Augsburger Allgemeine (Land West)
Landkreis im Krisenmodus
Coronapandemie Wie ist die Lage im Augsburger Land? Ein Bild davon zeichnen die Krisensitzungen im Landratsamt. Am Mittwoch tagte wieder die große Runde. Worum es diesmal ging
Landkreis Augsburg Sie treffen sich beinahe jeden Tag, mittwochs immer in der großen Besetzung. An die 15 Behördenvertreter erörterten gestern Vormittag die aktuelle Coronalage im Landkreis Augsburg. Halbwegs entspannt sei die Runde diesmal gewesen, berichten Teilnehmer. Was heißt: Es ist nicht so viel schlimmer geworden. Gestern lag die Zahl der bestätigten Infektionen bei 208.
Ein neuer Höchstwert zwar, doch es werden noch ganz andere Zahlen kommen, das befürchten viele. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass der Höhepunkt der Coronawelle im Juni über das Land hereinbrechen wird. Doch schon jetzt „sind wir im Krisenmodus,“sagt Landrat Martin Sailer. Geschäfte und Lokale geschlossen, Schulen und Kindergärten zu, Firmen in
Not, für den Publikumsverkehr geschlossene Verwaltungen. Das alles spiegelt sich auch in den Lagebesprechungen wider, die im großen Sitzungssaal stattfinden, damit die Beteiligten möglichst viel Distanz wahren: Wie ist der Gesundheitsstand der Bevölkerung, was macht die Kinderbetreuung, wie ist die Lage an den Kliniken, wie geht es Firmen, Vereinen und so weiter? An die zehn Punkte werden jeweils abgearbeitet, um einen Überblick zu bekommen über die Situation im drittgrößten bayerischen Landkreis und reagieren zu können.
Gestern ging es viel um die neue Abstrichstelle am Schulzentrum in Neusäß, in der seit Dienstag Coronaverdachtsfälle untersucht werden. Auf Veranlassung des Innenministeriums wurde die Station übers Wochenende aus dem Boden gestampft, damit die Kassenärztliche Vereinigung ihre Patienten besser untersuchen kann. Das hatten nicht zuletzt Ärzte gefordert.
Daneben werden weiter die mobilen Abstrichteams des Staatlichen Gesundheitsamtes im Landratsamt Augsburg im Einsatz sein und darauf ist der Landkreischef stolz: „Im Gegensatz zu den meisten anderen Landkreisen in Bayern hat der Landkreis Augsburg seit nunmehr vier Wochen mobile Abstrichteams geschaffen, die mit zwei Krankenwagen in der Lage sind, bis zu 75 Patienten am Tag zu Hause aufzusuchen.“Dieser Service sei für Menschen wichtig, die nicht so mobil sind, obendrein liefere er den Betroffenen schnelle Ergebnisse.
Wenn die Menschen in diesen Tagen etwas suchen, dann sind es schnelle und verlässliche Informationen. Das zeigen die hohen Zugriffszahlen bei Nachrichtenportalen im Internet – zum Beispiel auch dem unserer Zeitung – , das belegt die hohe Nachfrage bei der Info– Hotline des Landkreises. 80 Telefonistinnen und Telefonisten sind dort mittlerweile im Schichtdienst. Sie wissen schon aus Erfahrung, wenn beispielsweise Ministerpräsident Markus Söder wieder eine Pressekonferenz zum Thema Corona gibt, dann schnellt die Zahl der Anrufe im Anschluss nach oben.
Das Landratsamt versuche derzeit auf viele Weisen zu helfen, sagt Sailer. An die 30 Mitarbeiter sind damit beschäftigt, die mit Corona infizierten Bürger regelmäßig anzurufen und nach ihrem Wohlergehen zu fragen. Aktuell laufe zudem eine Umfrage unter Vereinen. Etliche drohen in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten, weil ihnen die Einnahmen aus der Gastronomie fehlen. Seit das Virus das Leben auf den Kopf gestellt hat, tun sich jeden Tag neue Baustellen auf. Dazu gehört auch, die Beratung von Familien sicherzustellen, die in diesen Tagen besonderen Belastungen ausgesetzt sind. Das gilt auch für die Mitarbeiter von Verwaltungen. Im Landratsamt ist das Personal längst in zwei Schichten aufgeteilt, um die Ansteckungsgefahr zu verringern. Den Grund beschreibt Sailer in einem Satz: „Wir sind im Katastrophenfall und müssen möglichst lang arbeitsfähig bleiben.“Es wird in den kommenden Wochen noch viele Krisensitzungen geben.