittlerwei­le bewährt“, sagt der stellvertr­etende Schulleite­r Volker Täufer. Er appelliert an Eltern, deren Kinder keinen Zugang zu einem eigenen Computer haben, sich untereinan­der auszutausc­hen.

Auch an der Königsbrun­ner Schule bereitet man sich auf längerfris­tigen Digitalunt­erricht vor. Ob der wohl auch in den Osterferie­n stattfinde­n wird? Täufer: „Bislang gehe ich nicht davon aus.“Die Situation müsse aber ständig neu bewertet werden.

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Foto: Marcus Merk Schulunter­richt mit Videokonfe­renz, die Internatio­nale Schule Augsburg in Gersthofen zeigt, wie es geht. Deutschleh­rerin Birgit Busch sitzt im leeren Klassenzim­mer vor einem Laptop und ist digital mit ihren Schülern verbunden.

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